Ein Tier für Trier

Knitwear, Kissen oder Kleiderbürste: Katzen gelten derzeit als absolutes Must-have. Welches Tier löst in Trier den nächsten Hype aus? Die Suche nach einem animalischen Aushängeschild gestaltet sich schwieriger als gedacht. Foto: Michael JuchmesLeipzig hat den Löwen, Berlin den Bären und was hat Trier? Bisher musste die älteste Stadt der Republik ohne ein animalisches Aushängeschild auskommen, ohne ein Trendgeschöpf, das nicht nur Kleider und Wohnungen ziert, sondern auch das Wesen des Moselstädters widerspiegelt. Diesem Zustand soll endlich ein Ende gesetzt werden, findet zumindest 16vor-Mitarbeiter Michael Juchmes. Er befasst sich in der neuen Serie „IN Trier“ mit Trends und Entwicklungen in Mode, Gesellschaft und Kultur.

TRIER. Eines gleich vorweg: Nein, der Elefant soll es nicht werden. Auch wenn derzeit 40 bunte Rüsselträger die Innenstadt schmücken – als Aushängeschild für Trier eignen sich die behäbigen Riesen nur bedingt. Gründe, die gegen Elefanten sprechen, gibt es zuhauf, wobei man sicherlich bei einigen noch ein Auge zudrücken könnte. Was jedoch nicht von der Hand zu weisen ist: Einigen Trierern fällt das Zusammenleben mit den Tieren schwer. Sie lassen ihren Frust an den bunten Kunstwerken aus, zumeist übrigens an den Objekten, die von mehr oder minder prominenten Ideengebern kreiert wurden (16vor berichtete). Vielleicht darf dieses Verhalten nur als Aufbegehren gegen Kunst im öffentlichen Raum gewertet werden, vergleichbar mit den Geschehnissen rund um die ausgestellten Hörl-Marxe. Einziger Unterschied: Die Elefanten sind einfach zu schwer, um sie nachts still und heimlich in einen Kofferraum zu hieven.

Aber zurück zum Thema: ein tierisches Aushängeschild für Trier. Warum eigentlich in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Auch an der Mosel sind einige Vierbeiner beheimatet, die nicht nur einen gewissen Bekanntheitsgrad, sondern auch eine solide Fanbase vorweisen können. Die Rede ist natürlich von den Trierer Miezen, die sportlich abgestiegen waren und nur durch die Insolvenz eines Konkurrenten in der 1. Liga bleiben dürfen. Ihre weniger bewegungsfreudigen Namensvetter, die Katzen, feierten hingegen in den vergangenen Monaten und Jahren große Erfolge rund um den Globus. Katzen in den Clubs, süße Miezen auf Klamotten oder Stubentiger als bequeme Wohnzimmerdeko (erhältlich übrigens auch in anderen Tier-Variationen im Kaufhaus Popp) – das kuschelige Must-have der Tierwelt war in letzter Zeit omnipräsent.

Höhepunkt des noch andauernden Hypes – dem eine ebenfalls schier endlose Eulen-Schwemme vorausging – war die mediale Ausschlachtung des Phänomens Grumpy Cat. Kurze Erklärung für alle, die für ein Jahr von der Außenwelt abgeschnitten waren: Grumpy Cat ist eine unscheinbare Katze mit hängenden Mundwinkeln, deren Konterfei sich wunderbar zur Zweitverwertung per Fotojoke über Facebook und Co. eignet. Mittlerweile ist die mürrische Mieze, der erst kürzlich ein eigenes Getränk gewidmet wurde, in Szenekreisen unten durch, denn es gibt einen neuen Star am Katzenhimmel: Choupette, ihres Zeichens Muse des alterslosen Karl Lagerfelds und eines der wenigen Haustiere mit mehr als 7000 Facebook-Fans. Auch bei Twitter ist Choupette äußerst aktiv. Sie postet dort weitaus Tiefgründigeres als die beiden Zwitscher-Profis RiRi und LiLo.

Doch auch dieser pelzige Trend wird nicht ewig anhalten. Eulen sind – auch wenn es noch nicht bei jedem angekommen ist – Schnee von gestern, Miezekatzen ebenfalls in absehbarer Zeit. Trier sollte neue Akzente setzen, daher geht die Suche weiter.

Sportfreunde denken an dieser Stelle sicherlich: Wie wäre es mit einem Delfin, dem Maskottchen der Rolli-Basketballer? So ein Tümmler macht schon was her, das kann man nicht abstreiten. Die Meeressäuger gelten als äußerst fidel, fröhlich und hilfsbereit. Doch bevor sich jetzt die Trierer Modedesigner ans Zeichnen begeben, noch ein Wort zur dunklen Seite dieser Geschöpfe. Delfine haben es faustdick hinter den Ohren, vor allem dann, wenn es um die eigenen Artgenossen geht: Mord und jede Menge Sex stehen bei ihnen auf der Tagesordnung. Und seien wir mal ehrlich: Ein Tier mit einem derartigen Background eignet sich nur bedingt als Motiv für T-Shirts in Kindergrößen. Zudem erinnern manche Designausrutscher mit ihrem Konterfei an längst vergangene Zeiten, an ein Leben vor dem guten Geschmack.

Bleiben wir im Wasser, denn schließlich war Stadtpatron Petrus Fischer. Wale? Zu träge. Fische? Bieten nur wenig Identifikationspotential, optisch nur wenige Anreize und werden bereits symboltechnisch anderweitig verwendet. Bliebe noch der Oktopus, wie eine befreundete Kunsthistorikerin – die müssen ja Ahnung in dieser Hinsicht haben – auf Facebook vorschlug. Ganz abwegig ist die Idee nicht: Die gemeine Krake ist vielseitig begabt, wandlungs- und anpassungsfähig, zudem auch noch äußerst schmackhaft und kann im Notfall schnell aus einem alten Handtuch zusammengeschustert werden. Leider fehlt jegliche Verbindung zur Stadt Trier, denn außer auf dem Teller ist an und in der Mosel garantiert kein Oktopus zu finden.

Gleiches gilt für Dinos, Hummer oder Raubkatzen – die bei Kenzo vor Kurzem noch ein großes Comeback feierten: Mit Trier haben diese Viecher nichts am Hut.

Eulen in allen erdenklichen Farben und Funktionen: Die markanten Vögel sind derzeit überall erhältlich. Leider gelten Kauz und Co. in Fachkreisen bereits als Schnee von gestern. Foto: Michael JuchmesBleibt also die einheimische Fauna. Da hätten wir beispielsweise Rehe und Hirsche, Hasen und Kaninchen oder den Fuchs. Letztgenannten haben die Mädels vom Trierer Design-Duo „Fräulein Prusselise“ in ihre aktuelle Kollektion integriert. Schaut im Grunde ganz hübsch aus, Rot kommt wahrscheinlich nie aus der Mode. Leider ist der schlaue Fuchs literarisch ein wenig vorbelastet (Stichwort: Fabel) und gilt landaus, landein als Schlitzohr, zudem überträgt er einige weniger wünschenswerte Krankheiten. Es soll wohl nicht sein …

Bevor wir nun alle Tiere aus Noahs Arche unter die Lupe nehmen und schlussendlich doch die Flinte ins Korn werfen, könnten wir die Suche ausweiten und die Flora miteinbeziehen. Ein Gemüse, ein Kraut oder doch eine Blume? Nein, viel besser wäre doch die Traube. Süß, rund und lecker – Trauben schlagen den Bogen zum Weinbau und damit zur Region, zudem sind sie kinderleicht zu zeichnen. Eine einzelne Traube ist ein Kreis, eine Ansammlung von Kreisen eine ganze Traube Trauben: Das sollten auch Designstudenten im ersten Semester zu Papier bringen können. Mit Augen, Mund und Extremitäten versehen wird daraus im Nu eine süße Figur, ein Motiv für Pullis, Buttons und Kissenbezüge. Außerdem: Trierer Traube – diese Alliteration klingt bereits kultverdächtig … auch wenn ein fehlender Buchstabe daraus eine Taube werden lässt.

Wer sich an dieser Idee zeichnerisch austoben will, darf uns das Ergebnis gerne per E-Mail zukommen lassen: mjuchmes@16vor.de. Gleiches gilt natürlich auch für Themenvorschläge.

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