„Mir sind die Sicherungen durchgebrannt“

Auf dem Sportplatz mit der schönsten Aussicht in Trier, ereignete sich Ende April dieses Jahres eine der schlimmsten Tätlichkeiten. Foto: Christian JörickeIn den vergangenen Monaten sorgten zwei Fälle von Körperverletzung in unterklassigen Fußballspielen in Trier für bundesweites Aufsehen. Im August vergangenen Jahres verletzte ein Spieler des SV Trier-West/Euren einen Gegenspieler der SG Saarburg/Serrig durch einen Tritt in die Genitalien schwer. Danach kam es zu Tumulten, die einen größeren Polizeieinsatz zur Folge hatten. Spieler und Verein wurden daraufhin unter anderem mit Sperren belegt. Im April dieses Jahres gab es den nächsten schlimmen Zwischenfall: In einem C-Liga-Spiel schlug ein Spieler einen Gegenspieler krankenhausreif. Der Täter wurde gestern Morgen vom Jugendschöffengericht wegen Körperverletzung verurteilt.

TRIER. Sonntag, 28. April, später Nachmittag. Auf dem Hartplatz auf dem ehemaligen LGS-Gelände läuft die Partie Polizei SV Trier gegen SV Mehring III. Es steht 1:0 für die Gäste, als ein Mehringer Spieler gefoult wird. Sein Mitspieler Bernd S. beklagt dies beim Schiedsrichter. Denis L. vom PSV greift S. daraufhin verbal an. Es kommt zu einer Diskussion, S. dreht sich weg, um dieser aus dem Weg zu gehen. Daraufhin schlägt ihm L. mit dem Handrücken ins Gesicht. So fest, dass der Mehringer ein Schädelhirntrauma und einen Nasenbeinbruch erleidet. Die folgenden sechs Tage muss er im Krankenhaus verbringen, vier Wochen lang ist er arbeitsunfähig.

„Mir sind die Sicherungen durchgebrannt“, erzählt Denis L. mit gesenktem Kopf in der Verhandlung. „Ich habe ihn leider unglücklich getroffen. Mir tut es Leid, was ich getan habe.“ Auf diese Entschuldigung hat Bernd S. über ein halbes Jahr gewartet. „Ich bin enttäuscht, dass erst jetzt etwas kommt“, sagt der 30-Jährige. Der Angeklagte beteuert, dass er ihn im Krankenhaus habe besuchen wollen, man ihm dort aber mitgeteilt habe, S. sei schon entlassen worden. Der Polizei Sportverein entschuldigte sich via E-Mail.

Er sei auch bereit, Schmerzensgeld zu bezahlen, falls es seine finanzielle Lage zulasse, kündigt L. seinem ehemaligen Gegenspieler an. Die Aussicht darauf dürfte gering sein. Der 21-Jährige hat bisher keine erfolgreiche berufliche Karriere hingelegt. Er hat die Hauptschule sowie sämtliche berufsfördernden Maßnahmen abgebrochen und lebt von Hartz IV. „Sie haben irgendwie nichts auf die Reihe bekommen“, fasst Richterin Lisa Winterholler dessen Vita barsch zusammen. Vor fünf Monaten wurde L. Vater, von der Mutter ist er jedoch getrennt.

L. steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. Bei Fischwilderei (2007) und mehrfacher Beleidigung (2008) drückten die Behörden noch ein Auge zu. 2009 wurde er zum ersten Mal wegen gemeinschaftlichen Raubes und Betruges verurteilt. Mit einem Freund hatte er in Getränke- und Supermärkten in Trier-Nord vorgegeben, Leergut abgeliefert zu haben. Ein Jahr später erhielt er wieder eine Bewährungsstrafe, weil er mit anderen Leuten versucht hatte, einen Zigarettenautomaten aufzubrechen. 2011 musste L. zum ersten Mal hinter Gitter. Acht von zwölf Monaten verbüßte er im Gefängnis, weil er wissentlich ein gestohlenes Handy erworben und dies weiterverkauft hatte.

Dies alles floss in das aktuelle Urteil wegen Körperverletzung mit ein. Lange wägten sein Bewährungshelfer, der Staatsanwalt und sein Verteidiger ab, ob man die Strafe zur Bewährung aussetzen solle oder nicht. Einig war man sich, dass wegen Reifeverzögerung des 21-jährigen Angeklagten das Jugendstrafrecht anzuwenden sei. Schließlich wurde es ein Kompromiss: L. muss für ein Jahr und vier Monate in Haft, wenn er innerhalb des nächsten halben Jahres gegen die Bewährungsauflagen verstößt. Dazu gehören der regelmäßige Kontakt zu einem Bewährungshelfer und 150 Sozialstunden in den kommenden drei Monaten. „Das ist Ihre allerletzte Chance“, so die Richterin nach der Urteilsverkündung.

Wegen seines Gewaltausbruchs wurde L. bereits von der Kreisspruchkammer für zwei Jahre für den Spielbetrieb gesperrt. S. hat nach 15 Jahren wegen dieses Vorfalls mit dem Fußballspielen aufgehört. „Ich möchte nie mehr in eine solche Situation geraten.“

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