Der Konflikt zwischen Hans Hölzel und Falco

1998 kam Falco unter Drogen- und Alkoholeinfluss bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik mit 40 Jahren ums Leben. Damit verpasste er zwar das Aufnahmealter für den „Club 27“ (Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain, Amy Winehouse), an seiner Todesursache und seiner musikalischen Bedeutung wäre die Mitgliedschaft aber nicht gescheitert. Mit Titeln wie „Rock me Amadeus“ und „Jeanny“ gehörte er zu den Stars der 80er – auch international. Wenige Wochen nach seinem Tod wurde das Album „Out of the Dark“ veröffentlicht, das nach zehn weniger erfolgreichen Jahren wieder ganz oben in den Charts landete. Im Theater Trier wird am Samstag um 19.30 Uhr das Tanzstück „Falco – The Spirit never dies“ uraufgeführt, das sich dem Leben des Wiener Musikers widmet. 16vor sprach mit dem Hauptdarsteller Alexander Kerbst, der schon in dem Musical „Falco meets Amadeus“ mitwirkte, unter anderem darüber, wie die Darstellung von Falcos Biografie als Tanztheater funktioniert.

16vor: Was war die bisher anspruchsvollste Rolle in Ihrer Karriere?

Alexander Kerbst: Vom Tänzerischen her sicherlich die Rolle des Bill Snobson im Musical „Me And My Girl“ in Berlin. Die Inszenierung basierte auf dem Londoner Original von Mike Ockerent und war erstklassig choreographiert.

Die Rolle des Professor Henry Higgins, die ich 2010 am Theater Zwickau-Plauen spielte, war vom Schauspielerischen am anspruchsvollsten.

Aber die Verbindung von Singen und Tanzen, wie sie im Musical gang und gäbe ist, ist für jeden Schauspieler eine Herausforderung. Im Musical-Genre bin ich aber nur zufällig gelandet. Eigentlich bin ich ausgebildeter Schauspieler, aber durch meine musikalische Grundausbildung, die ich im Thomanerchor in Leipzig durchlaufen habe, hatte ich natürlich Vorteile.

16vor: Was fasziniert Sie an der Rolle des Falco – abgesehen von der augenscheinlichen Ähnlichkeit – besonders?

Kerbst: Der persönliche Konflikt zwischen seiner eigentlichen Identität – Johann „Hans“ Hölzel – und der Kunstfigur Falco. Er war ein großartiger Künstler, der aber an seiner eigenen Kunstfigur und an deren Erfolg zerbrochen ist. Mir fällt da beispielsweise seine Reaktion auf die Nachricht, dass es „Rock Me Amadeus“ an die Spitze der amerikanischen Billboard-Charts geschafft hat, ein. Falco sagte dazu angeblich nur: „Jetzt ist es aus.“ Ihm war damals schon klar, dass ein solcher Erfolg wohl niemals zu toppen sein wird und der Zenit seiner Karriere damit erreicht war.

16vor: Was ist Ihrer Meinung nach das Erfolgsrezept von Falcos Musik?

Kerbst: Falco war und ist ein verkannter Künstler. Manche seiner Texte sind sehr trivial, andere hingegen unheimlich tiefgründig. Er hat in vielen Songs seine Lebensgeschichte in durchaus lyrisch wertvollen Texten verarbeitet. Durch meine Auftritte als Falco konnte ich erleben, dass selbst junge Menschen von dem Künstler Falco beeindruckt sind. Das liegt wohl daran, dass es eine solche Persönlichkeit im Musikgeschäft nicht mehr oder sehr selten gibt. Falco stellte sich gegen alle Konventionen und hat sich – im Gegensatz zu vielen Sänger und Musikern – nie angepasst.

16vor: Falco war eine sehr extrovertierte und zugleich sehr unsichere Persönlichkeit.

Kerbst: Falco ist eine, von Hans Hölzel geschaffene, Kunstfigur. Hölzel war ein eher zurückhaltender und unsicherer Mensch. Um im hart umkämpften Musikgeschäft bestehen zu können, hat er eine Kunstfigur geschaffen die, grob gesagt, das genaue Gegenteil von seiner eigentlichen Persönlichkeit war. Falco war extrovertiert, teilweise unangenehm, aber gleichzeitig sowohl für Frauen als auch Männer anziehend.

16vor: Was hat die Zusammenarbeit mit dem Trierer Ensemble ausgemacht?

Kerbst: Die Truppe ist sehr angenehm, sympathisch und unheimlich engagiert. Es wird auch weiter geprobt, wenn die eigentliche Probenzeit schon längst vorbei ist. Das Tanztheater-Ensemble setzt sich sehr für diese Produktion ein, und deshalb macht es auch sehr viel Spaß, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Ich werde dadurch sehr motiviert.

16vor: Was ist das Besondere an dem Tanzstück von Amy Share-Kissiov?

Kerbst: Bei dem Stück handelt es sich um eine anspruchsvolle Tanztheater-Produktion, welche den Tänzern, und auch mir, alles abverlangt. Das Tanzstück stellt den Disput der beiden Figuren, also Hans Hölzel und Falco, in den Vordergrund.

Im Stück wird Falcos Kindheit, seine Beziehung zur Mutter sowie das Ausbrechen aus der Wiener Idylle thematisiert. Auch sein Wirken als Bassist in der Band „Drahdiwaberl“ wird zu sehen sein. Die Verführungen des Musikgeschäftes wie Drogen oder Alkohol, denen Falco ja durchaus nicht abgeneigt war, werden durch die Rolle des Jack (Anm. d. Red.: getanzt von Reveriano Camil) dargestellt. Dazu sollte man wissen, dass „Jack Daniels“ wohl das Lieblingsgetränk von Falco war.

Falcos Lieder dienen in dem Stück weitestgehend dazu, den einzelnen Szenen einen Text zu geben. Die eigentliche Erzählung erfolgt derweil über tänzerische Mittel.

Das Stück ist eine Reflexion der Persönlichkeit Falcos. Es zeigt, welche persönlichen Folgen der Verkauf seiner Seele für den Erfolg im Musikgeschäft für ihn hatte. Dabei stellen die Tänzer das wahre Leben dar. Falco – also meine Rolle – tanzt nicht. Dadurch wird die Stellung der Figur Falco als Kunstfigur verdeutlicht.

Auch die Kombination von Falco und Tanztheater ist bisher ein einmaliges Unterfangen und, wie ich finde, eine sehr gut funktionierende Theaterproduktion.

16vor: Was ist für Sie die beeindruckendste Szene im Stück?

Kerbst: Die Szene, in der Hans Hölzel, dargestellt durch einen Tänzer (Anm. d. Red.: David Scherzer), die Kunstfigur Falco und Jack, als Verkörperung der Verführungen, in direkte Konfrontation geraten. Dabei dient der, relativ unbekannte, Song „Hit me“ als musikalisches Fundament, auf dem der Konflikt der beiden ambivalenten Persönlichkeiten ausgetragen wird. Diese Szene entwickelt eine Wucht, die das Publikum gefangennehmen wird.

16vor: Ist das Tanzstück nur etwas für eingefleischte Falco-Fans?

Kerbst: Natürlich kommen Falco-Fans voll auf ihre Kosten. Aber auch die Tanztheater-Begeisterten werden von der unglaublich anspruchsvollen Choreografie von Amy Share-Kissiov begeistert sein. Und die Kraft, mit der die Geschichte von Falco mithilfe von musikalischen und tänzerischen Mitteln erzählt wird, wird das Publikum in seinen Bann ziehen.

Die Uraufführung von „Falco – The Spirit Never Dies“ findet am Samstag um 19.30 Uhr statt. Weitere Vorstellungstermine im April: Mittwoch, 24. April, 20 Uhr, Freitag, 26. April, 20 Uhr, und am Dienstag, 30. April, 20 Uhr. 

Bettina Sieber

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