Vier von fünf Kandidaten fordern die Bremse

WohnungenIn zahlreichen deutschen Städten erhöhen die Mietpreise das Armutsrisiko für Familien mit Kindern. Vielerorts herrscht ein großer Mangel an Wohnraum, der für Familien geeignet und auch bei niedrigem Einkommen erschwinglich ist, belegen auch die in dieser Woche vorgestellten Ergebnisse einer Studie der empirica AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung: „Familien aus der unteren Mittelschicht und oberen Unterschicht geraten in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt finanziell stark unter Druck“, so Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Armut sei nicht nur eine Frage des Einkommens, sondern des nach Abzug der Miete verbleibenden Haushaltsbudgets. Auch in Trier mangelt es an bezahlbarem Wohnraum. Wie wollen die Direktkandidaten für den Bundestag Abhilfe schaffen und dafür sorgen, dass sich die Lage entspannt? Im Rahmen der Reihe „16vor-Wahl“ beziehen sie Stellung.

TRIER. Die Bertelsmann-Studie sorgt bundesweit für Aufsehen, und sie hat auch die Situation in Trier unter die Lupe genommen. Das Ergebnis für die Moselstadt: Hier gilt eine vierköpfige Familie als arm, wenn sie monatlich nicht mehr als 1.517 Euro zur Verfügung hat. Für eine Wohnung im unteren Preissegment müsste diese Familie durchschnittlich 560 Euro berappen. Der Anteil der Mietbelastung am gesamten Haushaltseinkommen läge damit bei knapp 37 Prozent, errechneten die Forscher. Nur Mainz kommt unter den großen Städten von Rheinland-Pfalz auf einen noch höheren Wert, Koblenz, Ludwigshafen und Kaiserlautern liegen zum Teil deutlich darunter. Unterm Strich nimmt Trier im Bundesland dennoch eine bedenkliche Spitzenposition ein: Nach Abzug der Mietkosten bleiben der Beispiel-Familie nämlich lediglich 957 Euro – das sind 18 Prozent weniger, als Vater, Mutter und beiden Kindern nach dem SGB-II-Regelsatz zu stünde.

Was schlagen die Trierer Bewerber der bereits im Bundestag vertretenen Parteien vor, um die Situation insgesamt zu entspannen und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. 16vor fragte nach: Welche Maßnahmen schlagen Sie konkret vor, damit in Trier mehr bezahlbarer, das heißt für Menschen und Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen erschwinglicher Wohnraum geschaffen werden kann? Inwiefern sehen Sie Möglichkeiten, dass der städtische Wohnraum auch mit Hilfe des Bundes auf Vordermann gebracht werden kann? Und wie stehen Sie zu Instrumenten wie beispielsweise der viel diskutierten Mietpreisbremse?

Bernhard Kaster: Mehr Angebot schützt vor steigenden Mieten

Kandidiert auf Listenplatz 3 der rheinland-pfälzischen CDU für den Bundestag: Bernhard Kaster. Foto: Marcus StölbTrier ist als Oberzentrum, Universitätsstadt und durch seine Nähe zu Luxemburg ein attraktiver Wohnort. Auch hier vor Ort brauchen wir also ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum. Aus diesem Grund muss der Fokus wieder vielmehr auf dem Bau neuer Wohnungen liegen. Denn ein ausreichendes Angebot schützt vor steigenden Mieten für alle Bürgerinnen und Bürger.

Um alle Mieter – egal ob jung oder alt – vor überzogenen Mietpreisentwicklungen in angespannten Wohnungsmärkten zu schützen, hat die Regierungskoalition das Mietrecht zum 1. Mai 2013 geändert. Die Länder haben nun die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete von 20 Prozent auf 15 Prozent zu senken. Zusätzlich werden den Ländern schon jetzt vom Bund 528 Millionen Euro zur sozialen Wohnraumförderung bereitgestellt.

Die Entwicklung am Wohnungsmarkt – auch in der Region und besonders in der Stadt Trier – zeigt, dass die von der Bundeskanzlerin ins Spiel gebrachte und von der Union anvisierte Mietpreisbremse unabdingbar ist. Neumieten dürfen künftig nur noch um einen bestimmten Prozentsatz über dem örtlichen Mietspiegel liegen. Zusätzlich wird die CDU die Rahmenbedingungen und Anreize zum Wohnungsneubau weiter verbessern, so dass jährlich bis zu 250.000 neue Wohnungen entstehen können. Es gilt, die Städtebauförderung fortzuführen und weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang muss auch über verbesserte Leistungen in Form des Wohngeldes nachgedacht werden.

Katarina Barley: Wir brauchen die Mietpreisbremse!

SPD-Direktkandidatin Dr. Katarina Barley. Foto: Marcus StölbIn unserer Region erleben wir immer häufiger, dass steigende Mieten selbst für Normalverdiener zum Problem werden. Die Stadt Trier gehört inzwischen zu den besonders teuren Pflastern im Land. Auch in einigen Teilen Trier-Saarburgs ist Wohnraum wegen der Nähe zu Luxemburg kaum noch erschwinglich.

Wohnen muss bezahlbar bleiben. Dies zu gewährleisten ist Aufgabe des Staates, wo Angebot und Nachfrage es nicht befriedigend regeln. Die Erfahrung zeigt, dass der Markt das nicht überall kann. Auch auf dem Wohnungsmarkt haben die zeitweise gefeierten Privatisierungen viel Unheil angerichtet. Weder Alte noch Familien noch Pflegebedürftige dürfen auf diesem Markt ausgegrenzt werden. Das Ziel der SPD ist zukunfts- und altersgerechter und zugleich bezahlbarer Wohnraum. Die aktuelle Bundesregierung streicht an der falschen Stelle; die Förderprogramme „Soziale Stadt“ und „Altersgerechtes Umbauen“ brauchen wir dringend.

Ich setze mich für eine gesetzliche Mietpreisbremse ein: Mieterhöhungen müssen auf 15 Prozent begrenzt werden, Neumieten dürfen nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Maklergebühren muss derjenige tragen, der den Makler beauftragt hat. Es muss mehr neuer Wohnraum geschaffen und mit einer Sozialbindung versehen werden. Genossenschaftlicher Wohnungsbau muss gefördert werden. Nur auf einem funktionierenden Wohnungsmarkt kann zielgerichtetes Wohngeld Menschen mit geringem Einkommen helfen.

Corinna Rüffer: Sozialer Wohnungsbau benötigt Renaissance

Grünen-Direktkandidatin Corinna Rüffer. Foto: Marcus StölbDie Themen bezahlbarer Wohnraum und der Umgang mit den verbliebenen 700 städtischen Wohnungen beschäftigen mich als Stadträtin seit Jahren. Mit unserem Antrag „Sozialen Wohnungsbau sichern!“ wurde die Stadtverwaltung damit beauftragt, ein strategisches Konzept zum Erhalt und der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum vorzulegen. Zukünftig ist bei der Schaffung von Baurecht darzulegen, welche Maßnahmen und Schritte geprüft wurden, um an den jeweiligen Standorten Rahmenbedingungen für preiswerten Wohnungsbau zu schaffen. Die Fördermöglichkeiten des Sozialen Wohnungsbaus sind dabei nachvollziehbar zu berücksichtigen. Die Kommune braucht bei ihren Anstrengungen, dem Wohnraummangel sozialverträglich zu begegnen, die Unterstützung des Bundes.

Der größte Preistreiber auf dem Markt sind Wiedervermietungen von Bestandswohnungen. Deshalb schlagen wir vor, dass eine neue Miete maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Mieterhöhungen sollen in vier Jahren bei maximal 15 Prozent gedeckelt werden. Das Baugesetzbuch soll so verändert werden, dass wieder Mietobergrenzen bei Sanierungs- und Milieuschutzsatzungen und Einschränkungen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ermöglicht werden. Maklergebühren sind zu einem echten Kostenfaktor geworden. Deshalb soll gesetzlich geregelt werden, dass die Gebühren bezahlt, wer den Auftrag vergeben hat. Der soziale Wohnungsbau muss eine Renaissance erleben! Länder und Kommunen müssen vom Bund bei der Förderung von Wohnungsbau unterstützt werden.

Henrick Meine: Mietpreisbremse würde Investitionen verhindern

HenrickMeineKleinIn allererster Linie sind die Länder und Kommunen gefragt! Kann man neue Baugebiete ausweisen? Gibt es Konversionsflächen, die man nutzen kann (Castelnau, Bobinet)? Kann man Bebauungspläne eventuell anpassen, um mehr Wohnraum zu schaffen? Wie steht es mit der Anbindung der ländlichen Räume? Könnte es eventuell auch interessant sein, außerhalb von Ballungsräumen zu wohnen, wenn die Infrastruktur entsprechend attraktiv ist?

Die FDP setzt in erster Linie darauf, uns Bürgern die Möglichkeit zu geben Wohnraum, selbst zu erwerben. Dies ist nicht nur der beste Weg steigenden Mieten zu entgehen, es ist auch die Altersvorsorge, in der man wohnen kann. Der Bund stellt den Ländern jährlich 518 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Eine Erhöhung dieser Summe ist nicht ausgeschlossen, bedarf aus meiner Sicht allerdings einer Zweckbindung. Es darf nicht sein, dass die Länder andere Finanzlöcher mit diesem Geld stopfen – oder es nutzen, um irrwitzige Projekte wie Schlosshotels oder Rennstrecken zu finanzieren.

Eine Mietpreisbremse taugt in meinen Augen nicht dazu, die Lage auf dem Wohnungsmarkt dauerhaft zu entspannen. Die Einführung eines solchen Instruments hätte zur Folge, dass in Zukunft noch weniger zusätzlicher Wohnraum geschaffen wird als bisher. Dringend benötigte private Investitionen in den Wohnungsbau würden verhindert. Erklärtes Ziel muss es daher sein, vorhandenen Wohnraum besser anzubinden und neuen Wohnraum zu schaffen, statt einen Renovierungs-/Investitionsstau zu verwalten.

Katrin Werner: Der Bund ist gefordert

16vorWahl-KatrinWernerGrundsätzlich fordert Die Linke, dass die Miete 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens nicht überschreiten darf. Wo dies nicht möglich ist, soll eine gemäßigte Anpassung des staatlichen Wohngeldes stattfinden (indirekte Mietpreisbremse). Die Mietpreisbremse der Linken sieht vor, dass es keine Mieterhöhung ohne Wohnwert verbessernde Maßnahmen gebe darf. Nur Modernisierung und Sanierung, die dem Mieter nützt, ihn bei den Heiz- und Stromkosten spürbar entlastet, darf in dem der Einsparung entsprechenden Maße mietsteigernd wirken. Dies würde vor allem mittlere Einkommen entlasten.

Der Bund muss ein Programm zur Wohnungsbauförderung auflegen, dass vor allem in Ballungsgebieten – dazu gehört Trier auch – einkommensschwachen Personen den Zugang zu bezahlbaren und angemessen ausgestatteten Wohnraum verschaffen soll. Wir fordern vom Bund für den öffentlichen Wohnungsbau Ausgleichzahlungen in Höhe von 700 Millionen Euro, weitere 600 Millionen Euro sollen der Kommune zum sozial-ökologischen Stadtumbau zukommen. Wohnungsprivatisierungen lehnt Die Linke ab. Aus Trierer Sicht fordert sie die BIMA auf, die Wohnungen in der Burgunder Straße freizugeben und sie für den öffentlichen Wohnungsmarkt zu sanieren und bereitzustellen.

Bereits erschienen: Netter Zuverdienst oder Sackgasse?

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