Schwerer Einbruch nach der Pause

Gegen Würzburg sollte er vorzeitig klar gemacht werden, doch daraus wurde nichts. Die TBB Trier muss nach der klaren 61:75-Heimniederlage gegen die Baskets aus Mainfranken weiter auf die endgültige Sicherung des Klassenerhaltes warten. Elf Siege genügen in der Regel, Trier hat zehn. „Natürlich sind wir enttäuscht“, sagte Henrik Rödl. „Der Sieg für Würzburg geht aber in Ordnung, weil wir uns nach der Pause das Leben selbst schwer gemacht haben.“ Da kam der Einbruch, der den meisten der 3223 Zuschauern in der Arena die Stimmung verhagelte. Würzburg aber machte mit einer starken zweiten Halbzeit nicht nur den Sieg klar, sondern auch die Teilnahme an der Meisterrunde. Ein großer Erfolg für den von John Patrick trainierten Aufsteiger. Der war natürlich zufrieden. „Der Erfolg war hart umkämpft, aber unser Selbstbewusstsein hat letztlich den Ausschlag gegeben.“

TRIER. Die angestaute Wut entlud sich in einem einzigen Auftritt. Fünf Minuten vor der Schlusssirene schnappte sich Nate Linhart den Ball, räumte Freund und Feind beiseite und knallte die Kugel mit einem Dunking durch den Ring. So wollte er das, so hatte er das geplant. Das Gesicht des US-Amerikaners war verzerrt, als er auf dem Boden aufkam. Das Spiel war längst entschieden. Triers Bester aber brauchte die Demonstration der eigenen Stärke. Nichts hatte gepasst nach der Pause. Das hatte den Amerikaner so zornig gemacht. Im Jubel des Publikums fand er Bestätigung. Mehr wollte er nicht. Ein kleines Stück Genugtuung.

Andreas Seiferth konnte den emotionalen Ausbruch des Kollegen gut nachvollziehen. „Wir sind schon enttäuscht, Nate wohl besonders, weil er wieder ein sehr gutes Spiel gemacht hat.“ Eine Erklärung für den Einbruch nach der Pause hatte aber auch Triers Center nicht. „Wir sind einfach nicht gut aus der Kabine gekommen und waren dann viel zu ideenlos im Offensivspiel.“ Sein Trainer führte die deutliche Leistungssteigerung des Gegners als Grund für die eigene Schwäche an. „Die Würzburger haben uns einfach den Riegel vorgeschoben. Wir haben viel investiert, ohne uns selbst zu belohnen.“

Von Anfang an war Musik drin: Feuer unter dem Arena-Dach. Stimmgewaltig auch die beiden Blöcke: hier die Grün-Weißen, dort die Dunkelroten aus Mainfranken. Mit der knisternden Atmosphäre kamen die Würzburger zunächst besser zurecht. Trier war nervös. So nervös, dass selbst die einfachen Würfe misslangen. Dru Joyce, James Washington, der Kapitän Dragan Dojcin in der Startformation ersetzte, Maik Zirbes und auch Philip Zwiener scheiterten. Die Baskets machten es auf der Gegenseite kaum besser, weil auch sie mit der Hektik im Spiel zu kämpfen hatten. „Unsere erste Halbzeit war gut“, so Rödl, „aber auch da haben wir schon zu viele Chancen liegen gelassen.“

Nach mehr als fünf Minuten die ersten Punkte: Zwiener traf von der Freiwurflinie. Da hatte Würzburg schon sechs Zähler auf dem Konto. Warum dem Aufsteiger aus Mainfranken auf Anhieb der Sprung in die Meisterrunde gelang, wurde deutlich. Patricks Mannschaft spielt ein ungeheuer aggressives Basketball, schnell zudem, ohne die ganz hohe Perfektion zwar, dafür aber mit enorm viel Leidenschaft. Damit trafen – wie schon im Hinspiel – zwei Reihen aufeinander, die beide von ihrer körperlichen Dynamik leben. Heraus kam ein offener Schlagabtausch, ohne große taktische Zwänge. Das machte aus dem Duell ein attraktives Spiel – trotz hoher Fehlerquote.

Die Einzigen, die dem Niveau beider Mannschaften nicht folgen konnten, waren die Schiedsrichter. Deren Fehlern standen die Spieler beider Seiten machtlos gegenüber. Sie waren es auch, die Würzburg zwei Punkte Vorsprung (13:15) nach zehn Minuten bescherten. Das Viertel war längst vorbei, als Chester Frazier nach angeblichem Foul von Washington noch drei Freiwürfe (Distanzversuch) zugesprochen bekam. Aber auch die Mainfranken litten unter den vielen Fehlentscheidungen der Unparteiischen. Von daher glichen sich die Ungerechtigkeiten aus. Überfordert scheinen viele Männer mit der Pfeife von der Schnelligkeit in der BBL dennoch zu sein.

Nur gut, dass die TBB sich davon nicht beeindrucken ließ. Rödls Spieler kämpften sich mit unglaublich viel Herz über den Ausgleich zum 15:15 durch Seiferth sukzessive in Front. Linhart lieferte wieder einmal ein großes Spiel ab. Zwei Punkte plus Freiwurf, Dreier zum 21:15; der US-Amerikaner (elf Punkte nach 20 Minuten) war überall und nicht zu fassen für Würzburg. Bis auf 26:17 schraubte die TBB den Vorsprung, ehe vor allem Oskar Faßler zu viele leichte Fehler in den Zuspielen unterliefen. Der Berliner ist immer noch nicht aus jenem Tief heraus, das ihn schon die ganze Saison über verfolgt. Der Aufsteiger aber nutzte die Steilvorlagen konsequent. Zur Pause hatten sich die Baskets auf 31:28 heran gearbeitet.

Würzburg reichen vier Minuten zur Entscheidung

Auch nach dem Seitenwechsel blieb es ein rassiges Duell, kurzweilig, schnell und mit hohem Unterhaltungswert für die Zuschauer. Würzburgs Spiel, das Patrick den Mainfranken verordnet hat, ist nicht immer schön anzusehen. Dafür aber von hohem Körpereinsatz und großer Dynamik geprägt. Die Athletik bestimmt die Taktik, nicht umgekehrt. Also bearbeiteten sie sich hüben wie drüben mit Haken und Ösen. Wer nicht schnell genug war, bekam auf die Finger geklopft. „Vielleicht waren wir doch etwas zu zaghaft“, räumte Seiferth ein. „Vielleicht hätten wir noch etwas mehr dagegen halten müssen.“

Die Aggressivität des Gegners zeigte Wirkung bei Trier. Die Aktionen wurden ungenauer, die Tempogegenstöße funktionierten nicht mehr. Sechs Punkte in acht Minuten reichten nicht aus, um die Würzburger weiterhin zu deckeln. Die spielten nämlich jetzt wie entfesselt auf. Ausgleich zum 37:37 – und dann ging es Schlag auf Schlag, Korb um Korb, Punkt um Punkt. Die Baskets zogen unaufhaltsam davon, weil bei den Trierern die Kräfte zu schwinden schienen. Sie mussten dem körperbetonten Spiel weitaus mehr Tribut zollen als der Gegner. Lässt die Kraft nach, verflüchtigt sich die Konzentration. Innerhalb von knapp vier Minuten gab die TBB das Spiel aus der Hand. Das Ergebnis stand weiß auf schwarz an der großen Anzeigetafel. 53:41 für Würzburg. Der Aufsteiger war auf der Siegerstraße.

Rödl wollte die Kraftfrage nicht als Ursache, schon gar nicht als Entschuldigung gelten lassen. „Nein, das kann ich so nicht stehen lassen“, sagte der Hesse. „Wir hatten Kraft. Die müssen wir ja auch haben bei drei Spielen innerhalb einer Woche.“ Seine Mannschaft habe sich verkrampft. „Und Würzburg wurde immer lockerer. Darin lag für mich der entscheidende Unterschied.“

Daran aber änderte auch der Wille nichts, den Rödls Mannschaft im Schlussabschnitt in die Waagschale warf. Der alleine macht schließlich keine Punkte. Ausschlaggebend war auch, dass vor allem Maik Zirbes nie richtig auf dem Parkett ankam. Triers Center erwischte einen gebrauchten Tag. Angesichts seiner Jugend und der in der laufenden Saison schon erbrachten Leistung nur allzu menschlich. Weil Seiferth den Kollegen diesmal eben nicht ersetzen konnte, krankte das Spiel der TBB mit zunehmender Dauer. Würzburg profitierte davon. Seiferth war selbstkritisch genug, das auszusprechen. „Wir hatten unsere Probleme unter dem Korb, ja. Leider haben wir aber auch von außen nicht getroffen.“

19 Punkte Vorsprung Mitte des letzten Viertels waren ein beruhigender Vorsprung für die Mainfranken, den sie sich auch nicht mehr nehmen ließen. Würzburg spielte die Führung locker über Zeit. Ein Dreier noch von Ricky Harris, eine große Zaubereinlage von John Little: Patricks Spieler genossen die Schlussminuten vor dem Jubel ihrer mitgereisten Anhänger sichtlich. Trier blieb nur die Hoffnung, bereits am Mittwoch in Gießen zwei gute Halbzeiten zu spielen. „Wir fahren dahin, um zu gewinnen“, machte Seiferth sich und den Kollegen Mut. „Dann ist der Klassenerhalt klar.“ Vielleicht wieder mit einem Dunk von Linhart als emotionales Ausrufezeichen. Dann allerdings motiviert aus reiner Freude.

TBB Trier: Linhart (17), Joyce (14), Saibou (3), Zwiener (9), Dojcin (2), Faßler, Seiferth (6), Washington (3), Picard, Zirbes (3), Bynum (4).

s.Oliver Baskets Würzburg: Harris (5), King (9), Jacobson (11), Frazier (6), Kleber (2), Boone (12), Henneberger, Kramer (13), Tomaszek, Clay, Bucknor (8), Little (9).

Viertelstände: 13:15; 31:28; 41:53; 61:75

Zuschauer: 3223

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