„Nach der Saison ist vor der Saison“

Die große Party zum Abschluss der Saison endete vor 3098 Zuschauern in der Arena mit einem 85:83-Erfolg der TBB Trier über den Absteiger BG Göttingen. Weit wichtiger jedoch sind die Planungen für die kommende Saison, die bereits nächste Woche anlaufen sollen. Nach Informationen von 16vor plant die TBB dabei zwei spektakuläre Neuverpflichtungen. Zwei der größten deutschen Talente sollen nach Trier wechseln. Zum einen Paul Zipser. Der 18-Jährige spielt noch für den USC Heidelberg. Zum anderen Niels Giffey. Der 20-Jährige geht in Nordamerika für die University of Connecticut auf Korbjagd. Laut Medienberichten aus Luxemburg soll hingegen der Wechsel von Samy Picard zu Amicale Steinsel bereits feststehen. Picard dementierte das gegenüber 16vor. „Da ist nichts entschieden“, sagte der Luxemburger. „Ich habe jetzt noch ein Gespräch mit der TBB-Führung, und dann erst sehen wir weiter.“

TRIER. Die Ovationen für den Trainer und die Mannschaft waren gerade am Abebben, da stand ein sichtlich glücklicher Philip Zwiener ein paar Meter von den Kollegen entfernt am Spielfeldrand. Der Vertrag des Nationalspielers läuft aus. Was er sagte, dürfte nicht gerade wie Musik in den Ohren der Vereinsführung klingen. „Ich habe dem Klub viel zu verdanken, und ich hatte eine sehr schöne Zeit in Trier.“ Danach schluckte er einmal kurz, bevor er fortfuhr. „Natürlich werde ich mich zuerst mit der TBB unterhalten, aber jetzt fahre ich erst einmal in Urlaub und werde die Saison Revue passieren lassen.“ Kenner der Szene mutmaßen nicht erst seit heute, dass Trier den Kampf um den Nationalspieler wohl schon verloren hat, bevor er überhaupt erst richtig beginnen konnte.

Mit den finanziellen Avancen anderer Vereine kann und will die Trierer Führungsetage nicht mithalten. Dort gab man sich am Tag vor dem letzten Saisonspiel äußerst zugeknöpft. Weder Henrik Rödl noch Vorstand Sascha Beitzel wollten sich am Freitag zu ihren Gedankenspielen hinsichtlich der neuen Saison äußern. “Wir werden uns zusammensetzen”, sagte Beitzel gegenüber 16vor, “dann analysieren und an die Arbeit gehen.” Auch Rödl wollte zunächst einmal das letzte Spiel gegen Göttingen hinter sich bringen. “Dann sehen wir weiter”, erklärte Triers Trainer. Allerdings räumte er ein, “dass wir erst drei Spieler sicher unter Vertrag haben”. James Washington, Joshiko Saibou und Andreas Seiferth. Bei Nate Linhart will der Verein jetzt seine Option auf ein weiteres Jahr ziehen.

Maik Zirbes, der am Samstagabend als bester Nachwuchsspieler geehrt wurde, klammerte Rödl aus. “Maik hat eine Buy-Out-Klausel (wir berichteten), ich weiß nicht, ob er bleibt.” Sollte Zirbes gehen, wären ohnehin neue Spieler mit deutschen Pass zu verpflichten, weil in der kommenden Saison mindestens sechs von diesen auf dem Spielbogen stehen müssen. Zipser und Giffey würden also nicht nur perfekt ins Konzept des Trierer Weges, junge deutsche Spieler an die BBL heranzuführen, passen. Ihre Verpflichtung würde auch die Vorgaben erfüllen. Hinzu kommt, dass auf der erweiterten Liste auch Elias Harris stehen soll. Der gebürtige Speyerer spielt aktuell für die Gonzaga University (Washington).

Platz im Kader entsteht auf jeden Fall. Weil Dragan Dojcin und John Bynum ihre Bundesliga-Karrieren wohl beenden werden, weil Dru Joyce Trier wohl verlassen wird, weil auch bei Zwiener die Zeichen momentan auf Abschied stehen. Das Gesicht der Mannschaft, die am Samstagabend die bereits als Absteiger feststehenden Göttinger in einem unterhaltsamen Spiel schlug, wird sich also verändern. Fest steht, dass Trier mit Rödl seinem Weg treu bleiben will. Auch deshalb sollen die Verhandlungen mit Zipser und Giffey demnächst intensiviert werden. Entscheidend dürften die sportlichen Perspektiven sein, die Rödl den Talenten bieten kann.

„Rohdiamant“ aus Simbabwe

Beide kämen in ein Team, das unabhängig von der jeweiligen Zusammensetzung unter dem Trainer Rödl immer an seine Leistungsgrenze gehen will. Gleichgültig, ob um harte Punkte oder nur noch um die Goldene Ananas gespielt wird – wie zum Saisonabschluss gegen Göttingen. Es war ein lockeres, phasenweise sogar lustiges Spiel zwischen den “Veilchen” aus Niedersachsen und den Trierern. Göttingens Trainer Michael Meeks wechselte da auch schon mal fünf Spieler gleichzeitig aus, sehr zum Vergnügen der Zuschauer. „Wir haben uns gut verkauft“, sagte der Kanadier im Rückblick. „Damit bin ich zufrieden.“

Ein Sonderlob verteilte Meeks an den Exoten in seiner Mannschaft. Vitalis Chikoko stammt aus Simbabwe, wo Basketballspieler in etwa so häufig anzutreffen sind wie Skifahrer. Der erst 21-Jährige hat großes Potenzial. „Er ist ein Juwel“, sagte sein Trainer. In der Regionalliga war Chikoko total unterfordert. Jetzt soll er in Göttingen die Mechanismen des Profigeschäfts erlernen. 15 Punkte sammelte der 2,07 Meter lange Afrikaner allein bis zur Pause (20 insgesamt), war damit bester Schütze seiner Mannschaft beim Seitenwechsel. Aber auch er konnte nicht verhindern, dass Trier das Spiel ohne allzu große Anstrengung beherrschte.

Joyce traf seine Dreier, Zirbes punktete, Zwiener führte, und Linhart biss wie immer. Alle fügten sich heuer nahtlos ins Kollektiv ein. Man merkte, dass der Druck gewichen war. Das Abstiegsgespenst verursachte keinen Gedankenkrebs mehr. Die Geisterstunde war schon am letzten Wochenende trotz der Niederlage in Ulm zu Ende, der Klassenerhalt gesichert. Sechs Punkte Vorsprung nach zehn, deren fünf nach 20 Minuten, und zu Beginn des Schlussabschnitts lag die TBB bereits mit zwölf Zählern in Front.

Dass es zum Ende hin noch einmal knapp wurde, lag vornehmlich daran, dass Trier die Sache nicht mehr ganz so ernst wie zu Beginn nahm. Göttingen aber wollte sich mit Anstand aus der Liga verabschieden – und vielleicht sogar einem Sieg. Daraus aber wurde nichts, obwohl die Niedersachsen sogar die unmöglichsten Würfe nahmen und auch noch trafen. Washington aber zeigte an der Freiwurflinie keine Nerven. Der Trierer blieb eiskalt. „Das ganze Spiel war schon so etwas wie ein Spiegelbild der Saison“, sagte Rödl. „Wir haben über weite Phasen dominiert und sind dann doch wieder ins Straucheln geraten.“

Spätestens aber, als er vor dem Fanblock das „Humba Humba Täterä“ intonieren durfte, war der Ärger verraucht. „Für immer Henrik Rödl“ stand auf den Plakaten der Fans. Das ist nicht sicher. Aber zumindest für ein Jahr dürfen sie ihren Henrik noch genießen. Morgen ab elf Uhr bei der großen Saisonabschlussfeier auf dem Petrisberg sogar hautnah. Ebenso wie die Spieler, auch wenn es für viele eine Abschiedsparty werden wird. Aber so ist das Geschäft. Der Profi Rödl weiß das. „Von morgen an werden wir an unserer neuen Mannschaft bauen“, sagte er noch. „Weil nach der Saison vor der Saison ist.“

TBB Trier: Linhart (11), Joyce (13), Saibou, Zwiener (22), Dojcin (3), Faßler (2), Seiferth (2), Washington (13), Picard, Zirbes (13), Bynum (6).

BG Göttingen: Evans (9), Markert, Tucker (7), Herwig (2), Bauscher (23), Allen (6), Horne (8), Noch, Chikoko (20), Weber (8), Sykes.

Viertelstände: 23:17; 41:36; 66:54; 85:83

Zuschauer: 3098

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