„Wir haben eine geile Mannschaft“
Am kommenden Samstag startet Eintracht Trier mit dem Spiel im DFB-Pokal gegen den FC St. Pauli in die neue Spielzeit. Eine Woche später beginnt für die Elf von Trainer Roland Seitz der Ernst in der Regionalliga West – mit dem Heimspiel gegen den SC Wiedenbrück. Nach dem zweiten Tabellenplatz in der vergangenen Saison sind Euphorie und Erwartung im Umfeld des Vereins so groß wie schon lange nicht mehr. Gegenüber 16vor tritt Seitz jedoch deutlich auf die Bremse: „Wer jetzt schon vom Aufstieg spricht, der verkennt einfach die Fakten.“ Der Oberpfälzer bleibt Realist. „Die neue Euphorie ist schön, aber die harten Fakten sprechen eben eine andere Sprache.“
TRIER. Thomas Drescher ist Pragmatiker durch und durch. Der Mann mit dem signifikanten Vollbart verfügt über sehr viel Erfahrung – und inzwischen auch über die Altersweisheit eines Fußballprofis. Fast 100 Spiele in der ersten und zweiten Liga hat der gebürtige Hesse in seiner Laufbahn absolviert, seit Juli letzten Jahres trägt er das Trikot von Eintracht Trier. Er ist kompromisslos auf dem Platz, gegen sich selbst, und er scheut sich auch nicht vor klaren Worten. „Natürlich haben wir auch diesmal wieder eine geile Mannschaft“, sagt der 32-Jährige und warnt dennoch: „Wir haben mit Josef Cinar, Lukas Mössner und vor allem Alban Meha wichtige Spieler verloren, die insgesamt sicher für 30 Tore gut waren. Die Neuen müssen sich jetzt zunächst einmal beweisen.“
Seitz rechnet zu den drei Genannten noch einen vierten hinzu. „Auch Stefan Kohler war ein wichtiger Leistungsträger in unserem System.“ Ob er alle vier adäquat ersetzen konnte, will der Oberpfälzer jetzt noch nicht beurteilen. Oliver Stang (VfL Osnabrück) und Denny Herzig (Dynamo Dresden) sollen fortan die Defensive verstärken. Holger Knartz (TSV 1860 München II) und Martin Hauswald (Rot-Weiß Erfurt) wurden für das Mittelfeld verpflichtet. Im Sturm soll künftig Chhunly Pagenburg (ebenfalls Erfurt) neben seinem Freund und Kollegen Ahmet Kulabas wirbeln. „Das ist schon Qualität, die wir haben“, sagt Seitz. „Jetzt muss sich zeigen, ob alles auch zusammenpasst.“
Drescher hat keinen Zweifel daran, dass die neuen Kollegen „charakterlich bestens in die Mannschaft passen“. Für den Linksverteidiger ist das der Schlüssel zum Erfolg gegen die starke Konkurrenz aus Wuppertal und Lotte. „Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir jetzt die Gejagten sind – alle werden uns nach dem zweiten Platz in der letzten Saison aus einem anderen Blickwinkel sehen.“ Damit liegt der Hesse auf einer Erkenntnisebene mit seinem Trainer. „Die Konkurrenz wird uns jetzt richtig ernst nehmen“, sagt Seitz, der von einem „harten Stück Arbeit“ spricht, erneut oben mitspielen zu können.
Das aber ist das erklärte Ziel des Oberpfälzers. Von daher ärgert es ihn schon, dass die Testspiele in der Vorbereitung nicht wirklich zu seiner Zufriedenheit verliefen. „Die Ergebnisse haben mir nicht so gefallen“, räumt er ein. Von der Trainingsleistung seiner Spieler war der 46-jährige Fußballlehrer zwar angetan. „Da haben die Jungs wirklich gut gearbeitet.“ Die Tests seien allerdings nicht so ausgefallen, wie von ihm erwartet. „Die Truppe war vor der letzten Saison einfach ein Stück geiler auf den Erfolg“, sagt er, gibt aber zugleich zu bedenken, dass 14 Spieler geblieben seien, die sich jetzt nicht mehr bedingungslos beweisen müssten. „Vielleicht ist meine neue Mannschaft auch eine Portion reifer und somit etwas ruhiger.“
Seitz setzt auf die Erfahrung von Hollmann und Drescher
Aus Sicht der Mannschaft will Drescher die eher durchwachsene Vorbereitung nicht überbewerten. „Wir haben uns etwas schwer getan im Vergleich zum letzten Jahr“, räumt er ein. „Aber gegen Großaspach und die Stuttgarter Kickers haben wir wieder in die Spur gefunden.“ Gegen beide Regionalligisten aus der Süd-Gruppe gewann der SVE während des Trainingslagers im schwäbischen Sindelfingen. Den Siegtreffer gegen die Kickers erzielte der neue Kapitän Torge Hollmann – auf Vorlage seines Stellvertreters Drescher. Beide sollen in der neuen Saison der verlängerte Arm des Trainers auf dem Platz sein. Seitz setzt auf die Erfahrung der Routiniers, die der Abwehr als Prunkstück der Mannschaft ihr Gesicht geben.
Für Roman Gottschalk, zusammen mit Ernst Wilhelmi und Harry Thiele im Vorstand des Vereins tätig, ist der jüngste Erfolg mit dem zweiten Platz in der Liga ohnehin nur schwer zu überbieten. „Wir haben eben nicht die finanziellen Möglichkeiten wie andere Vereine – das muss man ganz klar sehen.“ Trotz des reduzierten Etats auf rund 800.000 Euro für die Regionalliga-Mannschaft sieht der Trierer Unternehmer den Klub jedoch bestens gerüstet für die neue Spielzeit. Gottschalk machte sich in Sindelfingen ein Bild vom Leistungsstand seiner Angestellten und war zufrieden. „Wir haben mit Roland Seitz einen absoluten Spitzenmann als Trainer, der mit seinen Beziehungen und auch mit seiner Erfahrung viel von dem ausgleichen kann, was wir finanziell nicht leisten können.“
Dennoch sieht Gottschalk Handlungsbedarf. „Wir müssen uns sicherlich mit einem weiteren Stürmer verstärken, damit wir erneut in der Spitzengruppe mitspielen können.“ Daran arbeitet Seitz – allerdings ohne Druck. Täglich ist der Oberpfälzer mit Spielerberatern in Kontakt, um den richtigen Mann für den Verein zu gewinnen. Sein Anforderungsprofil hat er dabei stets im Kopf: Groß soll der Neue sein, bullig – ein Mann für Standards und um den Ball zu halten. „Ich will schon einen Typ wie Lukas Mössner einer war“, sagt er. Was nicht heißen soll, dass er nicht auch einen anderen Spielertypen holen würde, sofern sich die Gelegenheit bieten sollte, einen „echten Kracher“ an Land zu ziehen.
Vierter U23-Spieler fehlt noch im Kader
Namen wie jene der Ex-Profis Francis Kioyo oder auch Nico Frommer will Seitz allerdings nicht bestätigen. Gerald Asamoah, der zurzeit beim KFC Uerdingen in der fünften Liga trainiert, würde er hingegen sofort verpflichten. Für Gerüchte dieser Art hat der Oberpfälzer allerdings nicht mehr als ein Lächeln übrig. Er weiß, was machbar ist und was nicht – vor allem finanziell. „Wir müssen ja auch in der neuen Saison wieder etwas sparen, von daher muss jeder Neuzugang nicht nur sportlich und charakterlich, sondern auch in unser Gehaltsgefüge passen.“ Außerdem hat Seitz noch eine weitere Baustelle zu schließen. Ihm fehlt noch ein Spieler, der unter die vom DFB vorgeschriebene U23-Regelung fällt. Vier Nachwuchskräfte müssen es sein. Mit Knartz, Max Bachl-Staudinger und Fabian Zittlau stehen allerdings erst drei Akteure im Kader des SVE. Deswegen ist er weiterhin auf der Suche nach einem Spieler, der vor allem defensiv einsetzbar sein soll.
Am Montagabend weilte Seitz in Frankfurt, wo er beim 1:1-Unentschieden zwischen der Eintracht und St. Pauli den ersten Gegner der neuen Spielzeit beobachtete. Er war beeindruckt. „St. Pauli hat vor allem in der ersten Halbzeit sehr stark gespielt. Da kann einem schon etwas Angst und Bange werden.“ Ohnehin ist der Pokal nur eine, wenn auch angenehme, Randnotiz für den Trierer Fußballlehrer. „St. Pauli ist klarer Favorit in dem Spiel, das ist doch keine Frage.“ Für den Konkurrenzkampf in der Liga sieht Seitz seine Mannschaft gerüstet, ohne die Euphorie weiter schüren zu wollen. „Wuppertal, Lotte, Elversberg, auch Fortuna Köln und Essen, und sicherlich auch die eine und andere zweite Mannschaft wie Kaiserslautern, die muss man alle auf der Rechnung haben.“
Am letzten Spieltag spielfrei
Dass die Liga in der neuen Saison wegen des freiwilligen Abstiegs der TuS Koblenz mit 19 Mannschaften spielt, nimmt der Oberpfälzer mit einem Achselzucken zur Kenntnis. „Das ist eben nicht zu ändern.“ Was ihm allerdings überhaupt nicht schmeckt, ist, dass der SVE laut Spielplan ausgerechnet am letzten Spieltag spielfrei hat. „Das ist schon komisch, dass der Zweite der vergangenen Saison just am letzten Spieltag tatenlos zusehen muss. So etwas ist für mich nicht nachvollziehbar.“ Auch die Verkürzung der Winterpause sieht der 46-Jährige skeptisch. „Je nach Wetterlage kann das schon zu einer großen Wettbewerbsverzerrung führen, wenn viele Spiele ausfallen sollten.“
Von seiner Mannschaft fordert Seitz, mit Selbstbewusstsein in die kommende Runde zu gehen. „Natürlich wäre es mir lieber gewesen, wir hätten alle Spieler halten und uns punktuell verstärken können. Dann hätten wir uns wahrlich vor niemandem verstecken müssen.“ So hofft er darauf, dass seine Neuzugänge auch diesmal wieder einschlagen. Den Rest soll das Kollektiv richten, der Zusammenhalt innerhalb einer verschworenen Gemeinschaft. Dazu will auch die Vereinsführung beitragen. Spieler, Trainerstab, Vorstand und Aufsichtsrat trafen sich am Dienstagabend in den Räumen des neuen Trikotsponsors „Romika“ zum Gedankenaustausch. „Nur in ‚Eintracht‘ geht es“, sagt Gottschalk, „weil wir nur so den Vorsprung der finanziell besser gestellten Vereine ausgleichen können.“
Für Thomas Drescher ist es ohnehin keine Frage, dass der Zusammenhalt in der Mannschaft ähnlich gut wie in der letzten Saison ist. „Die Stimmung könnte besser nicht sein, alle fiebern dem ersten Spiel entgegen. Ich bin von unserer Truppe überzeugt“, betont er mit Nachdruck.
Info zum DFB-Pokal:
Um Wartezeiten an der Tageskasse zu vermeiden, macht Eintracht Trier alle Fußballfans noch einmal im Vorfeld des DFB-Pokalspiels am Samstag, 15.30 Uhr, Moselstadion, auf den Kartenvorverkauf aufmerksam. Bei den Vorverkaufsstellen Presse-Tabak-Lotto Schmotz (Matthiasstraße 8) und bei TTS Sport in der (Zurmaienerstraße 155) gibt es noch bis Freitag, 14 Uhr, Stehplatzkarten. Bis Freitag, 18.30 Uhr, halten die Vorverkaufsstellen von Ticket-Regional die Karten bereit.
von Eric Thielen