Laas‘ Letters from London… #13

Nun ist es passiert und ihr müsst jetzt stark sein: diese Kolumne wird eingestellt. Die Kulturkollegen Gottschalk, Schmidt und Co. haben es vorgemacht und nun muss auch ich mich geschlagen geben. Die Quote war zu niedrig und folglich wird diese 13. Ausgabe von „Laas‘ Letters from London“ die vorerst Letzte sein. Ja, ja,… genug der Tränen, das Leben geht weiter. Lasst mich zum Schluss noch einmal erzählen, wie es sich in London lebt und was ich hier mal wieder erlebt habe.

Nachdem ich stundenlang über die Endlichkeit des Lebens philosophiert hatte, machte ich mir Gedanken, was ich euch zum Schluss denn schreiben könnte. Wie das bisher immer gut funktioniert hat, schreibt das Leben bekanntlich die besten Geschichten und ich musste sie nur noch in mein Notebook tippen und mit Fotos ausschmücken. Und so war es diesmal dann auch! Zur Vorgeschichte: Vor einigen Monaten las ich im London Evening Standard (kostenlose Tageszeitung für den frühabendlichen Heimfahrer – liegt vor jeder Tube Station) eine Geschichte über einen ehemaligen drogenabhängigen und obdachlosen Musiker, dessen Leben durch eine streunende Katze (eigentlich ein Kater) zum Positiven gewendet wurde und sie seit ihrem zufälligem Aufeinandertreffen ein unzertrennliches Paar sind.

Anscheinend geben sie sich gegenseitig Halt und eine Richtung vor, mit der Chance, Verantwortung zu übernehmen, endlich für sich und jemand anderen. In dieser Kombination scheint es beiden besser zu gehen und weil diese Geschichte eine so schöne und herzanrührende ist, gibt es sie auch seit einigen Monaten als autobiografisches Werk im Buchhandel zu kaufen.

Der Titel lautet „A Street Cat Named Bob“ und gemeint ist damit der Kater. Sein menschlicher Freund heißt James Bowen und beiden kann man in der Gegend um Covent Garden Tube Station begegnen, wo James Musik macht und Bob mit Häkelschal bekleidet auf einer Decke sitzt und sich anfassen und fotografieren lässt. Auf Kommando gibt er auch High Five und streckt seine linke Pfote gegen die ausgestreckte Hand. Süß! Meine Katze macht das nicht… auch nicht gegen Bestechungsleckerli. What a bitch?!

Nun ist es sicherlich erstaunlich, als letzte Kolumne ausgerechnet eine Pet Homestory zu bringen, aber dahinter steckt ja viel, viel mehr. Es geht um das Leben auf den Straßen von London, um das knallharte Leben in einer der teuersten Städte Europas, um Wünsche, Träume, das Leben an sich und wie man sich darin verlieren kann. Natürlich geht es auch darum, sich wieder zu finden, nach vorn zu schauen und neue Perspektiven zu entdecken. Und als unverbesserlicher Optimist glaube ich auch daran.

Der Musiker und Autor hatte seine ganz persönlichen Gründe, warum er eine Drogenkarriere startete, obdachlos wurde und vielen Chancen im Leben eine ablehnende Hand austreckte. Die meisten von uns kennen wohl aus eigenen Erfahrungen, dass man Sachen macht, die nicht gut sind oder Menschen ausschließt, welche gut wären, um somit den Sog einer Abwärtsspirale zu folgen. Wer hatte schon eine völlig problemfreie Kindheit? Entscheidend ist, wann man den Absprung schafft, wenn überhaupt. Wer ihn schafft, lebt sicherlich ein völlig neues Leben und folgt nun stärker der eigenen, individuellen Bestimmung und findet zu sich (der Optimist hat gesprochen).

Solche Geschichten, wie die von Bob und James, machen das Leben spannend, sind bereichernd und geben einem Hoffnung in einer fast schon ausweglosen Situationen. Zur Geschichte: Wie gesagt habe ich den Artikel über die beiden vor einigen Monaten im Standard gelesen und wie ich gestern so am Covent Garden bei Nieselregen herumspaziere, entdecke ich James mit seiner Gitarre in der Hand. Wow, was für ein Zufall und Bob trägt tatsächlich diesen gehäkelten Schal und ist völlig ruhig und gelassen, obwohl ihn viele Menschen anstarren und betatschen. Ich unterhalte mich mit seinem Freund und erfahre, dass der Kater damit keine Probleme hat. Er mag Menschen, fährt leidenschaftlich gern Bus und schaut täglich Filme und Serien im Fernsehen. Wir plaudern über sein Buch, welches auf seinem Rucksack liegt. Es ist die Erstausgabe – die #1 – und ich möchte sie ihm abkaufen. Als Künstler und Kunstsammler weiß ich diesen Schatz zu schätzen und bekomme noch eine persönliche Widmung  – von beiden! Ich erzähle James von meiner Kolumne und dass ich sie ihnen widmen werde. Ich mache noch ein paar Fotos, lass mir von Bob die Pfote geben und ziehe weiter. Mit der Erstausgabe im Gepäck und einer wunderbaren neuen Geschichte mache ich mich auf den Heimweg, um sie aufzuschreiben… für Euch! Genau so und nicht anders ist das Leben in London. Die Stadt ist schnell, laut, teuer und voll von fantastischen Menschen und ihren Erlebnissen – einfach der Wahnsinn!

Ich bedanke mich bei all meinen Zufallslesern, bei meinen treuen Fans, die kaum eine Kolumne ausgelassen haben, und bedanke mich bei 16vor für die Möglichkeit, hier schreiben zu dürfen. Macht´s gut, Nachbarn, und bis bald… in Trier… in London… weltweit!

Euer Laas

P.S. Ich kann Euch allen nur empfehlen, das Buch zu bestellen und zu lesen – selbstverständlich im Original! Gibt´s auch als Ebook! Welcome to the new world of now.

P.S.P.S.
Wer von Euch noch nicht genug von dieser Metropole gehört hat oder erst auf den Geschmack gekommen ist, dem kann ich auch noch die neue Sonderausgabe des SPIEGEL über London empfehlen!!!

TIPP:
http://www.thisislondon.co.uk/lifestyle/london-life/bob-the-busking-cat-7573094.html
http://www.amazon.de/Street-Cat-Named-James-Bowen/dp/1444737090/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1335965141&sr=8-1
http://www.youtube.com/watch?v=WdAFjB7AeYA

Der Berliner-Trierer Konzeptkünstler Laas Koehler berichtete im vergangenen halben Jahr alle 14 Tage für 16vor aus London. Mehr Informationen unter: www.laaskoehler.tumblr.com.

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