Trier von Köln vorgeführt

Ganz schwacher Auftritt von Eintracht Trier im heimischen Moselstadion: Der Titelaspirant unterlag am Samstagnachmittag vor offiziell 1632 Zuschauern dem 1. FC Köln II sang- und klanglos mit 1:3 (1:1) Toren. Kölns Trainer Dirk Lottner konnte frohlocken. „Ich kann mich bei meiner Mannschaft nur für das schöne Geschenk bedanken“, sagte das rheinische Urgestein. Vor sechs Tagen hatte Lottner seinen 40. Geburtstag gefeiert. Kollege Roland Seitz hingegen war nach für ihn grausamen 90 Minuten restlos bedient. „Da fragt man sich schon, wie so etwas gehen kann“, äußerte Triers Trainer konsterniert, „dass wir nach der Führung völlig den Faden verlieren?“ Eine plausible Erklärung hatte er kurz nach Spielende noch nicht gefunden. „Nein, das ist einfach unverständlich und nicht nachvollziehbar.“

TRIER. Das passte zum gebrauchten Tag des Aufstiegsanwärters von der Mosel. Als Roland Seitz auf der Pressekonferenz in sein Mikrophon sprechen wollte, versagte die Technik. Auch das Mikrophon des Moderators schwieg beharrlich. Also half Dirk Lottner dem Trierer Kollegen aus. „Ja, das passt zu diesem Tag“, flüsterte Seitz dann doch noch über die Lautsprecher ins Publikum. Die Leistung seiner Mannschaft hatte ihm die Sprache verschlagen. Auch Kapitän Torge Hollmann wusste nicht so recht, wie er die erneute Blamage im eigenen Stadion erklären sollte. „Ich weiß wirklich nicht, wie das passiert ist. Wir fangen gut an und schenken das Spiel dann her.“ Thomas Kraus hingegen machte es kurz und bündig: „So gewinnt man überhaupt kein Spiel“, zürnte der Stürmer noch auf dem Platz. „Wir haben alle ohne Ausnahme versagt!“

Zum Tag passte aber auch, dass nach der Kölner Führung die Ressentiments zwischen den verschiedenen Trierer Fanlagern offen ausbrachen. In der Erfolgsphase des Vereins herrschte Burgfrieden, der jetzt anscheinend aufgehoben ist. Während die Ultras auf der Gegengeraden lautstark den Rücktritt des Vorstandes forderten, skandierten die Anhänger in der Ostkurve als Antwort darauf: „Ultras raus!“ Schon beim Sieg in Mainz konnten Handgreiflichkeiten zwischen den beiden Gruppen nur durch die Polizei unterbunden werden. So weit kam es diesmal nicht. Aber die Fans auf den Rängen zeigten ebenso wenig Eintracht untereinander wie die Spieler des SVE auf dem Platz. Ein gebrauchter Tag eben – in jeder Hinsicht.

Dabei hätte das Spiel für die Heimmannschaft kaum besser beginnen können. Seitz hielt sich gegen die in satter roter Farbe leuchtenden Rheinländer an seine Ankündigung von Freitag: keine Experimente nach dem Sieg in Mainz. Das galt auch für Wojciech Pollok. Obwohl sich der ehemalige Torschützenkönig der Regionalliga seit seinem Wechsel von Münster nach Trier nicht gerade als treffsicher ausgezeichnet hatte, vertraute sein Trainer auch heuer wieder auf ihn. Dass Pollok weiß, wo das Tor steht, bewies er schon in der vierten Minute. Wenigstens die Hälfte des frühen Führungstreffers für die Eintracht gehörte jedoch dem Kollegen Kraus. Er hatte sich geschickt auf der rechten Seite von seinem Bewacher Lukas Kübler gelöst. Der Pass in die Mitte war punktgenau: Pollok brauchte nur noch den Fuß hinzuhalten.

Köln war kalt erwischt worden, Lottners taktische Idee, den Gegner zunächst einmal bei eigener massiver Verteidigung kommen zu lassen, bereits frühzeitig Makulatur. Das aber störte die Jungspunde aus der Domstadt keineswegs. Denn nach der Trierer Führung spielte im Moselstadion nur noch eine Mannschaft: Lottners Rasselbande. Nicht der Eintracht gab das Tor Sicherheit, sondern Köln Aufwind. Robin Hömig setzte mit seinem Fernschuss die erste Duftmarke. Nur knapp strich das Spielgerät über die Latte (10.). „Wir waren urplötzlich viel zu weit weg von den Gegenspielern“, bemängelte Hollmann im Rückblick.

Der Trierer Kapitän meinte auch die Szene, als Sebastian Spinrath frei vor André Poggenborg auftauchte. Triers Schlussmann wäre der Ball beim schwachen Schuss des Kölners beinahe zwischen den Hosenträgern durchgerutscht (19.). Das Tor für Köln aber lag in der Luft, und es kam – wenn auch über Umwegen. Wieder hatte sich Hömig rechts gegen Fabian Zittlau durchgesetzt. Stefan Thelen setzte die Kugel an den Pfosten, aber Kacper Przybylko stand genau richtig. Kölns Stürmer jagte den Ball unhaltbar für Poggenborg aus zehn Metern zum Ausgleich unter die Latte (20.).

Nur Poggenborg hält Trier im Spiel

Von da an lief nichts mehr zusammen im Spiel des Aufstiegskandidaten von der Mosel. Köln beherrschte die Szene nach Belieben. Locker und lässig spielten die Rheinländer sich immer wieder durch die Reihen des jetzt komplett verunsicherten Gegners. Und hätte Poggenborg nicht einen wahren Glanztag erwischt, die Roten hätten schon zur Pause uneinholbar in Führung gelegen. Triers Torwart klärte gegen Hömig, gegen Przybylko, gegen Berkan Karadeniz, gegen Lukas Kübler. Stets war Poggenborg auf dem Posten. Das musste Lottner seinen Männern zum Vorwurf machen, dass sie das Spiel eben nicht frühzeitig für sich entschieden. So erlöste der Pfiff von Schiedsrichter Dr. Robert Kampka die Eintracht vor der Kölner Überlegenheit. Das 1:1-Unentschieden zum Seitenwechsel schmeichelte dem Titelaspiranten.

Folglich konnte es aus Trierer Sicht jetzt nur besser werden. Schließlich zählen im Meisterkampf einzig Siege. Wer in Mainz gewinnt, der muss den Auswärtserfolg auch mit einem Heimsieg vergolden – so er denn aufsteigen will. Das und nichts anderes wird Seitz seinen Männern in der Kabine gesagt haben. Denn so wie in der ersten Halbzeit würden diese Kölner nicht zu knacken sein. Das Bemühen nach Wiederanpfiff war erkennbar, was fehlte, waren die Ideen.

Fahrudin Kuduzovic fand im linken Mittelfeld keine Bindung zum Spiel, auf der zentralen Achse konnten Torge Hollmann und Daniel Bauer nicht für Akzente sorgen, und auf der rechten Seite wirkte Winter-Neuzugang Benjamin Pintol wie ein Fremdkörper. Das Fehlen von Spielmacher Alon Abelski, von Jeremy Karikari und auch Thomas Drescher machte sich eklatant bemerkbar, auch wenn Hollmann einschränkte: „Wir sind ja gar nicht in die Situationen gekommen, um überhaupt Ideen haben zu können.“

Trier konnte sich einerseits bei Poggenborg, andererseits aber auch beim Gegner bedanken, dass es mit dem 1:1-Unentschieden weiter alle Möglichkeiten auf den zweiten Sieg in Folge hatte. Weil Köln geradezu fahrlässig mit seinen erstklassigen Chancen umging, blieb die Eintracht im Spiel. Wie in der 54. Minute, als Hömig das Kunststück fertig brachte, den Ball mit dem Außenrist nach mustergültigen Pass von Przybylko am leeren Tor vorbei zu legen. Seitz brachte Holger Knartz für Kuduzovic, der schwache Pintol hingegen durfte bleiben. Doch bevor sich Knartz richtig auf der linken Seite vor Zittlau akklimatisieren konnte, unterlief dem jener Lapsus, der dann doch zum zweiten Kölner Treffer führen sollte.

Zittlau holte Alexander Vaaßen am Strafraumeck elfmeterreif von den Beinen. Schiedsrichter Kampka zögerte keinen Augenblick: Strafstoß für die Rheinländer und Gelb für Zittlau. Stefan Schwellenbach verwandelte sicher gegen Poggenborg (63.). Der zweite Kölner Treffer gab die Machtverhältnisse auf dem Platz jetzt auch in nackten Zahlen wider. Seitz zog mit Ahmet Kulabas für Pollok (66.) und Chhunly Pagenburg für Pintol (73.) seine letzten Optionen. Wenigstens den Ausgleich wollte Triers Trainer gegen die starken Kölner noch erreichen. Doch außer einem Weitschuss von Bauer kam offensiv kaum etwas vom Titelaspiranten (70.).

Als Jonas Hector dann auch noch in der 88. Minute den Ball nach Kopfstoß von Oliver Stang auf der Linie klärte, war klar, dass hier nicht mehr zu holen war für Eintracht Trier. Im Gegenteil: Kölns Konter in der Nachspielzeit führte zum dritten Treffer für die Rheinländer. Przybylko bediente den eingewechselten Dennis Schulte, der den verdienten Sieg für Lottners Elf perfekt machte (90.+1).

Kölns Trainer war rundherum zufrieden. „Ich habe meine Mannschaft in der laufenden Saison selten so gut gesehen, wie nach dem Trierer Führungstreffer.“ Hollmann hingegen wollte von einem Vierkampf um den Aufstieg rein gar nichts mehr wissen. „Das ist doch alles Blödsinn“, sagte Triers Kapitän. „Bei dem Rückstand brauchen wir nicht daran zu denken. Wir wollten heute unser Heimspiel gewinnen, aber noch nicht einmal das ist uns gelungen.“

Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Herzig, Zittlau – Hollmann – Pintol (ab 73. Pagenburg), Bauer, Kuduzovic (ab 57. Knartz) – Kraus, Pollok (ab 66. Kulabas).

1. FC Köln II: Bacher – Vaaßen (ab 82. Schwarz), Spinrath, Schwellenbach, Pezzoni – Hector, Hömig (ab 79. Radojewski), Karadeniz (ab 77. Schulte), Thelen, Kübler – Przybylko.

Tore: 1:0 Pollok (4.), 1:1 Przybylko (20.), 1:2 Schwellenbach (62./FE), 1:3 Schulte (90.+1)

Schiedsrichter: Dr. Robert Kampka (Mainz)

Zuschauer: 1632

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.