Theater auf dem Prüfstand

Gibt jetzt ein Unternehmensberater den Ton am Trierer Theater an? So könnte von vielen Kulturschaffenden zumindest die folgende Nachricht gelesen werden: Die Stadt Trier lässt sich von der international agierenden Unternehmensberatung ICG Culturplan zur Zukunftsfähigkeit ihres Theaters beraten. Deren Geschäftsführer Professor Dieter Haselbach hatte zuletzt als Mit-Autor der umstrittenen Polemik „Der Kulturinfarkt“ von sich reden gemacht. Kulturdezernent Thomas Egger (FDP) baut trotzdem auf dessen Sachverstand, um im Juli 2013 eine Strukturanalyse sowie die mittelfristige Sparplanung des Theaters vorlegen zu können.

TRIER. „Was wäre gefährdet, wenn die Hälfte der Museen und Theater verschwände?“ Mit dieser Frage, der die Forderung nach einem radikalen Umbau der Kulturförderung auf dem Fuße folgt, haben sich vier Autoren in der Kulturszene Feinde gemacht. In ihrer Streitschrift „Der Kulturinfarkt“ fordern sie eine radikale Reform öffentlicher Kultursubventionen, die Schließung der Hälfte aller staatlichen Theater sowie von Museen und Opernhäusern zugunsten einer stärkeren Förderung nachfrageorientierter, sprich privater Kulturbetriebe. Oliver Reese, Intendant des Schauspiels Frankfurt, nannte die Thesen des Buches „wirr“ und „krude“; einen „Mangel an Geistesschärfe und historischem Wissen“ attestierte Niklas Maak den Provokateuren in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Im Trier-Zimmer des Rathauses am Augustinerhof räumt einer der vier Autoren ein: „Wir wurden wegen des Buches als Nestbeschmutzer beschimpft“. Dieter Haselbach ist in seiner Funktion als Unternehmensberater für Kultureinrichtungen an die Mosel gereist und stellt am vergangenen Dienstag seine Pläne für die Strukturanalyse des Theaters vor. Er habe glaubhaft versichert, dass er zwischen den Linien des Buches und seinem Auftrag als Berater des Trierer Theaters trennen könne – bezeugt zumindest Intendant Gerhard Weber, dessen Einrichtung von den Beratern unter die Lupe genommen wird. „Wir gehen diesen Weg ohne Vorbehalte mit, auch wenn es einmal zu einem Dissens kommen sollte“, erklärt Weber stellvertretend für die Theaterleitung, um sich gleich darauf wieder seinem Mobiltelefon zu widmen.

Dass zwischen dem Schauspielhaus und der Beratungsfirma nicht immer eitel Sonnenschein herrschen wird, scheint bereits vorgezeichnet: Unter Umständen wird die Situation des Theaters nach der Strukturanalyse noch widriger zu sein als nach den jüngsten Einsparmaßnahmen. Kultur- und Wirtschaftsdezernent Thomas Egger (FDP), der sich bei früheren Gelegenheiten gerne als glühender Verteidiger eines Drei-Sparten-Betriebs präsentierte, sagt jetzt: „Die Untersuchungen werden in alle Richtungen geführt, wir verfolgen einen ergebnisoffenen Prozess mit keinerlei Denkverboten.“

Die Zukunft der maroden Spielstätte in Zeiten der kommunalen Haushaltskonsolidierung ist seit Jahren kulturpolitisches Streitthema. Nachdem von einer Finanzierung durch eine Public-Private-Partnership nun keine Rede mehr ist, erhofft sich die Stadtverwaltung jetzt Reformvorschläge von externem Sachverstand. In seiner Sitzung am 15. August entschied der Kulturausschuss, eine „Strukturuntersuchung zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Theaters“ durchzuführen, woraufhin Angebote von mehreren Beraterfirmen eingeholt wurden und schließlich Haselbach mit seiner „Integrated Consulting Group Culturplan“ den Zuschlag bekam.

Die in Berlin ansässige Unternehmensberatung verfolgt den so genannten „Change-Management-Ansatz“, der mit schnörkellosen Schemata und in klassischem Betriebswirtschafts-Deutsch neue Erfolgsmodelle für Unternehmen und öffentliche Verwaltungen verspricht. Dabei stehen Wirtschaftlichkeitsanalysen, ein Qualitätsmanagement sowie mögliche Ausgliederungskonzepte im Zentrum des so genannten „Culturplans“. Haselbach arbeitete mit seinem Konzept unter anderem bereits für das Kulturfestival Ruhr 2010 sowie die Theaterhäuser Graz und Wien.

In Trier möchte er nun bis Juli nächsten Jahres zusammen mit seinem Team während der Begutachtung des Dreispartenhauses verschiedene Szenarien entwickeln, die dem Konsolidierungsgedanken der Kulturverwalter entsprechen. Dezernent Egger obliegt dann die endgültige Auswahl, die nach seinem Willen gleichzeitig „den Sparplan für die nächsten 5 Jahre darstellt“. Das Ziel der Untersuchung stellt Haselbach gleich zu Anfang fest: „Es gibt zwei Optimierungsaufgaben, die in Übereinstimmung gebracht werden müssen: die nachhaltige Finanzierbarkeit des Theaters durch die Kommune auf der einen und die technische Umsetzbarkeit des Spielplanung auf der anderen Seite“.

Sehr viel angenehmer müssen für Gerhard Weber da die Worte geklungen haben, die Kulturstaatsminister Bernd Neumann vor wenigen Wochen im Foyer des Theaters für die Kultur gefunden hatte. „Freunde, schont die Kultur“, hatte er dem Publikum entgegen gerufen, und sich gegen Kürzungen von Kulturbudgets ausgesprochen, das ohnehin so gering sei, dass Konsolidierungen keinen Sinn machten. Im Gesamthaushalt der Stadt Trier hat der Etat des Theaters mit seinen gut 14 Millionen Euro einen Anteil von rund vier Prozent. Thomas Egger verspricht derweilen, dass die Aktivitäten der beauftragten Beratungsfirma keineswegs unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden würden und gelobt Transparenz. Die endet allerdings schon bei der Frage nach der Höhe des Honorars für die Dienstleistung der ICG: Darüber wolle er keine Auskunft geben, wehrt der Dezernent ab.

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