„Können keinen mit Geld totschmeißen“

„Wir gehören zum Prekariat der Liga.“ Eine Formulierung mit Sprengkraft. „Vielleicht vergessen Sie den Satz wieder“, sagte Dr. Ralph P. Moog bei der Bilanz-Pressekonferenz der Treveri Basketball AG. Zu spät. Was der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende mit seinem Wort von der „Unterschicht“ der Liga wirklich meinte, wurde schnell deutlich: Triers Basketballer kämpfen in der Klasse gegen den Abstieg. Auf wirtschaftlicher Ebene ist es ein fast täglicher Kampf um jeden Euro. Heute tagen die Aktionäre; gestern musste Moog den Jahresfehlbetrag von knapp 100.000 Euro begründen. Ursprünglich sollte das Geschäftsjahr 2010/2011 mit einem Überschuss von 25.000 Euro abgeschlossen werden. Jetzt soll eine neue Sport-Marketing-Agentur die Sponsorensuche professionalisieren. Den Abstieg aus der BBL schloss Moog nicht mehr aus. Auch nicht den Verlust wichtiger Spieler nach der Saison: Philip Zwiener, Maik Zirbes, Oskar Faßler und Dru Joyce könnten den Verein im Sommer verlassen.

TRIER. Dru Joyce ist nicht nur ein außergewöhnlicher Spieler. Er ist auch ein Spaßvogel. Jederzeit zu einem Scherz bereit. Als die Trikotsätze des neuen Ausstatters vor der laufenden Saison bei der TBB eintrafen, erschien Joyce in der Geschäftsstelle. Einen Ball hatte er mitgebracht. Den wollte er sich selbst zwischen den Beinen hindurchdribbeln. Unmöglich. Joyces Hosen waren viel zu lang. Dafür hatten die des Kollegen John Bynum fast die Kürze einer knackigen Badehose. Nichts passte. Nichts stimmte. Moog sprach am Freitag von Fehlern, die gemacht worden seien. Damit meinte er aber beileibe nicht nur die kleinen Details, wie etwa jene Mängel an der Ausstattung. Er hatte das Ganze im Blick.

Nicht nur Moogs Kritiker wundern sich allerdings spätestens seit seiner Ankündigung, den Vorsitz des Aufsichtsrates abzugeben, über den gewählten Zeitpunkt. Auch jene, die in ihm wenn auch nicht den Retter, so doch zumindest den Mann sehen, der mit harter Hand den Bundesliga-Basketball für Trier erhalten habe, hegen Zweifel. „Ich hätte ja verstanden, wenn er am Ende der Saison gegangen wäre“, sagt ein Kenner der hiesigen Szene. Aber jetzt sei der Zeitpunkt doch sehr ungünstig. „Falsch“, kontert Moog die Kritik an seiner Person. „Innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres müssen wir unsere Aktionäre informieren, und ich sehe keinen Grund, mich weiter einzumischen.“

Graham Wilson wird Moog als Vorsitzender des Aufsichtsrates wohl nachfolgen. Der Jurist aus Luxemburg sitzt zusammen mit Moog und Ingo Burggraf im Gremium. Wilson war seinerzeit auch schon der starke Mann bei der alten TBB GmbH, der Vorgängerin der neuen Aktiengesellschaft. Achim Schmitz soll auf Wunsch des Vorstandes als Nachfolger Moogs in den Aufsichtsrat gewählt werden. Kandidieren will nach Informationen von 16vor aber auch Alexander Schmoll, der Vorsitzende des Fanclubs „Fastbreak“. Weitere Vorschläge sind zu erwarten. „Die Aktionäre sind in ihrer Entscheidung natürlich frei“, betonte Moog.

Er selbst hat nach eigener Einschätzung das Feld für seinen Nachfolger bereitet. Abgesehen vom sportlichen Druck, „den wir immer haben“, sei die Entwicklung seit seinem Amtsantritt „erfreulich positiv“ verlaufen. Sich selbst misst er dabei eine nicht unerhebliche Rolle zu: „Meinen Kritikern kann ich nur sagen: Ohne den Moog gäbe es keinen Bundesliga-Basketball in Trier mehr“, betonte er am Freitagnachmittag gegenüber 16vor. „Wer hier kritisiert, ich hätte meine Ziele nicht erreicht, soll mir das ins Gesicht sagen.“

Kleine Sponsoren üben Kritik

Seine positive Bilanz belegt er mit Zahlen: Die alte GmbH sei mit rund zwei Millionen Euro Schulden nicht mehr handlungsfähig gewesen. „Da hätten wir sicher keine Spiellizenz mehr bekommen.“ Die neue AG hingegen könne inzwischen auf ein Eigenkapital von 171.000 Euro zurückgreifen. „Damit können wir notfalls auch Löcher stopfen.“ Das von den Aktionären gezeichnete Kapital betrage über 300.000 Euro. „Eine stolze Summe, wie ich finde.“ Und letztlich sei der Verlust von rund 100.000 Euro im letzten Geschäftsjahr hauptsächlich auf steuerliche Gründe wie Abschreibungsvorgaben zurückzuführen. „Operativ liegen wir bei einem Fehlbetrag von knapp 20.000 Euro.“ Das laufende Geschäftsjahr werde sich ausgeglichen gestalten. „Die Absicherung der Planung ist durch die Garantieleistungen mehrerer Aktionäre gewährleistet.“ Der Zuschauerschnitt sei mit 3817 Besuchern pro Heimspiel gestiegen, ebenso der Absatz von Jahreskarten. „Aber wir sind natürlich immer noch nicht da, wo wir hinwollten.“

Was Moog nicht sagt: Vor allem kleinere Sponsoren fühlen sich gerade in jüngster Vergangenheit nicht mehr ausreichend betreut. Zwischen 4000 und 5000 Euro kostet Firmen der Eintritt in die Sponsorenwelt der TBB. Auch die Suche nach einem Namenssponsor verlief in der Ära Moog erfolglos. Entsprechende Verhandlungen mit dem Milchproduzenten „Hochwald“ scheiterten nach Informationen dieses Portals zum einen daran, dass dem regionalen Unternehmen der Werbeeffekt nicht genügte. Zum anderen aber auch an den finanziellen Vorstellungen der TBB. Zwischen 250.000 und 300.000 Euro sollte das Sponsorenlogo im Vereinsnamen kosten. Der mediale Gegenwert allerdings ist bescheiden. Schließlich wurde in der aktuellen Saison noch kein Spiel der Trierer im Fernsehen übertragen.

Die Lizenz für die aktuelle Saison erhielt der Verein zwar ohne Auflagen. Doch das alleine genügt nicht, um auf Dauer in der Bundesliga bestehen zu können. Da gibt sich Moog durchaus selbstkritisch. „Wir müssen eine viel schnellere Entwicklung als zunächst geplant einschlagen“, heißt es auch im Strategiepapier. Laut Moog zählt die TBB inzwischen 98 Aktionäre, das Sponsorenvolumen werde im Geschäftsjahr 2011/2012 um rund fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf knapp 1,3 Millionen Euro steigen. Der Etat aber liegt unverändert bei circa zwei Millionen Euro – zu wenig, um in den nächsten Jahren konkurrenzfähig zu bleiben.

Grundlage aller wirtschaftlichen Überlegungen ist der sportliche Erfolg des Vereins. Hier aber droht der TBB schon in der kommenden Spielzeit neues Ungemach. Von da an müssen bei einem Zwölfer-Kader mindestens sechs Spieler mit deutschem Pass auf dem Spielbogen stehen. Das lässt die Marktwerte von Spielern wie Maik Zirbes, Philip Zwiener oder auch Oskar Faßler nach oben schnellen. Liegen die Gehälter pro Spieler und Trainer heuer bereits zwischen 40.000 und 60.000 Euro netto in der Saison (Prämien nicht eingeschlossen), müsste finanziell noch einmal kräftig nachgebessert werden, um eben jene Spieler überhaupt halten zu können.

Neue Agentur übernimmt Vermarktung

Am Beispiel Maik Zirbes wird deutlich, mit welchen Problemen die TBB zu kämpfen hat. Der wohl beste deutsche Center der Liga hat zwar noch einen Vertrag bis 2013, besitzt aber nach Informationen von 16vor eine so genannte „Buy Out-Klausel“ in seinem Arbeitspapier. Für eine entsprechende Ablösesumme könnte Zirbes schon im nächsten Sommer zu einem Verein wechseln, der auf internationalem Parkett spielt. Bayern München mit Trainer Dirk Bauermann soll bereits sein Interesse an Zirbes bekundet haben. Schließlich spielt Geld an der Isar keine Rolle. Nationalspieler Philip Zwiener, dessen Vertrag ausläuft, wird ohnehin nicht zu halten sein. Gleiches gilt für Oskar Faßler. Dru Joyce wird voraussichtlich seine letzte Saison in Trier spielen.

„Daran können wir nichts ändern“, betonte Moog. „Wir können keinen mit Geld totschmeißen.“ Der Verein könne lediglich dafür sorgen, „dass die Spieler sich hier wohlfühlen“. Letztlich sei das auch eine Frage der Reputation. „Und die haben wir uns in den letzten zwei Jahren erarbeitet. Das beweisen die positiven Rückmeldungen aus der Szene.“ Nicht von ungefähr werde auch anderswo inzwischen vom „Trierer Weg“ gesprochen. „Und vom dem werden wir nicht abweichen.“ Sollte am Ende der laufenden Spielzeit der Abstieg in die ProA stehen, wäre das für Moog keine Schande. Der Verein müsse dann neu analysieren und sich gegebenenfalls um eine Wild Card bemühen. Kostenpunkt: 150.000 Euro. Aber auch ein Jahr in der zweiten Liga sei durchaus zu verkraften. „Mehr aber sicher nicht.“

Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten ist der Rückzug eines jeden Sponsors für die Bemühungen um Konkurrenzfähigkeit für die TBB kontraproduktiv. Springt dann auch noch ein großer Geldgeber wie „Lotto Rheinland-Pfalz“ wegen eigener Probleme ab, ist die Lücke kaum zu schließen. Mehr als 40.000 Euro ließ sich Lotto die Unterstützung des Trierer Basketballs pro Jahr kosten. „Dass uns Lotto komplett weggebrochen ist, war natürlich ein schwerer Schlag für uns“, so Moog. Dann ist die TBB auf die zusätzliche Hilfe anderer Unterstützer angewiesen. Vorstand Sascha Beitzel gehört dazu. Der Unternehmer (IT-Haus) lässt auch eigenes Geld in den Verein fließen.

Zumindest auf wirtschaftlichem Sektor treten Moog und Beitzel jetzt die Flucht nach vorne an. Eine neue Sport-Marketing-Agentur für die hiesige Großregion, die ihren Sitz in Luxemburg haben wird, soll den Trierer Basketball in Zukunft vermarkten. Die TBB wird ihre Vertriebsorganisation in die neue Agentur auslagern (wir berichteten bereits). Noch hat das Unternehmen allerdings keinen Namen. Die Idee aber ist längst geboren. „Es wird sicher noch ein paar Wochen dauern, bis wir mit der Arbeit anfangen können“, so Moog. Beitzel soll im Verwaltungsrat darauf achten, dass die Interessen der TBB gewahrt bleiben; Moog hingegen wird auch im neuen Unternehmen federführend sein. „Ich schiebe das an, ja.“ Die Agentur soll profitorientiert arbeiten – auf Provisionsbasis.

Mit mehreren Vereinen der Region sei bereits gesprochen oder Kontakt aufgenommen worden, so Moog. Unter anderem auch mit Fußball-Regionalligist Eintracht Trier. Aber auch die Trierer Miezen sind im Blickfeld. Zudem Klubs aus dem Saarland und Luxemburg. „Wir sind für alle und alles offen“, betonte Moog, „weil der Sport in der Großregion professionelle Strukturen braucht, um auf Dauer mithalten zu können – nicht nur bei der TBB.“

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