Fabelwesen verzaubern Trier

Aus dem siebten Streich wurde nichts. Nach sechs Siegen in Serie vor eigenem Publikum verlor die TBB Trier am Samstagabend gegen die Artland Dragons aus Quakenbrück mit 51:73 (30:40) Punkten. Der Tabellenvierte aus Norddeutschland beherrschte die Szene vor 3356 Zuschauern in der Arena nach dem ersten Viertel ohne Probleme. Das erkannte auch Henrik Rödl an. „Kompliment an Stefan Koch und seine Spieler. Sie sind hier wie eine Spitzenmannschaft aufgetreten. Und das sind sie ja auch“, sagte Triers Trainer nach der klaren Niederlage. Koch sprach vom Respekt, den man vor Trier gehabt habe. „Aber wir mussten uns heute hier profilieren“, betonte der Artland-Trainer. „Das haben wir eindrucksvoll getan, und deshalb bin ich sehr zufrieden.“

TRIER. Solche Tage gibt es im Sport. Da passt beim Gegner alles. Man selbst aber glaubt, am Morgen mit dem linken Bein aufgestanden zu sein. Es hakt und knirscht und scheppert und ruckelt. Nichts zu machen – dagegen helfen auch keine Pillen. Kommt dann auch noch ein ohnehin schon starker Rivale als Gegner, hilft nur noch, sich anständig über die Zeit zu retten. Das tat die TBB gegen die Fabelwesen aus dem Norden. Mehr aber war nicht drin. „Uns hat heute die Energie gefehlt.“ In Rödls Satz wurde das Trierer Dilemma deutlich. Der Kopf war willig, das Fleisch hingegen schwach. Für Philip Zwiener war die Niederlage „ärgerlich, aber kein Drama“. Der Nationalspieler richtete schon kurz nach Spielschluss den Blick nach vorne: „Wir werden das jetzt analysieren und in Bonn den Kopf sicher wieder frei haben.“

Dort dürfte auch Nate Linhart wieder mit von der Partie sein. Gegen Quakenbrück erreichte Rödl die Hiobsbotschaft schon weit vor dem ersten Sprungball. Linhart musste mit Magen-Darm-Infekt passen. Der US-Amerikaner war im Krankenhaus wegen eines zu hohen Flüssigkeitsverlustes sogar mit Infusionen behandelt worden. Aber auch Koch hatte einen Ausfall zu verkraften: Anthony King fiel mit einer Wadenverletzung aus. Quakenbrücks Center machte sich zwar warm, signalisierte seinem Trainer aber: “Es geht nicht!”

Der Ausfall von Linhart traf die TBB allerdings ungleich härter als Quakenbrück die Absage von King. Ist Dru Joyce das Gehirn der Trierer, so hat sich der Mann aus Ohio im Verlauf der Saison zum Herz der Mannschaft entwickelt. Er ist der unermüdliche Rackerer, jederzeit in der Lage, andere mit seiner Energie und seinem Willen mitzureißen. Sichtlich zerknirscht saß Linhart demnach auf der Bank. Er konnte nur hoffen, dass seine Kollegen die Lücke mit noch mehr Leidenschaft schließen würden. „Ja“, sagte Rödl denn auch, „Nate hat uns heute sehr gefehlt.“

Zumindest im ersten Viertel konnten die Kollegen den Ausfall des Amerikaners kompensieren. Trier ließ den Fabelwesen aus dem Norden nur wenig Luft zum Zaubern. Joshiko Saibou ersetzte Linhart zu Beginn ohne Fehler. Dann warf Rödl die Rotation an, um Quakenbrück mit der ständig wechselnden taktischen Ausrichtung zu verwirren. So konnte die TBB das Spiel gegen den Tabellenvierten zumindest ausgeglichen gestalten. Allerdings deutete sich da schon an, wo der letztlich ausschlaggebende Unterschied zwischen beiden Mannschaften liegen sollte.

Triers großes Problem mit den Dreiern

In neun gemeinsamen Jahren in der Bundesliga konnte Trier nur ein einziges Duell gegen die Norddeutschen gewinnen. Stets gab die Erfolgsquote an der Dreierlinie den Ausschlag zugunsten der Dragons. So war es auch diesmal. Bis zur Pause schickten Kochs Spieler bei 14 Versuchen sechs Bälle aus der Distanz durch den Ring. Beim letztjährigen Halbfinalisten ist jeder in der Lage, Dreier zu versenken. Ganz anders die Situation bei der TBB. Achtmal traten die Trierer von der Linie an, nur der Versuch von Oskar Faßler fand sein Ziel. Rödl hat das Problem erkannt. „Wir arbeiten hart daran“, sagte der Offenbacher. „Aber das ist dann auch das Problem einer so jungen Mannschaft. Wenn das in den Köpfen drin ist, bekommt man es nicht so schnell heraus. Und dann kommt noch die Nervosität hinzu, wenn ein Versuch knapp daneben geht.“

Um die Schwäche auszugleichen, nutzten auch die zehn Punkte von Philip Zwiener und die insgesamt neun Punkte von Maik Zirbes nichts. Quakenbrück machte die Trierer Spezialisten stets im richtigen Moment zu. Das reichte, um der Leidenschaft der TBB einen Dämpfer nach dem anderen zu verpassen. Dass die Unparteiischen sich nicht gerade den Ruf als Heimschiedsrichter verdienten, war ärgerlich für Trier und Rödl, der an der Seitenlinie ab und an der Verzweiflung nahe war, hatte aber nichts mit der qualitativen Überlegenheit der Norddeutschen zu tun. Das technische Foul gegen John Bynum beispielsweise war grenzwertig, doch das alleine führte nicht zum unaufhaltsamen Lauf der Dragons.

Vielmehr machte sich bis zur Pause und auch darüber hinaus der Ausfall von Linhart immer stärker bemerkbar. Der US-Amerikaner fehlte Trier an allen Ecken und Enden. Rödl kann bei aller Raffinesse als Taktikfuchs einen solchen Spieler nicht ersetzen. Schon gar nicht gegen eine Mannschaft der Top-Vier, die nach kurzer Anlaufphase ihr wahres Potenzial ausspielte. Quakenbrücks Schnelligkeit, die Präzision, mit der Kochs Spieler zu Werke gingen, waren in den wichtigen Phasen einfach eine Nummer zu groß für Trier. „Das muss man dann auch mal anerkennen“, räumte Zwiener ein. „Artland hat verdient gewonnen, das ist gar keine Frage.“

Alleine ein Spieler wie David Holston, bei nur 1,68 Metern Körperlänge einer der Größten auf dem Feld, ist eine hohe Hausnummer, die Trier nur dann klein machen kann, wenn wirklich alles an diesem Tag passt. Schon dazu wäre Linhart unabdingbar notwendig gewesen. Doch der US-Amerikaner war nicht dabei, und so schraubte Quakenbrück seinen Vorsprung kontinuierlich und ohne allzu viel Schweiß zu vergießen in die Höhe. Zehn Punkte beim Seitenwechsel, 20 Zähler nach dem dritten Viertel ließen keinen Zweifel daran aufkommen, wer in der Arena das Spiel dominierte.

Auch das Trierer Publikum erkannte die Qualität der Norddeutschen schließlich respektvoll an. Als Holston den Ball butterweich und punktgenau über den Ring für Anthony Hilliard vorlegte, der den Zauberspielzug mit einem spektakulären Dunking vollendete, gab es Applaus auf offener Szene auch von den Anhängern der Heimmannschaft. Größe zeigt sich schließlich vorrangig in den Niederlage. „Bei uns hätte eben einfach alles passen müssen, um zu gewinnen“, so Zwiener. „Aber das hat es eben nicht.“

Der letzte Spielabschnitt war so für Kochs Mannschaft nur noch Formsache. Trier verkaufte sich teuer. So teuer, dass Koch hernach ein dickes Kompliment an den geschlagenen Gegner schickte. „Ich habe den allergrößten Respekt davor, was Henrik hier mit dieser jungen Mannschaft und dem kleinen Budget leistet. Das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.“ Rödl nickte dankbar, auch wenn es ihn, den Kämpfer, sichtlich ärgerte, dass er heute mit seiner Mannschaft gegen einen überlegenen Kontrahenten chancenlos war.

In Bonn soll das anders werden. „Darauf bereiten wir uns intensiv vor“, kündigte Triers Trainer noch an. „Damit die Köpfe wieder frei sind“, wie Zwiener sagte. „Und mit unseren Fans im Rücken können wir dort gewinnen.“ Auch darin waren sich Spieler und Trainer einig.

TBB Trier: Joyce (7), Saibou, Zwiener (15), Dojcin (2), Faßler (3), Seiferth (4), Buntic, Washington (2), Picard, Zirbes (16), Bynum (2).

Artland Dragons Quakenbrück: Hilliard (7), Hoffmann (1), Strasser (9), Njei, Holston (7), Bailey (2), Grünheid (2), Fenn (7), Thomas (13), Peavy (17), Hess (8), Hartenstein.

Viertelstände: 12:13; 30:40; 39:59; 51:73

Zuschauer: 3356

Print Friendly, PDF & Email

von

Schreiben Sie einen Leserbrief

Angabe Ihres tatsächlichen Namens erforderlich, sonst wird der Beitrag nicht veröffentlicht!

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien!

Noch Zeichen.

Bitte erst die Rechenaufgabe lösen! * Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.