Kennen Sie… die alte Universität?

Trier ist Universitätsstadt. Stolz wird dies auch auf den gelben Schildern verkündet, welche die in die Stadt führenden Straßen säumen. Die aktuelle Hochschule auf der Tarforster Höhe ist eine Neugründung der 70er Jahre und damit noch recht jung. Doch schon im 15. Jahrhundert war die Moselstadt Standort einer Alma Mater – nicht auf einem Campus außerhalb des Zentrums, sondern mitten im mittelalterlichen Stadttreiben in der Dietrichstraße. Selbst Medizin konnte man dort studieren.

TRIER. Zwischen dem Hauptmarkt und dem großen Komplex des Dominikanerinnenklosters St. Katharina, heute Standort Irminenfreihof der Fachhochschule, war der Sitz der 1473 gegründeten Trierer Universität. Nach Heidelberg, Köln, Erfurt, Würzburg, Leipzig, Rostock, Freiburg und Ingolstadt wollte auch Trier nach der römischen kulturellen Hochzeit wieder ein Zentrum der Bildung werden und bot mit seiner Vielzahl an Klöstern, Stiften und Schulen hierfür auch gute Voraussetzungen.

Im 15. Jahrhundert war Trier Landeshauptstadt des gleichnamigen Kurstaates mit einem eigenen Schöffengericht und hatte seit 1364 erzbischöflichen Status. Erzbischof und Kurfürst Jakob von Sirck bemühte sich an höchster Stelle in Rom um die Errichtung einer Universität und schaffte es, nach einem persönlichen Besuch bei Papst Nikolaus V. im Jahr 1450, die Genehmigung  zu erhalten, eine Alma Mater zu gründen. Vier Jahre später legen zwei päpstliche Bullen die Rahmenbedingungen fest; Vorbild sind die Statuten der Universität Köln.

Die Errichtungsbulle nennt die ausschlaggebenden Gründe für eine Hochschule an der Mosel, die auch heute noch Gültigkeit haben: So herrscht bis dato ein gemäßigtes Klima, es finden sich ein Reichtum an Lebensmitteln und auch eine Fülle aller möglichen Dinge, die zur Lebensführung benötigt werden, vor. Was heutzutage als Standard gilt, war vor knapp 600 Jahren einer päpstlichen Erwähnung wert, also etwas durchaus Besonderes. Doch bis zur Eröffnung gingen noch einige Jahre ins Land, erst 1473 können die ersten Studenten ihr Studium aufnehmen. Wahrscheinblich waren es Geldprobleme am erzbischöflichen Hof, die es auch dem Nachfolger des 1456 gestorbenen von Sirck nicht erlaubten, die Universität früher zu eröffnen. Kurfürst und Erzbischof Johann von Baden nämlich trat das Recht der Gründung gegen eine Zahlung von 2000 Goldgulden an die Stadt Trier ab. Die halbstädtische und halblandesherrliche Universität teilte ihre höchsten Ämter entsprechend auf: Als Patron wurde die Stadt Trier eingesetzt, der Erzbischof war Kanzler. Diese Kooperation ist auch heute noch auf dem Siegel der Universität Trier wiederzufinden.

Das Lehrpersonal war überschaubar. An der Philosophischen Fakultät unterrichteten acht, an der Theologischen sechs und an der Juristischen sieben Dozenten. Das Fach Medizin hatte wohl nur einen Lehrer. Studentenzahlen sind für die ersten Jahre nicht überliefert.

Entsprechend übersichtlich war auch der Ort für die Studien. Die Dietrichstraße 13 beherbergte alle notwendigen Räumlichkeiten, wie ein Plan aus der Festschrift zur Feier des 350jährigen Jubiläums des Königlichen Friedrich Wilhelms-Gymnasiums 1913 aufzeigt. Der Historiker Michael Matheus, der die Geschichte der Universität erforscht hat, nennt Kosten von mindestens 300 Gulden für Umbauarbeiten an den bestehenden Häusern.

Schuldirektor Dr. M. Paulus berichtet in der Festschrift detailliert über die Räumlichkeiten. Demnach stellte die Stadt das ehemalige L-förmige „Große Herrn Wolffens Haus“ für die Bildungsstätte zur Verfügung, samt Scheune, Hof und Garten. Ursprünglich war der gesamte Komplex ein Schöffenhof. Das Hauptgebäude der Universität hatte im Erdgeschoss einen Saal, das sogenannte auditorium juridicum maius, in dem auch die öffentlichen Prüfungen und die Promotionen abgehalten wurden, sowie einen kleineren Raum, das auditorium juridicum minor.

Der an der Dietrichstraße langgestreckt liegende Bau beherbergte im unteren Teil die Lehrsäle für die Theologen und Philosophen. Im oberen Stockwerk beider Häuser befanden sich weitere Schulsäle, die Bibliothek und Konferenzzimmer. Im Durchgang zum nächstgelegenen Gebäude führte eine außen angebaute Wendeltreppe nach oben. Bedenklich klingt die Beschreibung des Kellers: „Unter dem Hauptgebäude befand sich ein Keller, die Höll‘ genannt“. Zugang zu den beiden Universitätshäusern gab es auch durch einen Torbogen in der Böhmerstraße, wo ein weiteres Gebäude universitär genutzt wurde, einst Stall und später Brauhaus.

1560 sind es die Jesuiten, die der Universität zu größerer Reputation verhelfen. Sie errichteten ein eigenes Kolleg und kauften die drei Häuser an der Dietrichstraße Ecke Weingasse, heute Justizstraße an, bevor sie in neue repräsentative Räume zogen. Aus dem Komplex wurde im 17. Jahrhundert das Lambertinische Seminar, eine erzbischöfliche Stiftung mit Lehrräumen, Wohnräumen und Kirche. 1790 wurden auch die Gebäude im östlichen Bereich der Dietrichstraße erneuert, bevor sie ab 1799, als Trier Teil Frankreichs war, von Napoleon geschlossen und als Lazarett, Kaserne und Magazin genutzt wurden. Erst 1950 eröffnete die Diözese Trier wieder eine Theologische Fakultät, 20 Jahre später nimmt die Doppeluniversität Trier-Kaiserslautern ihren Betrieb auf. Seit 1975 ist die Hochschule wieder eigenständig. Damals wie heute ist das Motto auf dem Siegel gültig: „Treveris ex urbe deus complet dona sophiae“ – „In der Stadt Trier führt Gott die Gaben der Weisheit zur Vollendung.“

„Kennen Sie Trier?“ – auf einen Blick:

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