Tiere, Pfleger und Patienten profitieren
Es muss nicht gleich eine Delfintherapie in Florida sein. Schon der Kontakt mit Haustieren kann psychisch kranken Jugendlichen helfen. Und sei es nur, um das Verantwortungsbewusstsein zu stärken. Darum besuchen der Erzieher Andreas Klinge und die Krankenschwester Mechthild Lexen von der Station E 2 der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Mutterhauses seit knapp vier Jahren einmal wöchentlich mit einer kleinen Gruppe Patienten das Trierer Tierheim.
TRIER. Tiere können eine positive Anziehungskraft ausüben. Als Andreas Klinge noch im Jugendzentrum Euren arbeitete, herrschte immer großer Andrang, wenn er seinen Hund mitbrachte. Seit 13 Jahren ist der Erzieher nun in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Mutterhauses beschäftigt und hat dort im September 2007 ein Projekt mit dem Trierer Tierheim initiiert.
Jeden Montag, wenn die Einrichtung geschlossen ist, fahren er und die Krankenschwester Mechthild Lexen mit einer Gruppe von drei bis vier Patienten im Alter von 11 bis 17 Jahren für anderthalb Stunden zu der im Wald gelegenen Anlage hinter Zewen. Dort reinigen sie nach einer Einführung eines Tierheimmitarbeiters oder eines erfahreneren Mitpatienten selbständig die beiden Katzengehege und die Kleintierställe und versorgen die Hasen, Meerschweinchen und anderen Nager mit Wasser und Futter. Aber auch Streicheleinheiten für die Tiere sollen nicht zu kurz kommen. „Es ist wichtig, dass die Teilnehmer auch Zeit haben, sich mit ihnen zu beschäftigen“, sagt Lexen.
Die jungen Patienten lernen dabei die Lebensgewohnheiten und das Verhalten der Tiere kennen. Zudem soll ihnen durch die weniger attraktive Beschäftigung vermittelt werden, wie viel Verantwortung, Zeit und Arbeit die Haltung eines Tieres erfordert.
„Die Resonanz bei den Patienten ist gut“, so Klinge. Seit Bestehen des Angebots haben über 100 Jugendliche, die beispielsweise wegen Depressionen oder Ess-, Angst- oder Anpassungsstörungen stationär therapiert wurden, daran teilgenommen. Weil die durchschnittliche Behandlungsdauer zwei bis zweieinhalb Monate beträgt, haben erst neun Patienten mehr als acht Mal bei dem Projekt mitgemacht.
Davon zu profitieren scheint jeder. Die Tiere, weil sie Umgang mit Menschen haben und zusätzliche Zuwendung erhalten, das Pflegepersonal, weil ihnen Arbeit abgenommen wird, und nicht zuletzt die Jugendlichen, die sich über den Kontakt zu den Tieren freuen. „Sozial zurückgezogene Patienten werden offener“, berichtet Klinge. „Patienten, die sehr ruhig sind, erleben wir im Tierheim ganz anders als auf Station.“
Die Teilnahme ist nicht verpflichtend. Mit dem Einverständnis der Eltern kann jeder mitmachen, der ein Interesse an Tieren hat. Und eine Tetanusimpfung.