Die Suche nach dem Göttlichen

Zwei Uraufführungen von Joachim Reidenbach werden am Sonntag in der Jesuitenkirche präsentiert. Foto: privatUnter dem Titel „Bachland Deutschland“ erwartet die Hörer der Reihe „Klassik um elf“ an diesem Sonntag in der Jesuitenkirche nicht nur die Kantate „Ich habe genug“ BWV 82 von J.S.Bach (Solist: Amadeu Tasca) sowie das Konzert für Viola und Streicher c- moll (Solist: Fernando Bencomo, Viola) und die Sinfonie Nr.1 D-Dur von dessen Söhnen Johann Christian Bach und Carl Philipp Emanuel Bach, sondern auch eine interessante Uraufführung. Der Trierer Komponist Joachim Reidenbach hat zwei Gedichte von Rainer Maria Rilke für Sopran, gemischten Chor und Orchester vertont. Es werden musizieren: Joana Caspar als Solistin, der Opernchor des Theaters Trier und das Philharmonische Orchester der Stadt Trier unter seinem Ersten Kapellmeister Joongbae Jee.

TRIER. Joachim Reidenbach hat im Auftrag des Trierer Theaters aus Rilkes Stunden-Buch von 1899 acht- beziehungsweise zehnzeilige Texte gewählt, die von der Suche nach dem Göttlichen handeln. Im ersten Gedicht kreist das Ich oder die Menschheit oder eine anonyme Kraft in „wachsenden Ringen“ um Gott, „den uralten Turm“, ohne ihn mehr als nur ahnend zu erfassen. Im zweiten wünscht es sich Ruhe von den Geräuschen der Welt, um wenigstens einen Augenblick lang das Geheimnis des Alls zu begreifen und als einen einzigen Dank an alles Leben weiterzugeben.

Schöne Vorlagen für eine Vertonung, in der Geahntes ausgefüllt und Begriffliches tonmalerisch umschrieben werden kann. Das kreisende Grundmotiv im ersten und die in beschleunigten Orchesterabschnitten heraufbeschworene, immer wieder aufflammende Unruhe im zweiten machen das geradezu handgreiflich.

Reidenbach hat in einer Tonsprache, die sich stärker traditioneller als zeitgenössischer Mittel bedient und kaum über Quartenreihungen, alterierte Mischakkorde und sparsam eingesetzte Septimparallelen hinausführt, wie man sagt: dankbare Partien geschrieben. In dem ganz auf Transparenz angelegten Kammerorchestersatz mit Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Kontrafagott, Celesta, wenig Schlagwerk und Streichern liegt alles bestens hörbar. Dem Chorsatz merkt man Reidenbachs langjährige Erfahrung als Leiter der Cantores in ihren Glanzjahren an. Er weiß, was, wenn sauber intoniert, gut klingt und ab wann man den natürlichen Bogen überspannt. Beim Solosopran setzt er allerdings auf eine Solistin, die auch noch um g’‘, a’‘, b’‘ herum einigermaßen sauber artikuliert. Bekanntermaßen setzen hohe Töne dem ja Grenzen. Der Hörer erhält vorsorglich denn auch mehrfach Gelegenheit, Textpassagen zu erfassen, werden sie doch vom Chor aufgegriffen und wiederholt.

Nach dem Augenschein, der durch die Wiedergabe in der Matinee freilich erhärtet werden muss, geht Reidenbach im ersten Stück, „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen“, subtiler vor und greift im zweiten, „Wenn es nur einmal so ganz stille wäre“, mehr auf die summarische Außenwirkung seiner Musik zu „Der Richter muss brennen“ zurück: das gleiche d-Moll und der auf wenige Ausweichungen beschränkte tonale Radius.

Der dissonanzscheue Hörer braucht sich also nicht zu fürchten und derjenige, der moderne Klänge erwartet, wird durch die Ökonomie der Partitur und ihre entwickelte Textbezüglichkeit entschädigt. Das Programm wird durch die Kantate „Ich habe genug“ von Johann Sebastian Bach und Werke der Bach-Söhne Johann Christian und Carl Philipp Emanuel ergänzt und verspricht anregende Eindrücke.

„Klassik um elf“. Trierer Jesuitenkirche, Sonntag, 11 Uhr (Sommerzeit!).

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