„Die Bruchhausenstraße ist am ehesten Berlin“

Von drei jungen Frauen und einer Nacht voller schicksalhafter Begegnungen in der Großstadt erzählt „Burn it down“. Der knapp 50-minütige „Flackerfilm“ ist der neuste Streich des Trierer Amateurfilmteams „Beduinen des Westens“. Heute um 20:30 Uhr feiert er im Broadway Filmtheater Kinopremiere. Zwar spielt der Streifen im Berliner Nachtleben, als Kulisse musste jedoch Trier herhalten.

TRIER. Der heute als Kult-Regisseur gefeierte Wes Anderson hat sein erstes Drehbuch mit 24 Jahren geschrieben. Pedro Almodóvar hat seine ersten filmischen Erfahrungen mit 17 gesammelt. Was das Einstiegsalter angeht, übertrifft der Trierer Filmemacher Kolja Malik seine beiden berühmten filmischen Vorbilder dank frühem Eifer um Längen: Er schrieb sein erstes Drehbuch mit 11 Jahren und ist seiner großen Leidenschaft seitdem treu geblieben.

Mit ersten Erfolgen: Der 21-Jährige belegte 2009 mit einem seiner Kurzfilme den ersten Platz beim deutschen Jugendvideopreis. Malik, der zur Zeit im Theater Aachen als Regie-Assistent arbeitet, tat sich 2008 mit Freunden und Bekannten aus Trier zusammen, um Kurzfilme zu drehen. „Beduinen des Westens“ nennen sich die Amateurfilmer. 2010 wurde ihr erster 40-minütiger Kurzfilm „Seifenblasen“ im Mergener Hof aufgeführt. Ab heute zeigt das Broadway Filmtheater mit „Burn it down“ den neusten Streich der kreativen jungen Filmemacher. „Es ist eine Reisegeschichte“, erklärt Malik. „Es geht um unerwartete Begegnungen und darum, wie sie uns verändern können.“

Der knapp 50-minütige Film erzählt die Geschichte von drei grundverschiedenen jungen Frauen und einer schicksalhaften und surrealen Nacht im Rausch der Großstadt. Die brave Französin Aurelie (Alice Fiedler) wartet am Flughafen in Berlin vergeblich darauf, von ihrem Freund abgeholt zu werden. Hier trifft sie auf ein rebellisches und notorisch fluchendes Mädchen (Yvonne Griesinger), die sich selbst, unter Verweis auf den Rolling Stones Song, „Ruby“ nennt. Zusammen beschließen die beiden, die Hauptstadt auf eigene Faust unsicher zu machen.

In einer Bar begegnet ihnen die depressive Kati (Ellie Lorscheid), die gerade versucht, ihren Kummer über eine gescheiterte Beziehung mit Alkohol zu ertränken. Die drei verlieren sich im Nachtleben. Sie streifen durch Bars und Partys und führen philosophische Gespräche mit mysteriösen Fremden. Kati wird von einem transsexuellen Barkeeper therapiert und Ruby erhält Beziehungstipps von einem Hippie-Mädchen. Aurelie trifft auf den geheimnisvollen „Feuerzeug Jungen“ (Kolja Malik), der ihre Sehnsucht nach Freiheit entfacht. Am Ende erfährt jede der Figuren ihre ganz persönliche Katharsis.

„Der Film war ein Experiment und es wurde viel improvisiert“, erzählt Malik. „Wir haben einfach versucht, etwas zu schaffen, dass nicht Mainstream oder Hollywood ist.“ Die Inspiration suchte sich der Nachwuchsregisseur an anderer Stelle: Das Filmheft der DVD ist mit Zitaten von Jack Kerouac und Allen Ginsberg geschmückt. Tatsächlich sind die Einflüsse und das Lebensgefühl der Beatniks, gepaart mit ein bisschen jugendlicher Rebellion à la „Fänger im Roggen, in dem Streifen greifbar.

Genau hier sind die „Beduinen des Westens“ allerdings etwas übereifrig und bleiben hinter ihren Ambitionen zurück. Die Dialoge über Freiheit oder Sozialkritik wollen tiefgründig und intelligent sein, das spürt man. Gelingen tut das jedoch zumeist nicht. Zu oft wirken die Lebensweisheiten des Films aufgesetzt und gezwungen und bestätigen nur abgetragene Hipster-Klischees.  Dafür besticht „Burn it down“ mit skurrilen Figuren, chaotischen Begegnungen und jugendlicher Radikalität (Vorsicht: es wird sehr viel geflucht).

Weil eine Reise nach Berlin für die Dreharbeiten nicht in Frage kam, mussten Trier und Luxemburg als Kulisse herhalten und die deutsche Hauptstadt mimen. „Die Bruchhausenstraße ist am ehesten Berlin“, resümiert der Hobbyfilmer über die Problematik, Trier wie die Metropole aussehen zu lassen. „Ich konnte mir die Geschichte einfach nicht in Trier vorstellen.“ Vielleicht war Trier auch ganz einfach zu provinziell für das wilde und pulsierende Nachtleben, die folgenschweren Begegnungen mit Fremden und den kosmopolitischen Handlungsstrang (die Hälfte aller Dialoge des Films sind in englischer Sprache). Wenn also die Charaktere des Films auf dem Pferdemarkt in Trier stehen und versichern, man sei in der Nähe des Berliner Bebelplatzes, könnte das ein Schmunzeln beim Trierer Publikum hervorrufen.

Das junge Filmteam nennt seine Werke „Flackerfilme“. Die Szenen sind allesamt bei Nacht und schlechter Belichtung mit einer DV-Kamera gedreht. Die Bilder wirken dadurch etwas wackelig, körnig und verwaschen. „Das gibt dem Film eine ganz eigene, impressionistische Ästhetik. Der Film ist nicht sauber, will es aber auch gar nicht sein“, so Malik.

Hinter „Burn it down“ steckt ein volles Jahr Arbeit. Die Hälfte der Zeit wurde in Schnitt und Nachproduktion gesteckt. Hier war vor allem der Informatik-Student Jonas Vogel (von den Anderen nur „the Brain“ genannt) und sein technisches Know-how gefragt. Der 22-Jährige steuerte zudem auch den gelungenen Titelsong des Soundtracks bei.

Für die Premiere im Broadway wird ein Teil der Besetzung selbst für ein musikalisches Rahmenprogramm sorgen und Songs aus dem Film live zum Besten geben. Es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein, dass wir von den „Beduinen des Westens“ hören. „Das Drehbuch für den nächsten Film steht schon“, schmunzelt Malik. Vielleicht wolle man sich bis dahin eine gute Kamera zulegen. Das wäre bedauerlich, denn an den Low-Budget Charme der „Flackerfilme“ kann man sich durchaus gewöhnen.

Vorstellungstermine im Broadway: Donnerstag, 16. August, 20:30 Uhr, mit musikalischem Rahmenprogramm und Anwesenheit des Filmteams; Freitag, 17. August, bis Mittwoch, 22. August, jeweils um 21.30 Uhr.

Trailer unter http://www.youtube.com/watch?v=BitKzIKCOAU.

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