„Von massigen Diktatorengestalten lernen“

Als „brachialen Propagandaabend zu Gunsten der PARTEI“ kündigt Martin Sonneborn seinen Auftritt heute um 19 Uhr im Exhaus an. Der Satiriker und Spitzenkandidat der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative erklärt im Interview mit hunderttausend.de, was bei der Ankündigung der Veranstaltung alles schief lief und was er sich von den Rheinland-Pfälzer Politk abschauen möchte.

Logo von hunderttausend.dehunderttausend.de: Herr Sonneborn, Ihr Kollege Thomas Gsella hat in einem Interview gesagt „Die Jahre bei Titanic haben mich reich und schön gemacht.“ Trifft das auch auf Sie zu?

Martin Sonneborn: Ich bin weder so reich noch so schön wie Thomas Gsella. Ich bediene mich allerdings aus den Kassen der Partei, das ist in der Politik üblich. Dadurch kann ich ein Leben in verschwenderischer Pracht führen, trotz meines Scheißbilliganzuges von C&A.

Auf ihrem aktuellen Facebook-Bild zeigen sie eher sportlich und haben auch eine Schuldige für das vergangene UEFA Champions League-Finale ausgemacht?

Sonneborn: Ich dachte, es wäre einfach eine gute Gelegenheit, der furchtbaren FDP-Fregatte Birgit Homburger eins auszuwischen und die aggressiven Emotionen nach der Bayern-Niederlage zu kanalisieren. Reiner Populismus.

Der selbe Populismus, der sie dazu bewegt, zwei Facebook-Seiten zu führen?

Sonneborn: Es sind Kommunikationswege, über die man junge Leute erreichen kann, die außer SMS und WhatsApp nichts lesen. Die zweite Seite musste ich einrichten, da die Nachfrage sehr groß war und Facebook es nicht gestattet, mehr als 5.000 allerbeste Freunde zu haben. Für mich ist dieses Instrument sehr nützlich, sowohl im Wahlkampf als auch bei irgendwelchen sinnlosen Abstimmungen im Internet. Ich wurde zum Beispiel mit Georg Schramm zusammen zum Wulff-Nachfolger gewählt. Leider nur im Netz, die Politik hat dann nicht nachgezogen.

Kennen Sie denn ihre 5.000 besten Freunde persönlich?

Sonneborn: Nein, ich persönlich kenne überhaupt keine Freunde. Ich habe nur falsche Freunde, die sich da verlinken.

Ist das der Grund, weswegen sie kein Feedback zu den Kommentaren auf Ihren Seiten geben?

Sonneborn: Das ist eine einseitige Kommunikation. Was Steffen Seibert für das Merkel ist, das sind für mich diese Seiten. Nach der Machtübernahme wird dann alles über Facebook kommuniziert.

Die Partei setzt also auf das Web 2.0?

Sonneborn: Auf Web 2.0 bis 7.0, alles, was kommt. Alle denkbaren Kommunikationskanäle werden von uns besetzt. Immer fünf bis sieben Jahre vor Peter Altmaier, das ist unser Motto.

Widerspricht das nicht dem Motto „Inhalte überwinden“?

Sonneborn: Das ist natürlich jetzt ein wenig kontraproduktiv, aber wenn es unter uns bleibt: Im Netz gehören wir – Die Partei, Titanic, Spam, die Satirerubrik von Spiegel Online – ja zu den wenigen Urhebern qualitativ hochwertiger Inhalte. „Inhalte überwinden!“ ist eine politische Forderung, die wir aufgestellt haben, nachdem wir die sinnfreien SPD-Plakate im Berlinwahlkampf gesehen haben: Ein Bild von Wowereit, ohne Text. Diese Inhaltslosigkeit wurde in Nordrhein-Westfalen noch verstärkt, Stichwort „Currywurst“. Und da wir die modernste aller Parteien sind und moderne Turbopolitik pflegen, setzen wir uns sofort an die Spitze dieser Entwicklung und proklamieren ganz offen die Überwindung von Inhalten. Leider übertreffen uns derzeit die Piraten noch an Inhaltslosigkeit.

Welche Inhalte werden denn bei Ihrem Auftritt in Trier überwunden?

Sonneborn: Das wird ein brachialer Propagandaabend zu Gunsten der Partei. Wir müssen natürliche sämtliche Formen, mit denen wir arbeiten, für den Wahlkampf einsetzen. Wenn wir zum Beispiel einen satirischen Film für die heute-show im ZDF produzieren, ist der meist auch dazu geeignet, die Massen aufzupeitschen und Sympathien für die Partei zu erwecken.

Aber ich komme auch nach Rheinland-Pfalz um zu lernen. Es gibt bei Ihnen massige Diktatorengestalten: Kohl, Brüderle, Andrea Nahles. Die haben ähnlich wie ich, den absoluten Willen zur Macht, aber dieses massige Element, das fehlt mir noch. Ich will schauen ob ich in Trier hierzu Erkenntnisse gewinnen kann.

Laut offizieller Ankündigung sollen Sie aber auch aus ihrem Buch „Heimatkunde“ vortragen?

Sonneborn: Nein, das ist der Inhalt eines alten Ankündigungstextes, der überwunden werden muss. Vorzulesen ist mir zu langweilig geworden. Ich werde eine dreiviertel Stunde lang wild auf der Bühne herumschwadronieren. Da ich in den Elendsgebieten von Rheinland-Pfalz leseschwache Zuschauer erwarte, setze ich auch Bilder und Filme ein.

Aber nur 45 Minuten lang?

Sonneborn: Danach gibt es die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Ich habe das zwar noch nirgendwo vorher angekündigt, aber da die Menschen in Rheinland-Pfalz möglicherweise etwas länger brauchen, möchte ich das hier gerne tun: Sie dürfen drängende Fragen mitbringen. Wenn jemand etwas wissen möchte zum Thema Politik oder Wirtschaft oder gerne mal persönliche Probleme vor größerem Auditorium erörtert haben möchte, dann biete ich die Gelegenheit dazu. Ich bin schließlich Spitzenpolitiker, und so was haben sie selten in Trier. Wer das alles übersteht, bekommt danach zur Belohnung noch komische Filme serviert.

Gab es denn bei der Fragerunde auch Anliegen, die besonders in Erinnerung geblieben sind?

Sonneborn: Grundsätzlich sind Fragerunden immer wichtige Momente für mich, schließlich muss ich mit den einfachen Leuten in Kontakt bleiben. Oft kommen auch gute Anregungen aus diesen Dialogen. Bei einer Veranstaltung in Osnabrück zum Beispiel wurde eine Städtepartnerschaft zwischen dem niedersächsischen Hilter und dem sächsischen Adorf vorgeschlagen: die Adorf-Hilter-Städtepartnerschaft.

Dabei ist die Partei doch eher bekannt fürs Mauer bauen, denn für Städtepartnerschaften.

Sonneborn: Wenn Sie in Rheinland-Pfalz eine Mauer wollen, brauchen Sie das am Freitag nur zu sagen. Wir nehmen das gerne mit auf und trennen das Rheinland von der Pfalz.

Böse Zungen würden vermutlich eher eine Mauer Richtung Saarland fordern.

Sonneborn: Wenn wir eine demokratische Mehrheit dafür bekommen, dann kriegen sie auch eine Mauer zum Saarland. Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort.

Johannes Friedrich

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