Entscheidung über Budenzauber vertagt
Der Stadtrat tritt heute Abend zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen. Spannung versprach vor allem ein Tagesordnungspunkt im nichtöffentlichen Teil der Beratungen: Die Ratsmitglieder sollten über eine Kündigung des Vertrags zwischen der Stadt und der Arbeitsgemeinschaft „Trierer Weihnachtsmarkt“ abstimmen. Offenbar rechnete sich Wirtschaftsdezernent Egger (parteilos) bis Mittwoch Chancen aus, für seine Vorlage eine Mehrheit zu finden. Doch 24 Stunden vor Beginn der Ratssitzung kündigte er überraschend an, den Tagesordnungspunkt vertagen zu wollen. Offizielle Begründung: Die Fraktionen hätten den Wunsch angemeldet, vor einer Abstimmung noch wichtige Fragen zu klären. Egger denkt offenbar über eine Übernahme des Geschäftsfelds Weihnachtsmarkt durch die Trier Tourismus und Marketing GmbH (TTM) nach.
TRIER. Angela Bruch wollte keinen Kommentar abgeben. Das könne sie auch nicht, weil sie „keinerlei Kenntnisse über den Vorgang“ habe, wie sie gestern auf Anfrage über ihren Mann für Medienkontakte, Thomas Vatheuer ausrichten ließ. Dass etwas im Busch ist, muss die Schaustellerin und Chefin der Arbeitsgemeinschaft „Trierer Weihnachtsmarkt“ gleichwohl mitbekommen haben – spätestens vergangene Woche, als 16vor über das Vorhaben des parteilosen Wirtschafts- und Kulturdezernenten berichtete. Und offenbar gab es zwischenzeitlich auch Gespräche zwischen Bruch und der Stadt, wie einer Pressemitteilung des städtischen Presseamts zu entnehmen ist.
Vergangene Woche wurde das Thema in weiteren Gremien, darunter dem zuständigen Dezernatsausschuss III beraten. Ein Ergebnis gibt es noch nicht, das letzte Wort sollte eigentlich am heutigen Abend der Stadtrat sprechen. Die bisherigen Diskussionen hinter verschlossenen Türen hatten Thomas Egger zunächst nicht entmutigt, es auf eine Abstimmung über seine Vorlage ankommen zu lassen. Dabei wäre diese nach Informationen von 16vor mit einiger Sicherheit sehr knapp ausgegangen. Denn nach unbestätigten Informationen wollten sowohl Freie Wähler als auch CDU einer fristgerechten Kündigung des Vertrags zum Ende des Jahres 2016 nicht zustimmen. Dann aber hätten alle anderen Fraktionen komplett anwesend sein und auch geschlossen zustimmen müssen, ansonsten hätte eine Mehrheit für die Vorlage auf der Kippe gestanden und Egger binnen weniger Wochen womöglich eine zweite empfindliche Abstimmungsniederlage erlitten; in der letzten Ratssitzung war er mit seiner Vorlage zur kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung am Widerstand von CDU, FWG und FDP gescheitert.
Am frühen Mittwochabend dann die Überraschung: Obwohl es sich offiziell um eine nichtöffentliche Angelegenheit handelt, ließ Thomas Egger über das Presseamt mitteilen, dass er die Vorlage von der Tagesordnung nehmen werde. Nach seiner Darstellung auf Wunsch der Fraktionen. Nach dem bestehenden Vertrag müsse eine fristgerechte Kündigung zwar bis zum 15. Januar 2014 ausgesprochen sein, damit dieser nach dem Weihnachtsmarkt 2016 ausläuft. Im zuständigen Dezernatsausschuss III habe sich bei den Beratungen aber gezeigt, dass „vor dem Hintergrund der einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht alle Fragen erschöpfend beantwortet werden konnten“. Weiter heißt es in der Mitteilung: „Um dem Wunsch der Fraktionen, der endgültigen Entscheidungsfindung mehr Zeit einzuräumen, entgegen zu kommen, konnte Beigeordneter Thomas Egger in Abstimmung mit dem Vertragspartnern eine Hinausschiebung der fristwahrenden Kündigungsfrist bis zum 31. August 2014 vereinbaren.“ Folgt man der Stadt, dann hatte Angela Bruch also durchaus Kenntnis von dem Vorgang.
Beigeordneter Egger werde in der heutigen Stadtratssitzung nun vorschlagen, den Tagesordnungspunkt in den zuständigen Ausschuss zu verweisen, um damit „eine nochmalige eingehende Beratung ohne zeitliche Zwänge zu ermöglichen“. Damit werde auch dem Wunsch des Vertragspartners Rechnung getragen, „über Motivation und Hintergründe des Vorhabens der Stadt nochmals zu sprechen“.
Welches die Motivation Eggers ist, lässt die Vorlage entnehmen, die 16vor vorliegt. So verweist die Verwaltung, wie von uns bereits vergangene Woche berichtet, auf den Fingerzeig des Verwaltungsgerichts, „ob nicht eine öffentliche Ausschreibung für das Betreiben des Weihnachtsmarktes erforderlich sei“. Nach einer „eingehenden verwaltungsinternen Prüfung“ sei man zu dem Ergebnis gelangt, „dass eine öffentliche Ausschreibung für das Betreiben des Trierer Weihnachtsmarktes erfolgen muss“, schreibt Egger in der Begründung zu seiner Vorlage. Doch der Dezernent bringt noch eine andere Option ins Gespräch: „Die Bedeutung des Weihnachtsmarktes in Trier liegt unmittelbar im touristischen und Interesse der Standortvermarktung und könnte daher als eigenes Geschäft der Trier Tourismus und Marketing GmbH (selbst oder durch andere) ausgeführt werden“. Man müsse im weiteren Verlauf der Beratungen deshalb näher prüfen, „ob und unter welchen Voraussetzungen eine Aufgabenwahrnehmung durch die TTM GmbH erfolgen könnte“.
In der Vorlage räumt Egger indirekt auch ein, dass aus Sicht der Verwaltung die städtischen Einnahmen aus dem Budenzauber optimierbar sind. Auch im Falle einer Kündigung würden die rund 32.000 Euro, welche die AG „Trierer Weihnachtsmarkt“ jährlich an die Stadt überweist, „nicht nur gesichert“, vielmehr werde ab 2017 mit einer Einnahmesteigerung gerechnet. Und diese Mehreinnahmen könnten dann wiederum „einen positiven Einfluss auf die Gestaltung der zukünftigen Betriebskostenzuschüsse der Stadt Trier an die TTM GmbH nehmen“, deutet die Verwaltung eine Verwendungsmöglichkeit an. Vorausgesetzt, am Ende käme tatsächlich die städtische Gesellschaft zum Zuge. Doch hierfür müsste der Vertrag erst einmal gekündigt werden, und ob sich hierfür im kommenden Jahr eine Mehrheit finden wird, scheint derzeit völlig offen.
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von Marcus Stölb