Kennen Sie… das „Apollo-Theater“?

Mit einer schlichten Außenwirkung fügte sich das "Apollo-Theater" ab 1941 in die Straßenzeile der Saarstraße ein. Mit einfachen Leuchtröhren an der Front und hochkant in den Straßenraum ragend machte das Kino auf sich aufmerksam. Foto: Bettina LeuchtenbergMit 1000 Sitzplätzen war das „Apollo-Theater“ eines der beiden größten Trierer Kinos, welches seine Glanzzeiten in den späten vierziger und den fünfziger Jahren erlebte. In der belebten Saarstraße war es das Einzige im Süden der Stadt. Zudem wurden dort Aufführungen, Konzerte und sogar Boxkämpfe geboten. Noch heute kann man das Gebäude zu geschäftsüblichen Zeiten betreten und beim genauen Hinschauen Relikte aus der Kino-Ära entdecken – es wird als Supermarkt genutzt.

TRIER-SÜD. Apollon ist in der griechischen und römischen Mythologie der Gott des Lichts, der Künste und auch der Musik. Dies prädestiniert den Sohn des Zeus und der Leto geradezu, als Namensgeber vieler Lichtspielhäuser auf der ganzen Welt zu fungieren. Im Trierer Apollo-Theater war er sogar mit einer überlebensgroßen Skulptur präsent, welche das Foyer vor dem Zuschauerraum schmückte.

Der Eingang des Kinos lag in der Saarstraße. Von der Römerzeit an war sie eine wichtige Ausfahrtsstraße aus der Stadt in Richtung Saar und Saarbrücken. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Saarstraße zu einer belebten Geschäftsstraße mit repräsentativen Wohnhäusern Trierer Fabrikanten und Gewerbetreibender, war gleichzeitig aber auch ein Mischgebiet mit Produktions- und Werkstätten. An der heutigen Saarstraße 90/92 befand sich ebenfalls eine Werkstatt, bis die Familie Schieffer 1937 das Grundstück aufkaufte, um hier 1940/1941 auf einem Luftschutzkeller ein Kino zu errichten – das „Apollo-Theater“ mit knapp 1000 Sitzplätzen.

Eduard Schieffer (1852-1922) besaß zuerst eine Brauerei in Prüm, zog dann nach Trier und eröffnete hier eine Brauerei. Die Söhne Ernst und Karl Schieffer betrieben nicht nur die Lokale „Schieffer-Keller“, „Astoria“ und „Postkutsche“, sondern auch drei Kinos: das „Palast-Theater“ am Konstantinplatz, das „Metropol“ in der Moselstraße und das „Neue Theater“ in der Simeonstraße. „Das Palast-Theater musste abgerissen werden, woraufhin mein Vater Ernst und mein Onkel Karl den Neubau in der Saarstraße planten“, erinnert sich der 1937 geborene Ernst-Ludwig Schieffer, der den Familienbetrieb eine Zeitlang weiterführte und die hier veröffentlichten Fotografien zur Verfügung gestellt hat. „Im Apollo-Theater habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht, hier liefen alle Kassenschlager.“

Das "Apollo-Theater" und das "Capitol" in der Brotstraße waren mit jeweils knapp 1000 Sitzplätzen die beiden größten Kinos der 40er und 50er Jahre in Trier. Foto: Bettina LeuchtenbergZur Bauzeit inmitten des zweiten Weltkrieges boomte das Kinoleben. Nicht nur, dass die in Trier Gebliebenen Abwechslung vom harten Alltag dringend nötig hatten, auch die politische Propaganda setzte bekanntlich voll auf das Medium Film. Allein in den Jahren 1934 bis 1942 entstanden im Deutschen Reich insgesamt etwa 1000 neue Kinos. Mittels der in allen Kinos obligatorisch gezeigten Wochenschauen wurden die Bürger gezielt „informiert“ und über das Kriegsgeschehen auf dem Laufenden gehalten. „Um an geeignetes Baumaterial heranzukommen, war es notwendig, gute Beziehungen zu haben“, weiß Ernst-Ludwig Schieffer. „Dies funktionierte über die Familie meiner Mutter recht gut.“

Auch heute befinden sich die Registrierkassen des Supermarktes in diesem Raum. An die Kinokasse erinnern die Gitter vor der Wand, ein kleines Fenster zeigt noch in den Raum, in dem heute der Filialleiter sein Büro hat. Foto: Bettina LeuchtenbergEntsprechend ausgestattet war das „Apollo-Theater“ in der Saarstraße 90/92 auch. Fünf steinerne Torbögen bildeten den Eingang, konnten mit Gittern abgesperrt werden und boten Platz für Kinoplakate und Reklame. Im geräumigen, sich anschließenden Vorraum lagen an der linken Schmalseite die beiden Kartenschalter, gegenüber befand sich die Garderobe. Mit seiner Marmoroptik, schmiedeeisernen Absperrgittern und Wandleuchtern sowie der strukturierten Putzdecke machte das „Apollo-Theater“ vor allem im Inneren einen edlen Eindruck.

Vom Vorraum aus erreichte man zwei hintereinanderliegende Foyers. Der Kassenraum und das sich daran anschließende erste Foyer sind die beiden einzigen Räume, die noch heute ihre originale Höhe haben. Die weiß verputzten Kassettendecken geben einen kleinen Eindruck davon, wie aufwändig das Kino 1940/41 ausgestaltet worden ist.

Die abgerundete Stirnwand des zweiten kleineren Foyers direkt vor dem Vorführraum war der Ort für die Apollo-Statue. Die runde Wand ist noch heute gut zu erkennen. Foto: Bettina LeuchtenbergDas zweite Foyer war insgesamt schmaler und schloss an der Nord- und Südseite jeweils mit abgerundeten Wänden ab. Die südliche Nische war der Standort für die Apollo-Statue. Von hier aus gelangte man über die Seitengänge in den Zuschauerraum, der in erster Linie als Parketttheater ausgebaut war. Eine kleine Loge an der Rückwand des Kinoraumes fasste nur etwa 20 Zuschauer.

Wie hoch der Kinoraum ursprünglich war, lässt sich erahnen, wenn man vom heutigen Parkplatz aus das Gebäude betrachtet. Hier ist die Architektur ganz einfach an der rückseitigen Fassade ablesbar. Rechts und links liegende niedrigere Umgänge begleiten den einen riesigen und hohen Raum wie die Seitenschiffe eine Basilika. Über die Gänge haben die Zuschauer nach der Filmvorführung den Saal in Richtung Hohenzollernstraße wieder verlassen. Heute befinden sich im südlichen Rundgang die Getränke, der gegenüberliegende ist geschlossen und dient dem Marktbetreiber für die Anlieferung der Waren und der Pfandflaschensammlung.

Einer der ersten Filme, der im „Apollo-Theater“ wochenlang lief, war „Das Lied von Bernadette“ aus dem Jahr 1943, erinnert sich Schieffer. Der mit Oscars und Golden Globes preisgekrönte amerikanische Film wurde nicht nur mit großen Plakaten auf Lastwagen im gesamten Trierer Umland angekündigt, sondern die katholische Kirche empfahl Sonntags regelmäßig, sich doch unbedingt diesen erbaulichen Film anzusehen.

Die Reklame aus dem Trierischen Volksfreund zeigt ein Trierer Programm der drei Schieffer-Kinos aus den Sechziger Jahren, als im "Apollo-Theater" hauptsächlich Sandalen- und Actionfilme liefen, bis es 1967 geschlossen wurde. Foto: Bettina LeuchtenbergIm Krieg brannte das „Apollo-Theater“ im Inneren aus, konnte aber im Dezember 1948 mit der gemalten Ausstattung eines Düsseldorfer Künstlers als eines der größten Kinos in Rheinland-Pfalz wieder den Betrieb aufnehmen. Viele Trierer erinnern sich noch heute an die Karl-May- und Ben-Hur-Filme, die hier alle liefen. In Trier-Süd konnte man auch die deutsche Uraufführung des Farbfilms „Johanna von Orléans“ mit Ingrid Bergmann sehen, wie ein Fotodokument aus dem Nachlass des Dekorations- und Werbemalers Conrad Martin zeigt. Der Künstler und Grafiker hat für die zahlreichen Trierer Kinos in seinem Atelier in der Sichelstraße Werbungen auf Stoffbahnen und auch Lastwagen gemalt, wie Karl Fuhrmann im Neuen Trierischen Jahrbuch 1999 ausführt.

Die Bühne des neugebauten "Apollo-Theaters" bot nicht nur Fläche für die Leinwand, sondern eine richtige, knapp zehn mal zehn Meter große Bühne für Aufführungen, Konzerte und auch Boxkämpfe. Foto: Bettina LeuchtenbergDas Apollo-Theater hatte aber nicht nur eine Leinwand, sondern auch eine Bühne, die so groß war, dass hier in den 50er Jahren Boxkämpfe stattfinden konnten. Selbstverständlich liefen hier auch die ersten Rock-’n‘-Roll-Filme und einmal haben sogar „Die Lords“ im „Apollo-Theater“ gespielt. Da nach den wenigen Konzerten aber meist die Inneneinrichtung ziemlich ramponiert gewesen sei, habe man sich wieder auf Filme konzentriert, sagt Ernst-Ludwig Schieffer. Für die Verwendung des Kinos als Bühnentheater waren hinter der Bühne in der ersten Etage Künstlergarderoben eingerichtet worden, die über ein kleines Treppenhaus erreicht werden konnten. Aus der Bühne wurde die Fleischtheke, darüber befinden sich die Sozialräume der Angestellten.

1961/62 baute die Familie Schieffer auf die niedrigen Foyers zwei weitere Geschosse, deren Wohnungen sie vermietete. Um Platz für großformatigere Werbung zu schaffen, wurde die Leuchtschrift nach oben gesetzt. Foto: Bettina LeuchtenbergMit der Verbreitung der Fernsehapparate in den Privathaushalten begann allerspätestens in den Sechziger Jahren das große Kinosterben. „Ein bis zwei gute Filme konnten uns über das Jahr retten, aber am Schluss waren wir froh, dass wir das Kino los waren“, erinnert sich Schieffer. 1960/61 wurde das Haus im vorderen Teil mit zwei Etagen aufgestockt, die vermietet werden konnten. 1967 schloss das „Apollo-Theater“, noch im gleichen Jahr wurde mit einem Holzgerüst die Schräge bis zur Oberkante der Bühne ausgeglichen, um den Verma-Markt hier einzurichten. Als späterer Edeka-Markt wurden zahlreiche Umbauten getätigt, dabei wurde auch die Decke im Zuschauerraum angehängt, um Heizkosten zu sparen. Aller Modernisierungen zum Trotz sieht man offenen Auges jedoch noch so Einiges, was an das Kino erinnert – unter anderem die beiden Säulen bei der Gemüseabteilung, die Türprofile an den Durchgängen der Foyers und in den Seitengängen sowie die Nische, in der Apollo stand.

„Kennen Sie Trier?“ – auf einen Blick:

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