Das wegweisende Jahr

Vier Jahre ruderte Michelle Lauer erst, als sie 2011 die Vize-Weltmeisterschaft bei den Junioren gewann. Mittlerweile steht die 19-jährige, die insgeheim von einer Teilnahme bei den Olympischen Spielen 2016 träumt, beruflich und sportlich vor dem bisher wohl wichtigsten Jahr in ihrer Karriere. In der Serie “Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier” stellt 16vor-Mitarbeiter Jörn Pelzer wöchentlich vielversprechende Trierer Nachwuchssportler vor.

TRIER. Als 2007 Mitglieder des Rudervereins Treviris den Schülern des Auguste-Viktoria-Gymnasiums ihren Verein vorstellten, ahnten sie wohl nicht, dass sich unter den Schülern eine ihrer zukünftig erfolgreichsten Nachwuchsruderinnen befinden sollte: die Triererin Michelle Lauer. Die damals 13-jährige Schülerin konnte sich dies ebenso wenig vorstellen. Denn das, was die Vereinsvertreter damals erzählten, klang für Michelle zunächst nicht sehr verlockend. „Am Anfang war ich gar nicht so begeistert vom Rudern“, erinnert sie sich. „Meine Freundin musste mich erst überreden, dass ich mir mit ihr das Training einmal anschaue. Das hat mir dann doch so gut gefallen, dass ich dabeigeblieben bin.“

Anfangs war es für Michelle nur ein Hobby. Mit den Jahren formierte sich dann aber eine vierköpfige Mädchengruppe im Verein, die zusammen erfolgreich Regatten (Ruder-Wettfahrten) fuhr. „In die Leistungssportschiene wurde ich mit der Zeit – sozusagen – hineingeschoben. Das habe ich nie geplant, kam aber durch die Erfolge und unsere Motivation.“ Ihre Freundin, mit der sie 2007 das Rudern ausprobiert hatte, ist schon lange nicht mehr dabei. „Sie hat es etwa zwei Monate ausgehalten“, lacht Michelle, die nun seit sechs Jahren beim RV Trier rudert.

Für die inzwischen 19 Jahre alte Ruderin hieß es Anfang dieses Jahres noch: lernen, lernen, lernen. In Deutsch, Englisch und Erdkunde standen die schriftlichen, ein paar Wochen später in Mathematik die mündliche Abiturprüfung auf dem Plan. Vor drei Wochen erhielt Michelle ihr Abiturzeugnis und kann sich seitdem zum ersten Mal in ihrer Ruderkarriere voll und ganz auf ihren Sport konzentrieren. Die anstrengenden Zeiten, in denen Michelle Rudertraining, Wettkämpfe und Schule unter einen Hut bringen musste, sind vorbei.

Lange ausschlafen oder stundenlang auf der Couch relaxen ist seitdem aber keineswegs möglich, sagt die Abiturientin – im Gegenteil: „Es ist stressiger geworden, weil mein Alltag zurzeit fast nur noch aus Training besteht.“ Sogar ihr Hobby, Saxophon spielen, hat sie teilweise aufgegeben. „Ich habe meinen Saxophon-Unterricht abgebrochen und spiele nur noch zuhause für mich selbst. Neben dem Sport wurde mir das zu viel.“ Denn schon um sieben Uhr morgens startet der Tag für Michelle. „Ab neun Uhr beginnen dann meine Trainingseinheiten, die bis um vier Uhr nachmittags dauern.“ Krafttraining im vereinseigenen Fitnessraum, Rudern auf der Mosel oder auf dem Ergometer. An Werktagen trainiert Michelle in der Regel in Trier, über die Wochenenden fährt sie inzwischen meistens zum Training nach Mainz.

Dort hat sie seit ein paar Wochen eine neue Ruderpartnerin. Mit ihr kann Michelle endlich wieder ihre Lieblingsbootsklasse, Zweier ohne Steuerfrau, rudern, in der die Triererin in den letzten Jahren schon große Erfolge feierte. 2011 gewann sie zusammen mit ihrer damaligen Ruder- und Vereinspartnerin Lena Klemm im „Zweier ohne“ die Deutsche Junioren-Meisterschaft und wurde Vize-Weltmeisterin bei der Junioren-WM im britischen Eton. Ihre Partnerin musste allerdings wegen einer Krankheit das Rudern aufgeben und so fuhr Michelle im letzten Jahr nur leichten Einer und konnte nicht mehr im „Zweier ohne“ starten. Aufgrund von Rückenproblemen musste sie zudem zeitweise selbst mit dem Rudern aussetzen und stieg erst Ende des Jahres wieder ins Training ein.

Dieses Jahr ist daher für Michelle ein wegweisendes und das bisher wohl wichtigste in ihrer Karriere: „2013 ist mein zweites Jahr im U23-Bereich, in dem ich aber noch keinen ‚Zweier ohne‘ gefahren bin.“ Sie ist froh, wieder fit zu sein und eine Partnerin gefunden zu haben. „In diesem Jahr geht es für mich darum, in meiner Altersklasse Anschluss im ‚Zweier ohne‘ zu finden.“ Ob ihr das gelingt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Besonders entscheidend für sie wird die Deutsche U23-Meisterschaft in Köln. „Ich will mich wieder nach vorne kämpfen und versuche, das Bestmöglichste zu erreichen“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich erwarte nicht, dass ich gewinne, aber vielleicht schaffe ich wieder die Qualifikation zur Weltmeisterschaft.“

Dabei werden sie wohl auch wieder ihre Eltern unterstützen. „Zu Regatten kommen meine Eltern meistens, wenn eine in Köln stattfindet, weil das nicht so weit weg ist.“ Besondere Wettkämpfe, wie die Junioren-WM in England vor zwei Jahren, lassen sie sich ebenso wenig entgehen. „Wenn meine Eltern zu einem Wettkampf kommen, wissen sie aber ganz genau, dass sie mich vor dem Rennen in Ruhe lassen sollen. Vor dem Rennen muss ich mich konzentrieren.“

Aber nicht nur, weil Michelle in ihrer Altersklasse Anschluss im ‚Zweier ohne‘ finden muss, ist 2013 ein wichtiges Jahr für sie. Nach ihrem bestandenen Abitur will Michelle Logistik studieren. Das bieten aber weder Universität noch Hochschule in Trier an. „Also müssen in Zukunft andere Vereine für mich in Frage kommen“, erzählt Michelle. „Ich suche mir meinen Studienplatz natürlich auch danach aus, wo es erfolgreiche Rudervereine gibt. Das versuche ich schon zu kombinieren.“ In den nächsten Wochen will sie sich an die Bewerbungen setzen. Dann wird sich zeigen, wo sie ihr beruflicher und sportlicher Weg hinführt.

„Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier“, Teil 4: Sophia Graf
“Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier”, Teil 3: Leonie Edringer
“Auf dem Sprung nach oben  Talente aus Trier”, Teil 2: Dominik Werhan
“Auf dem Sprung nach oben – Talente aus Trier”, Teil 1: Lukas Achterberg

 

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