Blut auf dem Banjo

The Shanes. Road Worrior. Sumo Rex. 2013 Die Trierer Hardpolkarocker „The Shanes“ sind wieder da! Von den Toten auferstanden sozusagen. Eine der besten und langlebigsten deutschen Bands hat sich nach kurzer Auflösung wieder zusammengetan und setzt mit der CD „Road Worrier“ noch einmal ein Ausrufezeichen. „Blood on the Banjo“ heißt darauf der erste Titel, vielleicht eine kleine Reminiszenz an Bob Dylan und seine LP „Blood on the tracks“ aus dem Jahr 1975. Neben dem Godfather des Songwritings sind sicherlich auch Bands wie die Pogues, Nick Cave and the Bad Seeds oder Johnny Cash wichtige Einflüsse für den Sound der Shanes, die nach zwei Jahrzehnten Bandgeschichte und zahllosen Gigs noch immer die Hardpolka-Fahne hochhalten.

Wenn Bands sich auflösen, dann selten in Salzsäure, sondern manchmal in Wohlgefallen und meistens in gegenseitigem Einvernehmen. Weil man die immer gleichen Stories im Bandbus nicht mehr ertragen kann, den hartnäckigen Geruch von verschütteten Bieren auf dem Rücksitz nicht mehr riechen will und den deprimierenden Anblick von Autobahnraststättenklos genauso satt hat wie die gummiartige Konsistenz der Käsebrötchen in Backstage-Räumen irgendwo im Niemandsland der abgerockten Jugendzentren, kleinen Clubs und mittelgroßen Festivals. Und manchmal auch, weil man die eigenen Songs nicht mehr hören kann, die man auf unzähligen Konzerten immer wieder gespielt hat. So langweilig kann das wilde Rockstarleben sein.

Die Shanes haben sich aufgelöst, vor zwei Jahren, vielleicht auch deswegen. Nicht auszuschließen aber, dass sie jetzt wieder als Band in den Ring steigen, weil sie genau das alles vermisst haben. Die Songs, die Brötchen und das Bandbusbier.

Und ihre Rückkehr ist meistens eindrucksvoll und stellenweise grandios. Mit ihrem mittlerweile siebten Album kriegen die Polkarocker etwas hin, dass nur den wenigsten Bands nach 22 (!) Jahren gelingt. Ein Werk so frisch und entschlossen eingespielt wie zu den Zeiten, als sie mit ihrer ersten Aufnahme und dem Cover des Jahrhundersongs „Love will tear us apart“ ihren ersten Plattenvertrag und viel Aufmerksamkeit errangen.

Es geht bei den Shanes nicht mehr so wild zu wie in diesen Anfangsjahren, die rumpelnden, ekstatischen Polkabeats treten in den Hintergrund und Country und Folk irgendwo zwischen Hank Williams und Nick Cave bestimmen das Album „Road Worrier“.

Zwölf Songs finden sich auf der im Studio von Bassist Herr Dannehl eingespielten CD – lediglich die Drums wurden in den Boboclub-Studios von Boris Thome aufgenommen. Mitproduziert wurde das Album auch von Cornelius Flowers, dem fast drei Meter großen Sänger und Gitarristen der Shanes, der als einziges Gründungsmitglied immer noch dabei ist.

1991 hatte die Band ihren ersten Auftritt, ihre Musik nannte sich Hardpolka, ihr Sound war ruppig, die Gitarren verstimmt, das Publikum begeistert. Das Bandlogo zeigte damals wie heute eine brennende Kerze auf einem Totenkopf, davor ein Akkordeon.

Seitdem hat sich viel geändert. Auf unterdurchschnittlichen Mainstream getrimmte Quotenradios, Downloadexzesse für umsonst, mangelndes Verständnis für die Sache an sich und die neue Youtubevideo-Sau, die alle fünf Minuten durchs digitale Dorf gejagt wird mit einer Halbwertzeit von 3:11 Minuten, ruinieren fast jeden vielversprechenden Versuch, von ernst gemeinter Rockmusik langfristig als Künstler leben zu können.

Aber die Shanes sind aller Unbillen zum Trotz immer noch da. Reich geworden sind sie nicht, aber Ruhm und Ehre sind ja auch was wert. Die Hardpolka-und-ein-bisschen-Punk-Attitüde der frühen Jahre hat die Band längst hinter sich gelassen, doch sie ist sich treu geblieben in all den Jahren, ohne stehen zu bleiben.

Das neue Album beeindruckt mit vielfältigen und trotzdem transparenten Arrangements und einem grundlegenden Gefühl für Country, Folk und Rock.
Hochkarätige Gastmusiker wie Gitarrist Albert Lee zeugen von dem Respekt, den sich die Trierer Kapelle in ihrem langlebigem Bandleben erarbeitet hat.

Dem aktuellen Line-Up, das überwiegend schon seit Jahren zusammenspielt, merkt man in jedem Song die Erfahrung von zahlreichen Gigs an. Hier spielt eine richtige Band, in der jeder Musiker genau weiß, was er zu tun hat, um die Kollegen gut aussehen zu lassen und den Songs die nötige Portion Herzblut und Authentizität zu verpassen.

Okay, Country und Rock werden auf Road Worrier nicht neu erfunden, aber wer das in diesem Kontext erwartet, muss sich wohl oder übel von einem Satz Udo Lindenbergs, geäußert in einem Deutschlandfunk-Interview über Rockmusik, angesprochen fühlen: „Ich glaube, du hast nicht verstanden, um was es geht.“

Somit bleibt letztendlich nur festzustellen, dass den Shanes mit „Road Worrier“ eine extrem gute und facettenreiche Produktion gelungen ist – textlich und musikalisch einwandfrei, keine einzige Nummer dabei, die man mit „Ja, geht so“ abnicken würde. Ein großartiges Album einer großartigen Band.

The Shanes: Road Worrier. Sumo Rex. 2013.

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