Plädoyer für die Aufklärung

Greis, Hans: Tillmanns Reise. Ein historischer Roman. Wissenschaftlichen Verlag Trier (WVT). 2012Hans Greis hat vor mittlerweile einem Jahr einen umfangreichen historischen Roman vorgelegt: „Tillmanns Reise“. Das Buch spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Schauplätze sind Wawern – wo Greis herstammt und noch heute wohnt -, Trier, Bernkastel, einige Städte in Süddeutschland, Innsbruck, Südtirol und Florenz. Das 712 Seiten starke Werk ist platzsparend gedruckt, doch handlich und nach etwas Gewöhnung angenehm lesbar und glänzend redigiert. Vermutlich konnten nur so die Produktionskosten im Rahmen und der Preis niedriggehalten werden. Herausgekommen ist das Buch im Wissenschaftlichen Verlag Trier (WVT).

Der Freund schlanker Druckwerke macht vielleicht erstmal einen Bogen um diesen „Wälzer“, ehe er ihn in der Hoffnung vornimmt, in einem halben Jahr damit durchzukommen.

Nun, die Lektüre, die sich über mehr als sechs Monate verteilte, hat sich gelohnt! Ich versetzte mich in die hohe Zeit der Hexenverfolgung in Trier, wie sie in die Familien hineinspielte, ganze Dorfgemeinschaften vergiftete, wie ihnen zwei Kandidatinnen aber trickreich entgingen. Ich erfuhr über den Zwiespalt in der Bevölkerung schon damals zwischen dem Schein der Glaubenstreue, der überlebensnotwendig war, und Zweifeln und aufgeklärtem Denken hinter den Fassaden.

Die Reise des Wawerner Winzersohnes Tillmann Kappes ist eine Reise eines früh wachgerüttelten Jugendlichen ins Erwachsenenalter, eine Reise durch verschiedene Grundfragen der Theodizee und eine Reise aus tastenden Versuchen hin zur tragenden Bindung an eine adäquate Frau.

Spürbar bringt der Verfasser eigenes Erleben mit ein: dörfliches Ambiente, dörfliche Mentalität, Enge, aber auch Verständigkeit; Bevormundung durch Priester und religiöse Angstmacherei; diplomatisches Lavieren und Distanzierung.

Es gelingt Greis, Begründer und Mitherausgeber von „Literamus Trier“, immer wieder interessante Facetten dieser Konflikte zu entwickeln und einen großen Bogen zu spannen. Und auch der Pädagoge, der der Autor im Brotberuf war, schlägt durch: Kinder, denkt selbständig nach! Wehrt euch!

Es ist ein ehrliches Buch, im Detail nicht unbedingt „kunstvoll“, in der Charakteristik seiner Figuren unterschiedlich plastisch. Es steckt aber voller kluger Betrachtungen und spielt wohldurchdacht mit einander variierenden Handlungen, die ein Anziehen der Spannung noch einmal im letzten Zehntel und eine glückliche Abrundung ermöglichen.

Greis, Hans: Tillmanns Reise. Ein historischer Roman. Wissenschaftlichen Verlag Trier (WVT). 2012. 712 Seiten, € 24,50.

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