„Mit dem Fahrrad bin ich schneller“

Trier ist Römerstadt, Studentenstadt und auch kleine Großstadt. Doch was Trier garantiert nicht ist – ein fahrradfreundlicher Ort. Dennoch gibt es auch hier etliche Tausend Menschen, die sich von den eher bescheidenen Rahmenbedingungen nicht abschrecken lassen. Stattdessen schwingen sie sich Tag für Tag auf ihr Rad, um zur Arbeit zu kommen. Wenn sich Trier vom 31. August bis 20. September an der Aktion „Stadtradeln“ beteiligen wird, müssen sie nicht mehr motiviert werden. 16vor sprach mit Alltagsradlern über ihre guten Gründe, häufiger in die Pedale zu treten.

TRIER. Acht Uhr morgens, in einer Straße nahe der Römerbrücke. Max Tuengerthal schließt den Keller auf und schiebt sein Fahrrad hinaus. Ein kurzer Blick gen Himmel verspricht mal wieder nichts Gutes – schon wieder dunkle Regenwolken. „Egal, ich habe eine gute Regenjacke und eine Hose zum Wechseln dabei – dann passt das schon.“ Tuengerthal ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni. Jeden Morgen heißt es für ihn: „Rauf aufs Rad und kräftig in die Pedale treten.“

Um in sein Büro zu gelangen, muss er erst einmal ordentlich strampeln. Vorbei an den Kleingärten hinter dem Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, durch Olewig und über den Retzgrubenweg radelt er hoch zum Campus. Dabei wählt er bewusst nicht die kurze Strecke über die Sickingenstraße, sondern nimmt aus freien Stücken Umwege auf sich – weil die Strecke, wie er sie fährt, nicht nur schöner und besser ausgebaut, sondern obendrein auch etwas flacher ist. „Super ist das Stück durch die Weinberge vor allem im Winter“, erzählt Tuengerthal. „Sollte es schneien, habe ich mir extra Reifen mit Spikes gekauft. Wenn ich damit abends den Berg runterfahre, ist das spannender als Schlitten fahren“.

Rund 100 Höhenmeter bezwingt er so täglich und zählt damit wohl schon zur Gruppe der ambitionierteren Alltagsradler. Dennoch ist Tuengerthal wahrlich kein Exot. Weniger anstrengend ist es definitiv für diejenigen Radfahrer, deren Wohnung und Arbeitsstelle jeweils im Tal oder eben auf dem Berg liegen, da ihnen so zumindest größere Anstiege erspart bleiben.

Mindestens fünf Mal pro Woche fährt auch Helga Geißler mit dem Rad. Sie ist Anästhesistin und muss regelmäßig in das von ihrem Zuhause ins rund sieben Kilometer entfernte Krankenhaus auf der anderen Moselseite. „Schon allein die Tatsache, dass eine große Fläche der Stadt im Tal liegt, lädt zum Radeln ein. Außerdem sind die Parkplätze in der Innenstadt knapp und es gibt viele Einbahnstraßen. Mit dem Fahrrad bin ich einfach viel entspannter und schneller unterwegs. Da nehme ich auch mal in Kauf, dass Triers Radwege verbesserungswürdig sind“, erzählt sie und fügt hinzu: „Ein paar mehr Radwege von den Stadtteilen in Richtung Innenstadt, das wäre trotzdem schön.“

Dass die städtischen Radwege nicht gerade zum Radeln ermutigen, zeigt sich an vielen Stellen: gefährliche Wurzeln am Moselufer, zugeparkte und marode Wege in der Karl-Marx-und in der Zurmaienerstraße, rücksichtslose Autofahrer. „Am meisten ärgert mich, dass es so viele Radwege gibt, die sich einfach plötzlich in Luft auflösen. Oft steht mitten in der Landschaft und völlig unerwartet ein ‚Fahrradweg-Ende‘ Schild“, sagt Claudia Lauer. Auch sie radelt täglich, und zwar von Euren bis zur ihrer Arbeitsstelle in der Sichelstraße. Dabei freut sie sich immer wieder am meisten über die vielen kurzen Begegnungen mit Fremden. „Es gibt so viele kleine Geschichten, die ich täglich miterlebe. Das ist einfach toll. Es war während der Heilig-Rock-Wallfahrt, als es mal wieder den ganzen Tag in Strömen regnete. Als ich dann auf dem Heimweg an einer Kindergartengruppe vorbeifuhr, rief ein Kind ganz mitleidvoll: ‚Guck mal, die Frau da fährt bei dem Wetter Fahrrad‘. Das war echt lustig, vor allem, weil das Kind trotz Regenjacke selbst schon pitschnass war“, berichtet die gelernte Bürokauffrau.

Auch Michael Lautwein trotzt täglich Wind und Wetter. Er ist Lehrer an einer Trierer Schule und reiht sich in die Reihe derer ein, die kein Auto besitzen und deshalb täglich aufs Rad steigen. „Ich habe bewusst kein Auto, weil sich das in der Stadt oft nicht lohnt. Mit dem Fahrrad bin ich schneller, günstiger und vor allem umweltschonender unterwegs.“

Zahlreiche weitere Gründe, öfters aufs Rad zu steigen, präsentiert die Kampagne „Radlust“, die an der Universität Trier entwickelt wurde und bundesweit für Aufsehen sorgte. Wir danken den „Radlust“-Machern für die Bebilderung des Textes.

Julia Olk

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