„Das kotzt mich einfach nur an“

Auch im dritten Anlauf sprang kein Heimsieg heraus: Eintracht Trier musste sich am Freitagabend gegen den Tabellenvorletzten TuS Koblenz mit einem torlosen Unentschieden begnügen. 2317 Zuschauer im Moselstadion sahen eine vor allem in der zweiten Halbzeit überlegene Trierer Mannschaft, die es aber erneut nicht verstand, ihre Tormöglichkeiten zu nutzen. Roland Seitz war dennoch nicht unzufrieden. „Natürlich hätten wir unserem Publikum gerne diesen Derby-Sieg geschenkt“, sagte der Trierer Trainer. „Aber die Mannschaft hat alles gegeben, und im Moment fehlt uns auch etwas das Glück.“ TuS-Trainer Michael Dämgen schloss sich dem Kollegen an. Auch er war zufrieden. „Ich denke, dass wir aufgrund der kämpferischen Leistung hier nicht unverdient einen Punkt geholt haben“, sagte Dämgen.

TRIER. Torge Hollmann gilt als Mann mit großer Contenance. Ein Norddeutscher mit viel, viel Gelassenheit und kühlem Kopf. Vielleicht wollte er deshalb zunächst nichts sagen, als er im schweißnassen Trikot nach 90 wenig erbaulichen Minuten auf der Tartanbahn nahe des Marathontores stand. „Es sind ja doch immer die gleichen Phrasen, die ich hier ‚raushaue“. Was soll’s also?“, fragte er rhetorisch in die Runde. Dann jedoch platzte es aus ihm heraus. „Das kotzt mich einfach nur an“, ließ der Trierer Kapitän seiner Enttäuschung schließlich freien Lauf. „Wir bekommen diesen beschissenen Ball einfach nicht über diese beschissene Linie.“ Den Grund wusste er nicht. „Nein, wirklich nicht. Vielleicht sind wir einfach zu blöd.“ Hollmanns klare Worte gipfelten schließlich in der bitteren Erkenntnis, „dass wir uns für unsere Arbeit einfach nicht belohnen“. Dabei habe man diesmal „wirklich sehr viel investiert“.

Und das buchstäblich mit dem sportlich letzten Aufgebot, das Seitz gegen den Rivalen vom Deutschen Eck auf den Platz schicken konnte. Mit Christopher Spang und Burak Sözen saßen zwei Nachwuchsspieler auf der Bank. Dazu Olivier Mvondo, dessen letzter Einsatz in der Regionalliga länger her ist als der Schnee vom vergangenen Winter. Ferner der nach wie vor rekonvaleszente Michael Dingels sowie Holger Knartz. Viel durfte also nicht mehr passieren nach den Ausfällen von Chhunly Pagenburg, Ahmet Kulabas und Benjamin Pintol, nach der Sperre für Denny Herzig wegen der gelb-roten Karte aus dem Spiel in Elversberg, nach der jüngsten Verletzung von Tolgay Asma und dem langfristigen Ausfall von Alon Abelski.

Dafür erhielt Fahrudin Kuduzovic, den Seitz zuletzt immer wieder scharf kritisiert hatte, eine neue Bewährungschance. Wojciech Pollok, der mit Ausnahme seines letztlich nutzlosen Tores gegen Köln bisher in Trier alles schuldig blieb, stand hingegen nicht einmal im Kader. Offizielle Begründung: Polloks Verletzung aus dem Training am Mittwoch habe sich als schwerer als zunächst angenommen herausgestellt. Anstelle des ehemaligen Torschützenkönigs der Regionalliga spielte der erst 20-jährige Christoph Anton aus der Oberligaelf neben Thomas Kraus im Sturm. Keine einfache Situation also für Trainer und Mannschaft im noch nicht abgehakten Aufstiegskampf. Denn jetzt biegen die Titelkandidaten auf die Zielgerade ein. Seitz hatte seine Ambitionen erst jüngst so formuliert: “Ein Roland Seitz gibt erst auf, wenn es wirklich vorbei ist.”

Erschwerend für die nach zwei Heimniederlagen sowieso verunsicherten Spieler kam hinzu, dass die Trierer Ultras ihre verbale Unterstützung komplett eingestellt hatten. Im Moselstadion waren nur die Anhänger der TuS zu hören – die dafür umso lauter. Zurückzuführen war die Verweigerung der Trierer Fans vornehmlich auf die Anfeindungen jener anderen Gruppen, die sich gewöhnlich in der Ostkurve des Stadions einfinden. Die schwachen Leistungen der Mannschaft in der vergangenen Wochen dürften weniger zum kollektiven Schweigen beigetragen haben. Denn nach dem Schlusspfiff wurden die Spieler trotz des Unentschiedens an der Gegengeraden gefeiert.

Angesichts der Atmosphäre nahm es kaum Wunder, dass der Favorit gegen den Tabellenvorletzten seine liebe Müh‘ und Not hatte. Koblenz stand sicher in der Abwehr, und in der strategischen Zone des Mittelfeldes zeigte die Elf von Michael Dämgen sogar die gepflegtere Spielanlage. Außer der Szene in der achten Minute, als Anton und Kraus sich nicht einig waren, wer denn nun vollstrecken sollte, versprühte die Eintracht nur bei Standardsituationen einen Ansatz von Gefährlichkeit. Wenn Thomas Drescher die Bälle mit dem linken Fuß vor das Koblenzer Tor brachte, herrschte dort hin und wieder leichte Konfusion im Abwehrblock. Richtig gefährlich war aber auch das nicht.

Kuduzovic konnte dem Spiel der Eintracht auf der zentralen Position auch heuer keine Akzente geben. Daniel Bauer war vollauf damit beschäftigt, seine rechte Seite zuzumachen. Jeremy Karikari aber hatte beide Füße voll zu tun, den Trierer Deckungsverbund gegen die Koblenzer Konter abzusichern. Folglich fehlten die Ideen, somit die Kreativität und letztlich die Gefährlichkeit. Um der Chronistenpflicht zu genügen, sei erwähnt, dass Kuduzovic nach Vorarbeit von Bauer an Kadir Yalcin im Tor der TuS scheiterte (43.). Auf der Gegenseite zog Tobias Bauer das Spielgerät aus der Drehung am Pfosten vorbei (45.+1). Aber auch das waren keine zwingenden Tormöglichkeiten. Das torlose Unentschieden zur Pause entsprach den Leistungen beider Mannschaften.

Kraus hat die große Chance

Wenn das Spiel schon nicht für Stimmung sorgt, muss die eben von den Rängen kommen. Exakt zum Wiederanpfiff erwachte die Gegengerade zum Leben. Stimmgewaltig dröhnte jetzt das “Schallallala, SV Eintracht Trier” durchs Oval. Aus dem Koblenzer Block flogen die Raketen auf den Rasen; im Trierer brannte die Bengalos. Ein Hauch von Derby-Charakter dann doch. Schiedsrichter Bastian Börner musste die Begegnung kurz unterbrechen. Was allerdings undramatisch war, weil sich auf dem Platz nach wie vor wenig tat. Hollmann, an dessen Kopf eine der Raketen nur knapp vorbei flog, war von den Aktionen der Fans nicht angetan. „Das muss doch alles nicht sein“, sagte Triers Kapitän, „weil es einfach anders gehen muss.“

Auf dem Platz neutralisierten sich beide Mannschaften weitgehend schon vor den jeweils gefährlichen Zonen. Koblenz erstickte die meisten Trierer Bemühungen mit seiner dichten Staffelung ab der Mittellinie bereits im Keim. Nur wenn schnell gespielt wurde, riss das Bollwerk der TuS auseinander. Wie in der 67. Minute, als Fabian Zittlau auf Anton passte. Der jedoch kam gegen Yalcin einen Schritt zu spät. Zwei Minuten später hatte Kraus die Trierer Führung auf dem Fuß. Yalcin konnte den Ball nach dem Gewaltschuss von Bauer nur nach vorne abwehren. Kraus aber brachte es fertig, das Spielgerät aus sieben Metern über das leere Tor zu schießen.

Dreschers Freistoß vom Strafraumeck verpuffte (72), und Seitz zog mit Sözen seine letzte offensive Option. Triers Trainer wollte das eine und sicher auch entscheidende Tor mit aller Macht. Über die Szene, die zum Freistoß führte, echauffierte er sich später aber heftig. „Der Spieler Gentner hat das Foul gemacht, und der hatte schon Gelb. Die Karte aber hat ein anderer bekommen“, zürnte Seitz mit der Entscheidung des Unparteiischen. Sei es, wie es sei: Koblenz brachte das torlose Remis mit viel Geschick, etwas Glück, aber auch der richtigen Einstellung über die Zeit. Der eingewechselte Thomas Klasen lenkte den Ball in den Schlusssekunden sogar noch an die Latte.

Es sollte einfach nicht sein für Trier, und Hollmann konnte nur noch entnervt feststellen: „Es ist ja nicht so, dass wir das Tor nicht machen wollen, aber es ist uns einfach nicht vergönnt momentan.“ Schon am kommenden Mittwoch kann der Trierer Kapitän mit seiner Mannschaft im Nachholspiel gegen Borussia Dortmund II einen erneuten Anlauf zum ersten Heimsieg der Rückrunde nehmen. Und vielleicht ist Hollmann nach weiteren 90 Minuten dann etwas weniger übel. „Vielleicht, aber heute war es eben einfach zum Kotzen.“ Sprach’s und verschwand im Rachen des Marathontores.

Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Hollmann, Drescher – Karikari – Bauer (ab 85. Mvondo), Kuduzovic, Zittlau – Kraus (ab 78. Sözen), Anton.

TuS Koblenz: Yalcin – Göderz, Haben, Nonnenmann, Gentner – da Silva, Stahl – Kim (ab 83. Arslan), Bauer (ab 64. Klasen), Gros (ab 73. Lauer) – Nakai.

Tore: Fehlanzeige

Schiedsrichter: Bastian Börner (Iserlohn)

Zuschauer: 2317

Weitere Bilder zum Spiel:

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