Zuwachs für die „Trierer Runde“

vorlaeufiges ergebnis trierEs war der Wahlabend der Union, und wie in Berlin wurde auch im Trierer CDU-Hauptquartier kräftig gefeiert. Kreischef Bernhard Kaster legte gegenüber 2009 noch einmal deutlich zu. Der 55-Jährige darf sich persönlich bestätigt fühlen, und für die Kommunalwahl im kommenden Jahr wittert seine Partei nun Morgenluft. Bei der SPD ist man froh, dass es Katarina Barley über die Landesliste in den Bundestag geschafft hat. Die 44-Jährige gilt vielen in ihrer Partei längst als große Hoffnung, nicht nur weil sie über die eigenen Parteigrenzen hinweg Sympathien genießt. Aufatmen bei Grünen und Linken: Wäre die AfD am Sonntagabend über die 5-Prozent-Hürde gesprungen, wäre Corinna Rüffer der Einzug in den Bundestag verwehrt geblieben. Dass Katrin Werner dem Parlament weiterhin angehören wird, dürfte ihre innerparteiliche Stellung weiter festigen. Die FDP steht unterdessen auch in Trier vor einem Scherbenhaufen, doch bleibt ihr wenig Zeit, sich bis zur Kommunalwahl 2014 wieder aufzurichten.

TRIER. Bernhard Kaster geht mit Gefühlen nicht hausieren. Was die eigenen Befindlichkeiten anbelangt, ist der Mann eher zurückhaltend. Am Sonntagabend jedoch scheint alles anders: Kaster läuft beschwingt durch sein Wahlkreisbüro, kommt aus dem Strahlen nicht mehr heraus und gewährt auch einen kurzen Blick in sein Innenleben. Er hat auch allen Grund dazu: Zum dritten Mal in Folge holt er das Direktmandat und straft bei der Gelegenheit auch all jene Lügen, die erwartet hatten, die Sozialdemokratin Dr. Katarina Barley werde das Rennen spannend machen – spannender jedenfalls als 2009, als Kaster mit fast 20 Prozentpunkten Vorsprung vor dem damaligen SPD-Bewerber lag. Für Kaster ist der Wahlabend ein Triumph, in dessen Stunde der Sieger beinahe demütig wirkt und sich überwältigt zeigt. Er sei „gerührt“, sagt er, das sei „unglaublich“.  Zwar habe er mit einem guten Ergebnis gerechnet, „aber wirklich nicht in dieser Größenordnung“. Für ihn sei das Resultat ein „wahnsinniger Motivationsschub“, aber auch eine „Verpflichtung“.

16vorwahlKasterHoch-1Für die Trierer CDU und ihren Vorsitzenden ist das Ergebnis vom Sonntag auch ein gutes Omen für die im Mai 2014 anstehende Kommunalwahl. Denn Merkel-Bonus und Berliner Rückenwind hin oder her – die Union hat sich auch in der Moselstadt klar als stärkste politische Kraft behauptet und Kaster seine Stellung als Nummer Eins seiner Partei weiter gefestigt. Wenn er in wenigen Wochen zur Wiederwahl als Kreisvorsitzender antreten wird, dürfte ihm ein sehr gutes Ergebnis gewiss sein. Zwar liegt die CDU im Stadtgebiet mit 38,6 Prozent Zweitstimmen unter dem Bundesergebnis der Partei – anders als 2009, als die Resultate der Union bundesweit und in Trier fast identisch waren – doch wird der Erfolg dieses Wahlsonntags seine motivierende Wirkung auf die eigene Anhängerschaft nicht verfehlen. Zumal diese schon auf dem Weg dazu war, sich an Niederlagen zu gewöhnen. Zuletzt bei der Landtagswahl 2011, als der Abgeordnete Berti Adams den Einzug in den Landtag verpasste. Oder 2009, als Kaster ein sehr ordentliches Erststimmenergebnis erzielte, die Union in Trier aber bei mageren 33,2 Prozent landete. Wenige Monate zuvor hatte man schon bei der Kommunalwahl deutlich Federn lassen müssen und in deren Folge auch noch zwei von drei Stadtvorstandsposten verloren. In der CDU hofft man, dass im kommenden Jahr auf städtischer Ebene die Karten neu gemischt werden – und dass Kaster in Berlin aufsteigt. Schon in der Vergangenheit wurde er als Kandidat für ein Staatssekretärsamt gehandelt, das gewachsene Gewicht der Union könnte ihm den Weg nun dorthin bahnen.

Auch die Liberalen richteten am Wahlabend schon einmal den Blick nach vorne – zumindest versuchten es ihre Vormänner Henrick Meine und Tobias Schneider. Eine Stunde nach der ersten Prognose hatte Meine schon jede Hoffnung fahren lassen, dass es für die FDP noch etwas werden könnte mit einem Ergebnis von 5 Prozent und mehr. Von einem „katastrophalen“ Resultat sprach er, von einer „ganz herben Niederlage“ und einem „Denkzettel“. Meine übte aber auch reichlich Selbstkritik: „Wenn wir in vier Jahren Regierung so wenig von unseren Inhalten durchgesetzt bekommen, dann müssen wir uns auch nicht wundern“. Seine Partei hätte „Merkel schon früher sagen sollen: so läuft das nicht“, beklagt Meine und macht dann eine klare Ansage: „Ich persönlich werde mich nicht zurückziehen“, vielmehr wolle er bei der Neuaufstellung seiner Partei auf Kreis- und Bezirksebene „ein gewichtiges Wort mitsprechen“. Meine schaltete sogleich in den „Jetzt-erst-recht“-Modus um: Die FDP habe auch nach dem Desaster eine breite Basis, „wir sind nicht so klein“. Für Kreischef Tobias Schneider ist klar: „Ich glaube nicht, dass es Deutschland gut tut, dass wir keine liberale Partei mehr im Parlament haben“. Dass seine Partei in den vergangenen vier Jahren schwere Fehler gemacht habe, könne er nicht leugnen, so Schneider, doch habe er bis zuletzt damit gerechnet, dass die FDP wieder den Einzug schafft: „Ich hatte erwartet, dass man uns noch mal eine Chance geben würde“.

Wut bei den Trierer Grünen: „Verlogener Wahlkampf“

Schneider und seine Parteifreunde stehen mit Blick auf die Kommunalwahl nun mächtig unter Druck. Dass sie am Sonntag in Trier die 5-Prozent-Hürde übersprangen, ist da nur ein schwacher Trost. Denn 2009, als es aus Berlin mächtig Rückenwind gab, war man mit nur vier Mitgliedern in den Rat gekommen. Zwischenzeitlich ist der FDP mit Wirtschafts- und Kulturdezernent Thomas Egger der damalige Spitzenkandidat abhanden gekommen, die Funktion des personifizierten Stimmenfängers vor Ort ist derzeit unbesetzt. Das verheißt wenig Gutes für den nächsten Wahltag. Dass die Liberalen im Mai 2014 erneut in Fraktionsstärke in den Rat einziehen werden, ist denn auch alles andere als sicher – auch wenn es bei der Kommunalwahl keine 5-Prozent-Hürde gibt.

16vorwahlMeineBernhard Kaster hatte gehofft, dass die FDP wieder in den Bundestag einziehen würde. Wäre es nach ihm gegangen, hätte Angela Merkel die schwarz-gelbe Koalition fortführen können. Doch diese Option ist nun verbaut, entweder die SPD lässt sich erweichen, oder es kommt auf Bundesebene erstmals zu Schwarz-Grün. Kaster wie auch Corinna Rüffer hatten diese Konstellation in ihren „16vor-Wahl“-Interviews ausgeschlossen, doch nun müssen sich alle bewegen. Bei den Grünen ist die Stimmung am Sonntagabend indes erst einmal auf dem Tiefpunkt. Im „Astarix“ hat man sich zur Wahlfete getroffen, zum Feiern ist hier über Stunden niemandem zumute – sieht man einmal von der Genugtuung über den Rauswurf der FDP ab. Ex-Kreisvorstandssprecher Thorsten Kretzer ist wütend: Ein „verlogener Wahlkampf“ sei es gewesen, „die wollten lieber die Lügen der anderen hören“, macht er seinem Frust Luft. „Wenn man einen Wahlkampf „mit Ehrlichkeit verliert, dann bin ich lieber bei den Grünen“, so Kretzer. Seine Partei habe „ein ehrliches Steuerkonzept“ vorgelegt, doch sei man Opfer von Kampagnen geworden.

Grünen-Kreischef Wolf Buchmann äußert sich ähnlich, jedoch zurückhaltender im Ton: Der Satz, dass man mit Ehrlichkeit keine Wahlen gewinne, habe sich wohl bewahrheitet, so Buchmann. Allerdings müsse seine Partei auch selbstkritisch einräumen, dass es nicht gelungen sei, „die eigenen Themen pointierter und offensiver zu vertreten“. Auch habe es Kampagnen gegeben – Stichwort „Veggie Day“, doch habe man diese nicht überzeugend gekontert, was zunächst einmal ein Versagen der Grünen sei. Unzufrieden mit dem Wahlabend ist Buchmann nicht, im Gegenteil: Dass Corinna Rüffer dem künftigen Bundestag angehören wird, sei „ein toller Erfolg für die Trierer Grünen“. Die 37-Jährige hatte lange zittern müssen. Wäre die AfD ins Parlament gekommen, hätte sie ihre politischen Ambitionen begraben können. So aber gelang ihr über die Landesliste der Sprung nach Berlin – und damit ein Novum: Erstmals seit Kriegsende wird der Wahlkreis in Berlin von vier Abgeordneten vertreten. Das bedeutet Zuwachs für die „Trierer Runde“, eine informelle Runde, zu der sich die Parlamentarier in unregelmäßigen Abständen treffen. Kaster wird sich künftig also mit drei Frauen zusammensetzen dürfen: Neben Rüffer Katrin Werner und Katarina Barley.

SPD froh über Barleys Einzug in den Bundestag

16vorwahlBarleyKatarina Barley kommt wenige Minuten vor 18 Uhr in „Café Balduin“, wo ihre Genossen feiern möchten. Doch schon nach der ersten Prognose ist klar: Viel zu feiern gibt es hier nicht. Die ersten machen sich auf zum Büffet, anderen ist der Appetit bereits vergangen. Das ernüchternde SPD-Ergebnis auf Bundesebene gibt auch für den Wahlkreis die Richtung vor: Nein, sagt Barley wenige Minuten später, das Direktmandat sei bei einem solchen Abstand von CDU und SPD im Bund nicht zu gewinnen. Die Juristin ist realistisch und macht sich keine Illusionen. Am Ende des Wahltages wird sie bei den Erststimmen immerhin die 31-Prozent-Marke überschritten und damit mehr als 5 Prozentpunkte zugelegt haben. Bemerkenswert für Barley: Obwohl sie aus dem Kreis stammt, gelang es ihr, den Abstand bei den Erststimmen vor allem im Stadtgebiet spürbar zu verringern. Lag Kaster 2009 noch 13,5 Prozentpunkte vor seinem Mitbewerber Manfred Nink, trennten den Unionsmann und die Sozialdemokratin jetzt „nur“ noch 10,2, während der Abstand im gesamten Wahlkreis bei 17,7 Prozentpunkten lag.

Bei der SPD ist man nun vor allem froh, dass Barley es nach Berlin geschafft hat. Alles anderes wäre für sie persönlich wie für die Partei ein Desaster gewesen. Schließlich wäre den Genossen ein hoffnungsvolles Talent verglüht. Nach dem erfolgreichen Scheitern bei der Landratswahl 2005 hätte sie nach einer neuerlichen Niederlage wohl wenig Lust verspürt, noch einmal in einen Wahlkampf zu ziehen. Nun wird die Grenzregion Trier mit Barley auch durch eine überzeugte Europäerin vertreten, deren beide Kinder Großeltern aus vier europäischen Staaten haben. „Mit meinem Erststimmenergebnis kann ich relativ zufrieden sein – aber eben nur im Vergleich zum Gesamtergebnis.
Mein Glückwunsch geht an Bernhard Kaster – und ich hoffe, dass wir im nächsten Bundestag die Region zu viert vertreten können“, so Barley gegenüber 16vor. Was das Ergebnis ihrer Partei auf Bundesebene anbelangt, so spart sie nicht mit Kritik am möglichen künftigen Koalitionspartner CDU: Deren Wahlkampfstil sei eine „Mischung aus Einlullen und Angst machen vor Rot-Rot-Grün“ gewesen; „es hat offenbar verfangen“. Kritik am Kanzlerkandidaten übt sie nicht: „Das wäre zu einfach“, es sei schlicht nicht gelungen, mit den eigenen Themen durchzudringen.

Dass es der Linken gelang, am Wahlabend als drittstärkste Partei ins Ziel zu kommen, hätten viele in und außerhalb der Partei ihr noch vor kurzem nicht zugetraut. „Hätte ich Ihnen das gesagt, hätten Sie mich doch für verrückt erklärt“, so Kreischefin Katrin Werner. Nun liegen die Linken vor den Grünen, auch wenn Werners Partei am Sonntag mehr verlor. In Trier gab man 3,3 Prozentpunkte ab, allerdings hat Werner ihr Ziel erreicht und wird dem Bundestag weitere vier Jahre angehören.

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