Hochgeschwindigkeitstennis mit Bande

Wenn in den kommenden Tagen die Temperaturen abermals sinken – der Sommer hat ja jetzt auch schon eine gute Woche gedauert -, lassen sich auch wieder Sportarten außer Schwimmen angenehm betreiben. Wenn Ihnen Laufen oder Fahrradfahren auf Dauer zu monoton ist, probieren Sie doch mal Kopfballtischtennis, Einradhockey oder Ultimate Frisbee. 16vor stellt in der Reihe “Triers Trend- und Randsportarten” jeden Monat eine außergewöhnliche Sportart vor. Heute: Pádel

Die Leidenschaft zum Tennisspiel war es, die aus einem passionierten Spieler einen erfinderischen Pionier machte. Der Mexikaner Don Enrique Corcuera wollte 1965 auf seinem Anwesen in Acapulco einen Tennisplatz errichten lassen, musste wegen Platzmangels jedoch einige Abstriche machen. Zum Einen wurde die Größe des Platzes um mehr als die Hälfte reduziert, zum Anderen grenzten an einigen Stellen Betonwände unmittelbar an den geplanten Court.

Was für die meisten ein Hindernis dargestellt hätte, erweckte in Corcuera den Erfindergeist. Kurzerhand ließ er den gesamten Platz von Mauern umbauen, die er schließlich in seine eigene Version des Tennis integrierte. Mit seiner neuartigen Sportart begeisterte er schnell Freunde und Bekannte. Heute spielen weltweit rund zehn Millionen Menschen Pádel. In Lateinamerika und Spanien ist das Rückschlagspiel mit Abstand am weitesten verbreitet. Allein auf der Iberischen Halbinsel gibt es inzwischen gut drei Millionen aktive Spieler.

„Schnell, dynamisch und trickreich.“ So beschreibt Ralf Wigger seinen Lieblingssport. „Und es gewinnt nicht immer derjenige, der physisch stärker ist, sondern der, der auch clever spielen kann.“ Seit gut drei Jahren spielt der 39-jährige Pádel und ist mit Frank Wiebeler, Markus Grundhöfer und Gerwin Stupperich für Triers ersten Pádel-Court, ein Novum in Rheinland-Pfalz, verantwortlich.

Zwanzig Meter lang und zehn Meter breit ist der neue Glaskäfig mit Kunstrasenbelag auf dem Gelände des Tennisclub Trier (TCT) hinter dem Moselstadion. Gespielt wird mit einem Schläger, dessen Silhouette der eines gekürzten Tennisschlägers sehr ähnelt. „Der Griff beim Padelschläger ist wesentlich kürzer, damit ist es einfacher den Ball zu kontrollieren“, erklärt Wigger. Die Schlagfläche des Spielgeräts ist jedoch nicht bespannt, sondern besitzt einen Kern aus einem minimal elastischen Schaumstoff-Gummi-Gemisch, das mit einer Kunststoffschicht überzogen ist. Die unverkennbare Ähnlichkeit mit einem Paddel gibt der Sportart ihren Namen. Der gelbe Filzball gleicht zwar dem Tennisball wie ein Ei dem anderen, ist aber mit einem geringeren Luftdruck versehen.

Die Regeln sind beinahe komplett vom Tennis abzuleiten, bis auf die Besonderheiten, dass der Aufschlag von unten, also unter Hüfthöhe ausgeführt werden muss und die Wände, ähnlich wie beim Squash, in das Spiel eingebunden werden. Der Ball darf also, nachdem er im eigenen Feld auf den Boden aufgekommen ist, eine oder mehrere Wände berühren, bevor er in das Feld des Gegners gespielt wird. Außerdem wird Pádel immer im Doppel gespielt. Doch trotz all der vielen, historisch bedingten Gemeinsamkeiten unterscheiden beide Sportarten einige grundlegende Dinge. Während es beim mexikanischen Rückschlagspiel rasanter zugeht, ist beim Tennis das Verletzungsrisiko deutlich höher. Außerdem sei das Erlernen des Tennisspiels wesentlich schwieriger als Pádel, so Wigger.

Seit etwas mehr als fünf Jahren lebt er gemeinsam mit Frau und Kind in Spanien. Projektpartner Frank Wiebeler, der ebenfalls dort zuhause ist, lud ihn vor gut drei Jahren auf eine Partie Pádel ein. „Sehr skeptisch bin ich dann mit ihm und zwei weiteren Freunden zu einem Pádelplatz gegangen. Doch nach zwei Minuten wusste ich: Das ist es!“, erinnert sich der Wahl-Spanier.

35.000 Courts gibt es dort inzwischen. Einmal mehr ein Beweis für den Siegeszug einer aus der Not geborenen Idee. Pádel ist dort über den Status einer Trend- oder Randsportart weit hinaus. Ein geringer Kosten- und Platzaufwand für die Gemeinden – auf die Fläche eines Tenniscourts passen drei Pádelplätze – hat die schnelle Verbreitung zusätzlich begünstigt. Allein im Jahr 2010 hatten spanische Vereine einen Pádelspieler-Zuwachs von 17 Prozent zu verzeichnen. Aber woher kommt der Hype?

Was in Spanien um sich greift wie ein Grippevirus, wird auch in den Städten zu erwarten sein, wo Racket-Fanatiker den Sport importiert haben. Doch diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. „Es ist eine Sportart, die von Jedem betrieben werden kann. In Spanien beispielsweise ist der Anteil der Frauen, die Pádel spielen, sehr hoch“, sagt Wigger. Dennoch verlangt es dem Körper einiges ab. Vom Bauch runter bis zu den Füßen seien nahezu alle Muskeln involviert. Von der Rumpf- und Armmuskulatur bei den Schlägen ganz zu schweigen. Genauigkeit, Teamgeist und Spielwitz entscheiden das Match. Vorkenntnisse des Tennisspiels sind zwar von Vorteil, aber definitiv nicht vonnöten. „Eine Grundkondition reicht, alles andere kommt von alleine. Nach fünf Minuten kann jeder Pádel spielen.“

In Deutschland stehen derweil neben der Trierer Anlage nur vier weitere Outdoor-Pádel-Anlagen. In Bernau am Alpenrand wird bereits seit 2003 gepadelt, während Cuxhaven und Frankfurt erst im vergangenen Jahr folgten und Berlin vor zwei Wochen nachzog. In Planung sind momentan zwei weitere Plätze in Köln, wo die Sporthochschule im Herbst das erste offizielle deutsche Turnier austragen wird.

Die Chancen ein, dass sich der Sport in den kommenden Jahren auch in Deutschland etabliert, schätzt Wigger als groß ein. „In zehn Jahren wird es mit Sicherheit in jeder größeren Stadt Anlagen geben.“ Doch das muss noch nicht alles gewesen sein. Auch eine Aufnahme in den elitären Kreis der olympischen Disziplinen hält Wigger aufgrund des Volkssportcharakters, den Pádel in Lateinamerika und Spanien bisher erlangt hat, nicht für ausgeschlossen.

Einen guten Eindruck vom Feedback der Trierer konnten die vier Vorreiter bei der Eröffnung am 30. Juni erhalten. „Trier ist eine Sportstadt und offen für Neues“, schwärmt Wigger, der vor seiner Auswanderung 15 Jahre in Trier gelebt hat. Zu der Veranstaltung waren sogar zwei spanische Topspieler angereist, die den ganzen Tag für Trainingseinheiten zur Verfügung standen. Die positive Resonanz zeigt sich vor allem in den Folgewochen. Zwar ist der Platz bis in die Abendstunden mitsamt Equipment zu vermieten, jedoch auch meistens ausgebucht.

Wer Lust auf Pádel bekommen hat und sich Regeln und Technik genauer erklären lassen will, kann ab Ende August Einführungskurse besuchen. Ein erstes Trainingscamp für Erwachsene wird an einem Wochenende im September folgen, für Kinder findet in den Herbstferien ein Camp statt.

Weitere Infos gibt es unter www.padelexpert.de.

Triers Trend- und Randsportarten, Teil III: Ultimate Frisbee
Triers Trend- und Randsportarten, Teil II: Headis
Triers Trend- und Randsportarten, Teil I: Einradhockey

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