„Sie kennt Trier!“

ZockSchröerKleinSie kam, sprach und verzückte die CDU: Hiltrud Zock ist nun auch offiziell Kandidatin der Union für das Amt des Trierer Oberbürgermeisters. In ihrer Rede empfahl sie sich am Freitagabend als erfahrene Motivatorin mit ausgeprägtem Heimatgefühl. Die Herausforderung, sich um das höchste Amt der Stadt zu bewerben, schreckt die 51-Jährige erkennbar wenig, und auch das Thema Verwaltungserfahrung ging sie offen an. Dass der wiedergewählte Kreischef Kaster Dietrich Bonhoeffer bemühte und auch Alt-OB Helmut Schröer Partei für die Frau ohne Parteibuch ergriff, hätte es da beinahe nicht mehr bedurft. Zock kam an bei den Christdemokraten, entsprechend selbstbewusst sehen diese nun dem Trierer „Superwahljahr“ 2014 entgegen.

TRIER. Seit seinem Ausscheiden aus dem Amt hat sich Helmut Schröer nicht mehr zu kommunalpolitischen Themen geäußert – zumindest nicht öffentlich. Am vergangenen Freitag jedoch tritt der Ex-OB ans Rednerpult und wirbt für die Frau, von der sich die Trierer CDU erhofft, was sie keinem ihrer Mitglieder zutraut – dass sie den Chefsessel im Rathaus zurückerobert. Hiltrud Zock soll dafür sorgen, dass die Amtszeit Klaus Jensens nur ein achtjähriges sozialdemokratisches Intermezzo war.

Bevor sie sich den Mitgliedern der CDU vorstellt, erläutert Bernhard Kaster seinen Parteifreunden die Beweggründe, Hiltrud Zock die Kandidatur anzutragen. „Keine leichte Aufgabe“ sei die Bewerbersuche gewesen, erklärt er, „auch vor dem Hintergrund der Bedeutung, die dieses Amt für die Stadt und darüber hinaus hat“. Im Kern sei es ihm und Fraktionschef Dr. Ulrich Dempfle um die Frage gegangen: „Wollen wir in der CDU, aus der CDU und für die CDU einen Vorschlag machen, mit dem wir uns 100 Prozent wohlfühlen, oder wollen wir ein Angebot an alle Trierer machen?“ Man habe sich für letzteres entschieden, für „eine Person, die auf unserem Wertefundament steht, und die auch die Chance hat, die notwendigen 50 Prozent + X in Trier zu gewinnen“. Kaster weiß, dass die Kandidatur der politischen Seiteneinsteigerin nicht ohne Risiko ist, aber er halte es da mit dem Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer: „Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen“, hat dieser einmal gesagt.

Trier sei „nicht irgendeine Stadt mit 100.000 Einwohnern, die über Jahre nur so dahin verwaltet werden kann“, attackiert Kaster nun Amtsinhaber Jensen und den Stadtvorstand, ohne diese beim Namen zu nennen. Er erinnert an die letzten Stadtchefs, die der CDU angehörten: an  Dr. Carl-Ludwig Wagner, Felix Zimmermann und Helmut Schröer: „Die Kassen in unserer Stadt waren immer leer, aber auch in diesen Zeiten hat unsere Stadt Ausstrahlung entwickelt.“ Hieran soll Zock, so sie denn zur Oberbürgermeisterin gewählt werden sollte, nach dem Willen der CDU anknüpfen: „Sie ist nicht im üblichen Polit- und Verwaltungsvokabular zu Hause“, so Kaster, aber „wir schlagen Ihnen eine echte Trierer Kandidatin vor, die in vielen ehrenamtlichen Bereichen engagiert ist und die in diesem Engagement sehr wohl auch politisch unterwegs war“.

CDUAlbrechtKasterDempfleDass die Parteianhänger Kasters Auftritt mit rhythmischem Applaus quittierten, dürfte Zock ein wenig von ihrer Anspannung genommen haben. „Wie ein Hund“ sei sie aufgeregt, hatte sie die Pressevertreter gleich zu Beginn des Parteitags wissen lassen. Wenn dem so war, dann wusste die Unternehmerin ihre Aufregung allerdings gut zu verbergen. Denn kaum ist sie am Rednerpult angelangt, legt sie einen ebenso selbstbewussten wie souveränen Auftritt hin. „Es geht wirklich um das schönste Amt, das in und für unsere Stadt zu vergeben ist“, startet Zock mit einer Art Charme-Offensive, „es war und ist für mich eine ganz ganz große Ehre, dass Sie mit dieser Frage an mich gekommen sind“, erklärt sie an die Adresse Kasters und Dempfles gerichtet.

Sodann geht Zock daran, ihre Stärken auszuspielen. Dass sie Menschen für Ideen begeistern kann, attestieren ihr ja auch jene, die von ihrer OB-Kandidatur herzlich wenig halten und ihr das Amt schlicht nicht zutrauen. „Zuerst heißt es für mich gestalten, dann verwalten“, erklärt die 51-Jährige. Sie teilt denn auch nicht die häufig geäußerte Ansicht, ein OB könne angesichts der desaströsen Haushaltslage der Stadt lediglich „Mangelverwaltung“ betreiben: „das stimmt nicht, mir fällt bestimmt was ein“. Eher selten greift Zock konkrete kommunalpolitische Themen der jüngeren Vergangenheit auf. Etwa die pauschale Einsparvorgabe der Stadt an die freien Träger der Jugend- und Sozialarbeit. Dieses Ansinnen hatte vor einem Jahr für heftigen Wirbel gesorgt (wir berichteten), der Protest gegen das Vorhaben zeigte aber zwischenzeitlich Erfolg. „Es ist für mich keine Lösung, wenn es heißt, fünf Prozent müssten pauschal gespart werden. Es muss immer eine Relevanzprüfung mit den betroffenen Trägern geben.“

Zock empfiehlt sich den Christdemokratin als eine Frau, die Menschen zusammenbringen kann. Sie verweist auf die kürzlich zu Ende gegangene „Elephant Parade“ und „Trier spielt“.  Bei letzterem sei es „zu Höchstzeiten gelungen, dass sich 120 unserer Vereine aktiv beteiligten“. Zusammen hätten sie „das repräsentiert, was unsere Stadt ausmacht“. Außer in Vereinen finde „Gemeinschaft in den Ortsteilen statt. Unsere Stadt ist die Summe unserer 19 Stadtteile“, so Zock; sie benötige auf ihrem Weg nachhause „auf den letzten 300 Metern 10 bis 15 Minuten“, weil sie immer wieder mit ihren Nachbarn ins Gespräch komme. „Glauben Sie mir eines: Es ist wichtig, dass ein Oberbürgermeister seine Stadtteile kennt. So muss das nicht nur im Wahlkampf sein, sondern auch in den gesamten acht Jahren“.

Das kommt gut an bei ihren Zuhörern, wie auch der Versuch, Zweifel an ihrer Eignung für das OB-Amt zu zerstreuen. „Kann die denn überhaupt Verwaltung?“, wiederholt Zock die von Kritikern aufgeworfene Frage, um dann eine Geschichte zu erzählen, die man so oder so ähnlich in den nächsten Monaten wohl noch häufiger von ihr hören wird: Helmut Schröer sei einmal auf sie zugekommen und habe gesagt: 2004 hat Trier Geburtstag und wird 2020 Jahre alt; die Stadt will feiern, hat aber kein Geld“. Sie habe dann acht städtische Ämter zusammengebracht und erreicht, dass auf der Römerbrücke ein Tanzfestival stattfinden konnte. „Es hat geklappt“, so Zock, seither wisse sie, „dass im Rathaus sehr viele, sehr gute und sehr kompetente Mitarbeiter arbeiten“. Auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrung komme sie mit Blick auf das OB-Amt zu dem Schluss: „Ja, ich traue es mir zu.“ Aber „jetzt geht es um ihr ‚Ja‘. Im Moment stehe ich hier ja nur als Vorschlag auf zwei Beinen“, schließt Zock ihre Rede.

ZockRundeKleinLang anhaltende Ovationen machen deutlich, dass Zock mögliche Skeptiker im Konferenzsaal der Europäischen Rechtsakademie überzeugt hat – und ihre Anhänger einmal mehr überzeugt von ihr sind. Zu letzteren zählt Helmut Schröer, der nun den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht, für die Unternehmerin zu werben: „Sie kennt sich in Trier aus, sie ist eine Bürgerin, nicht nur eine Einwohnerin“, attestierte ihr der Alt-OB. „Ich finde es bemerkenswert, dass eine Frau aus der Wirtschaft kommt“, erklärte Schröer weiter. Das sei ein „ungewöhnlicher Weg, aber auch eine gute Chance für unsere Stadt“. Zock habe zudem bewiesen, „dass sie mit Menschen umgehen kann“, und „sie kann Verwaltung“, attestiert ihr der langjährige Verwaltungschef. Und überhaupt: Man müsse in der öffentlichen Diskussion bisweilen den Eindruck gewinnen, das Rathaus sei „ein völlig unregierbares Monstrum“. Dem sei nicht so, ein OB könne schließlich auf viele gute Mitarbeiter bauen. Mag sein, doch auch Wohlmeinende, die das Innenleben einer Behörde aus eigener Anschauung kennen, prophezeien der Unternehmerin eine Art „Kulturschock“; die Strukturen und Abläufe einer Verwaltung seien nun einmal nicht vergleichbar mit denen der Privatwirtschaft.

Im Wahlkampf kann Zock in jedem Fall auf Peter Terges bauen. Als der Olewiger Winzer zum Mikrofon eilt, geht ein kurzes aber vernehmbares Raunen durch die Reihen. Als der erklärte Bernarding-Freund dann aber mit Verve dafür plädiert, absolut geschlossen die Kandidatin zu unterstützen und Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, erhält er großen Beifall; auch wenn Terges‘ Erwartung, Zock werde nach ihrer Rede „mindestens 99 Prozent“ Zustimmung erhalten, nicht eintreten wird.

Denn von bei solchen Anlässen schon mal gerne vergebenen Traumergebnissen von 100 Prozent minus ganz wenig X ist das Resultat dann doch etwas entfernt. Knapp 92 Prozent Zustimmung erhält Zock, 113 Ja- bei fünf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen – es ist das, was man wohl ein „ehrliches Ergebnis“ nennen kann. Am Ende des Tage wird es ohnehin darauf angekommen, ob die Bewerberin bei der OB-Wahl im kommenden Jahr die 50 Prozent plus X schafft. Dass die Politik-Novizin auch Wahlkampf kann, hat sie am Freitagabend eindrucksvoll bewiesen. In der Union wittert man jedenfalls Morgenluft und sieht sich bestens gewappnet für das „Superwahljahr 2014“, in dem vor dem OB noch Stadtrat und Ortsbeiräte gewählt werden.

Ein wenig überraschend ist, dass der vor zwei Monaten triumphal als Bundestagsabgeordneter bestätigte Bernhard Kaster bei seiner Wiederwahl nicht noch ein besseres Ergebnis erzielt: 90,65 Prozent Zustimmung – das spiegelt nicht ganz die unangefochtene Stellung wider, die der 56-Jährige innerhalb seiner Partei genießt. Unter Kasters Stellvertretern erzielt Udo Köhler mit 93 Prozent Ja-Stimmen das beste Resultat, gefolgt von Dirk Louy (knapp 85 Prozent) und Dr. Elisabeth Tressel mit 80,80 Prozent. Einzig Schatzmeister Michael Witzel erzielt ein 99-Prozent-Ergebnis.

Dabei überbringt Witzel dem Parteitag auch eine schlechte Nachricht und dämpft so für einen kurzen Moment die Euphorie: Durchschnittlich rund 80 Mitglieder verlor der Kreisverband in den vergangenen Jahren jährlich. Inzwischen ist die 1000er-Marke unterschritten, gab es in Trier Ende 2012 noch 985 Menschen mit CDU-Parteibuch. Zwar hat sich diese Zahl laut Witzel mittlerweile stabilisiert, doch gemessen an 2002 hätte die Trierer Union damit fast 30 Prozent ihrer Mitglieder verloren.

Extra: Zu Beisitzern im CDU-Kreisvorstand wurden Jutta Albrecht, Philipp Bett, Petra Block, Dr. Bernd Kettern, Dr. Harald Michels, Dr. Maximilian Monzel, Matthias Struht, Charlotte Thul, Christoph Lentes und Thorsten Wollscheid gewählt.

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