Leons Kampf

Alles schien bestens zu laufen für die Beckers: Auf die Hochzeit folgte die Geburt von Tochter Amelie. Doch das unbeschwerte Glück währte nur kurz: Nach der Entbindung stellten die Ärzte bei dem Mädchen einen schweren Herzfehler fest. Zwei Jahre später kam Sohn Leon auf die Welt. Wenige Wochen vor seinem vierten Geburtstag diagnostizieren die Mediziner bei dem Jungen ein Neuroblastom. Es folgten Chemotherapie, OP, Bestrahlungen – das ganze Programm. Einige Monate lang hatte es den Anschein, als habe das Kind den Tumor bezwungen – bis im Juni dieses Jahres bei einer Kontrolluntersuchung erneut  Krebszellen auftauchten. „Wir sind am Ende unserer Kräfte“, berichtet die Mutter. Nun droht der jungen Familie zusätzlich finanzielles Ungemach. Freunde und Verwandte starteten deshalb die Aktion „Wir für Leon“.

TRIER. Den Kopf hängen lassen? Sabine Becker überlegt einen kurzen Moment, sagt dann freundlich aber bestimmt: „Dafür haben wir keine Zeit“. Klar gebe es Situationen, in denen ihr Mann Rolf und sie mit dem Schicksal haderten, berichtet die 44-Jährige im Gespräch mit 16vor, doch sie sieht auch die positiven Momente. Sabine Becker spricht jetzt von dem „großen Glück“, dass die Familie so tatkräftige Unterstützung von Freunden und Verwandten erfährt, und davon, dass es Leon trotz seiner schweren Krankheit noch verstehe, andere zu belustigen. „Er macht weiterhin Blödsinn, hin und wieder versucht er im Krankenbett auch einen Kopfstand“.

Spätestens seit dem Sommer vor zwei Jahren steht das Leben Kopf bei den Beckers. Leon wurde im September 2005 geboren, zwei Jahre nach Amelie. Als der Junge sich zur Familie hinzugesellte, hatte die Schwester ihre erste große OP schon hinter sich. Bei der Tochter war kurz nach der Entbindung ein komplizierter Herzfehler diagnostiziert worden, eine Fallot’sche Tetralogie. Im April 2009 musste sich das Kind in der Homburger Uni-Klinik einem weiteren mehrstündigen Eingriff unterziehen. Für einige Wochen sah es danach so aus, als hätten das Mädchen und ihre Familie das Schlimmste nun überstanden. „Wir wollten ein paar Tage in Urlaub fahren, hatten uns schon total darauf gefreut“, erinnert sich Sabine Becker an jene Zeit.

Weil aber Sohn Leon wiederholt Fieber hatte und über diffuse Schmerzen in seinen Beinen klagte, suchten die Eltern mit ihm einen Arzt auf. Im Juli 2009 dann die niederschmetternde Diagnose: Die Ärzte hatten im Bauchraum des Jungen ein Neuroblastom festgestellt. Leon musste nun eine achtmonatige Chemotherapie über sich ergehen lassen. Im Mai 2010 folgte eine neunstündige OP bei einem Spezialisten in München, im vergangenen September dann in Homburg eine Stammzelltransplantation, anschließend eine erneute Chemo mit anschließender Bestrahlung im Trierer Mutterhaus der Borromäerinnen. „0/4 2011 – alles ist gut: Familien-Reha im Schwarzwald“, vermerkt „Leons Familiengeschichte“ im Internet. Man wünschte sich, es würden noch weitere solcher Einträge folgen. Doch den Beckers und allen voran Leon sollte nicht viel Zeit zum Krafttanken bleiben, denn schon im Juni dieses Jahres folgte der nächste Schlag: Bei einer Kontrolluntersuchung fanden sich im Körper des Jungen wieder Krebszellen. Leon muss ein weiteres Mal eine Chemotherapie durchmachen.

„Wir müssen den Rücken frei haben“

„Der Wahnsinn geht weiter“, beschreibt Sabine Becker die Situation. Die Erzieherin, die im Eurener Montessori-Kinderhaus arbeitete, zeigt sich optimistisch, dass Leon auch diese Herausforderung meistern wird. Dass Kinder „im Hier und Jetzt leben und einfach offene Fragen stellen“, das habe ihr und Ehemann Rolf die Situation oft erträglicher gemacht. Ihre Fröhlichkeit helfe über vieles hinweg, sagt Sabine Becker. Amelie gehe es inzwischen sehr gut, sie könne alles machen, sei ein aufgewecktes Kind. Leon mache nach wie vor seinen Schabernack. Doch der 5-Jährige sei auch ernster geworden, und den „Chemokasper“ sei er längst leid. Verständlich.

Als sei die Krankheit Leons nicht schon Belastung genug, droht den Beckers nun weiteres Ungemach: Weil Mutter und Vater den größten Teil ihrer Zeit damit beschäftigt sind, Leon in seinem Kampf gegen den Krebs beizustehen und natürlich auch Amelie die Fürsorge und Zuneigung ihrer Eltern braucht, kommen die Familie zusehends in eine finanzielle Schieflage. Rolf Becker, der mit einem Unternehmen für Bürokommunikation selbstständig ist, wendet einen Großteil seiner eigentlichen Arbeitszeit dafür auf, sich um die Kinder zu kümmern. Die Konsequenz: Der Umsatz bleibt aus, die Einnahmen brechen weg. Sabine Becker wird ihren Beruf vorerst ganz aufgeben müssen, die Sorge um Leon und auch Amelie, die bereits die zweite Klasse wiederholen musste, stehen im Vordergrund. „Um Leon aber noch einmal mit allen Kräften unterstützen zu können, müssen wir den Rücken frei haben von finanziellen Sorgen“, sagt sie und verweist auf die zusätzlichen Belastungen durch Krankenhausaufenthalte und spezielle, keimfreie Ernährung für Leon.

Freunde, Verwandte und Bekannte haben jetzt eine Unterstützeraktion ins Leben gerufen. Menschen wie Tobias Emig engagieren sich, gemeinsam mit weiteren Mitstreitern organisiert er für den 3. September einen großen Flohmarkt im Messepark in den Moselauen. „Meine ganze Familie kennt die Mama von Leon und auch die Kinder. Wir möchten ihnen gerne helfen, und da wir selbst finanziell nicht so sehr gesegnet sind, geben wir gerne unsere Gaben“. Emig und sein Team hoffen, dass mit dem Erlös des Flohmarkts mehrere „Astronautenmahlzeiten“ bezahlt werden können. Geplant sind außerdem Benefizkonzerte, und auch in Sabine Beckers alter Heimat Franken wird eifrig die Werbetrommel für „Wir für Leon“ gerührt. Sabine Becker: „Jeder Beitrag hilft und gibt uns das Gefühl, in dieser Situation nicht alleine zu stehen“. Ein Blick auf Facebook zeigt schon jetzt: Das Schicksal der Beckers löst große Anteilnahme aus.

Umfassende Informationen über die Aktion „Wir für Leon“ finden Sie auf folgender Homepage.

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