„Tiefpunkt der Saison“

Jetzt wird es doch noch einmal richtig eng für die TBB. Den Trierern geht ausgerechnet in der Schlussphase der Saison die Puste aus. Für Henrik Rödl war die deutliche Niederlage am frühen Sonntagabend gegen die Fraport Skyliners Frankfurt an sich schon bitter genug. Wie sie allerdings zustande gekommen war, kann dem Trierer Trainer nur Kopfschmerzen bereiten. Seine Mannschaft hatte beim 52:72 (31:39) gegen die Hessen vor allem in der zweiten Halbzeit nichts zuzusetzen. Nicht umsonst sprach Rödl hernach vom „Tiefpunkt der Saison.“ Die große Mehrheit der 2876 Zuschauer in der Arena wandte sich schon frühzeitig entsetzt ab. Denn so steht der Klassenerhalt plötzlich wieder in Frage. Rödl gab zwar das Versprechen ab, „dass wir uns in Ulm zerreißen werden“. Doch auch er geht jetzt von einem heißen Saisonfinale am letzten Spieltag gegen Göttingen aus. „Darauf deutet wohl alles hin.“

TRIER. Es gibt Momente, da ist der Kopf einfach leer. Maik Zirbes hat in dieser Spielzeit viele gute, ja, sehr gute Spiele für die TBB gemacht. Er ist der Aufsteiger der Saison, gerade eben erst von der Liga als bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Ferner würdigte die BBL auch seine herausragende Entwicklung. Das schien für den jungen Trierer Center gegen Frankfurt aber mehr Last als Lust zu sein. Zirbes wirkte verkrampft, fahrig, nicht wirklich bei der Sache. Dass er sich unmittelbar nach der Schlusssirene dennoch den Fragen stellte, spricht für seinen tadellosen Charakter. Viel mehr aber, als immer wieder „Scheiße, einfach nur scheiße“, brachte er allerdings nicht heraus. Der Kopf war leer – einfach total leer. „Ich glaube nicht, dass die Auszeichnung Maik gelähmt hat“, sagte Rödl. „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.“

Rödl nahm seinen Spieler väterlich in Schutz. Deutliche Worte fand er dennoch. „Maik hat heute kein gutes Spiel gemacht“, sagte er. „Aber das sind alles gute Jungs, die ich hier habe. Wir hatten heute einfach nicht die Qualität auf dem Feld, die Frankfurt hatte.“ Ein Satz mit Wirkung, den Triers Trainer da aussprach. Zumal er noch ergänzte: „Davidson und McKinney sind Spieler, die ja nicht umsonst in Frankfurt spielen – und eben nicht in Trier.“ Rödl ist vom Konzept des Vereins, junge deutsche Spieler an die BBL heranzuführen, überzeugt. Aber das geht nicht von einer Saison auf die andere. Nicht von ungefähr sparte er sich die Antwort auf die Frage, welche Konsequenzen er für die neue Saison – sollte der Klassenerhalt gelingen – aus der alten ziehen wolle.

Denn dann hätte er vielleicht auch die Fehler im Management ansprechen müssen. Etwa den, einen Barry Stewart, der gerne in Trier geblieben wäre, nach Gießen ziehen zu lassen. Der Amerikaner schoss seinen alten Verein jüngst quasi im Alleingang ab. Oder auch, dass Rödl über die komplette Spielzeit hinweg improvisieren muss, weil ihm die Tiefe auf der Bank fehlt, die im modernen Basketball überlebenswichtig ist. Dabei hatte er schon weit vor der Saison eindringlich darauf hingewiesen, dass die Liga stärker geworden sei. Fällt dann auch noch ein erfahrener Spieler wie John Bynum aus, kommen die anderen ferner nicht an ihre Leistungsgrenze, hat Rödl ein Problem, das er nicht lösen kann.

Wie stark die Liga inzwischen ist, musste die TBB gegen die Skyliners einmal mehr schmerzlich erfahren. Die Mannschaft von Muli Katzurin war gegenüber der 54:64-Heimniederlage von November gegen Trier nicht wiederzuerkennen. Weil Frankfurt über Tim Ohlbrecht und Jermareo Davidson den Raum unter dem eigenen Korb beherrschte, musste sich die TBB andere Wege zum Erfolg suchen. Philip Zwiener, Nate Linhart und Dru Joyce mühten sich zwar, doch wirklich produktiv war auch das nicht. Die Hessen hatten ihr probates Mittel, die in der ersten Halbzeit ebenfalls starke Trierer Defensive zu knacken. Immer wieder traten sie aus der Distanz an. Drei von fünf Versuchen funktionierten allein im ersten Viertel. Dennoch lag Trier nach zehn Minuten mit zwei Punkten (15:13) in Führung, weil sich vor allem Zwiener (vier Punkte) und Joyce (sechs Zähler) kaum Fehler bei ihren Wurfversuchen leisteten.

Als Frankfurt dann durch Dreier von Jacob Burtschi und Michael Thompson den Spieß umdrehte, änderte Rödl die Taktik. Triers Trainer brachte Samy Picard, hielt zugleich mit Dragan Dojcin seinen zweiten Distanzspezialisten auf dem Feld. Die Umstellung zeitigte kurzfristig Erfolg. Picard traf, Dojcin traf. Zwei Versuche, zwei Dreier. Die TBB holte sich die Führung für Sekunden zurück. Das aber konnte die übrigen Fehler nicht in Gänze ausbügeln. Die Hessen spielten ihr System konzentriert und konsequent durch, während Trier sich zu viele individuelle Nachlässigkeiten gönnte. „Unsere Verteidigung hat den Unterschied gemacht“ sagte Katzurin. Die Schwäche des Gegners unterschlug der Israeli als guter Gast.

Schwere Beine, leerer Kopf

Hinzu kam aber auch, dass Rödl mit Bynum einen wichtigen Pfeiler in der Verteidigung ersetzen musste. Der US-Amerikaner hatte sich in Gießen eine schwere Knieprellung zugezogen. Bynum saß zwar auf der Bank, aber nur in Jeans und schwarzem Hemd. So fehlte Rödl neben dem Defensivspezialisten auch noch ein wichtiger Faktor in der ohnehin beschränkten Rotation. Ein Umstand, der Trier das Leben gegen aufgeweckte Hessen nicht gerade leichter machte. Frankfurt aber startete seinen Lauf. Der war von der TBB nicht stoppen. Die Hessen sammelten binnen kurzer Zeit 13:3 Punkte und lagen so zur Pause mit acht Zählern (31:39) in Front.

Zirbes hing durch. Linhart fand nicht zu gewohnter Stärke. Die Fehlerquote von Joyce war schlicht zu hoch. Zwiener musste doppelt arbeiten; das ist selbst für einen Nationalspieler zu viel Bürde. Dahinter aber fehlt Rödl das Potenzial in der Tiefe, um dann schonungslos umstellen zu können – taktisch wie personell. Hinzu kam die Enttäuschung über die eigene Hilf- und Machtlosigkeit. Wie bei Zwiener, der sich Mitte des dritten Viertels zu seinem persönlichen auch noch ein technisches Foul abholte. Da aber war bei zehn Zählern Rückstand schon offensichtlich, dass Frankfurt das Spiel nicht mehr aus der Hand geben würde. Weniger aufgrund der nach wie vor geringen Punkte-Differenz, als vielmehr wegen des Gesamtbildes, das beide Mannschaften vermittelten. Die fünfte Niederlage in Folge für die TBB war nur noch Formsache.

Bei Trier wurden die Beine immer schwerer, weil schließlich auch der Kopf streikte. Die Skyliners hingegen spielten sich mit Lockerheit und Witz auch durch den Schlussabschnitt. Hier noch ein Schmankerl von Davidson für die Galerie, dort noch ein Ausrufezeichen von McKinney und Thompson. Katzurin konnte sich entspannt zurücklehnen. Rödl aber ging an der Seitenlinie tief in die Hocke. Welche Gedanken da durch seinen Kopf gingen, wollte er später nicht preisgeben. Schwer zu erraten ist das aber nicht. Beim Tabellenzweiten in Ulm wird kaum etwas zu holen sein. Also Göttingen. Auf das Spiel wird er sein geistiges Auge bereits fokussiert haben.

Dass Katzurin hernach die Arbeit des Kollegen über den grünen Klee lobte, war für Rödl nur ein schwacher Trost. Zwei Punkte wären ihm allemal lieber gewesen. Schließlich weiß auch er, dass die Basis für sein Konzept der Verbleib in der Bundesliga ist. Ohne den führt der Trierer Weg ins Nirgendwo. Unvorstellbar für den Kämpfer Rödl, der schon als Spieler auch die letzte Energie aus sich herauspressen konnte. „Ich kann versprechen, dass wir alles dafür tun werden, die Klasse zu halten“, sagte er noch. Mehr kann er nicht tun. Der Rest liegt dann bei seinen Spielern.

TBB Trier: Linhart (8), Joyce (11), Saibou, Zwiener (5), Dojcin (5), Faßler, Seiferth (4), Washington (9), Picard (3), Zirbes (7), Dietz.

Fraport Skyliners Frankfurt: Thompson (8), Herber, Davidson (19), Theilig, Franke, Nolte (2), McKinney (18), Barthel, Robertson (7), Ohlbrecht (2), Burtschi (14), Gibson (2).

Viertelstände: 15:13; 31:39; 38:51; 52:72

Zuschauer: 2876

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