Pokaleinnahmen für Schuldenabbau nötig
Fußball-Regionalligist Eintracht Trier kommt aus den roten Zahlen nicht heraus. 2010 musste der Verein einen Verlust von 134.000 Euro verbuchen. Auch das letzte Geschäftsjahr bis Ende Juni 2011 wird keinen Gewinn abwerfen. Zudem drücken den Klub neue Schulden bei der Stadt. Bürgermeisterin Angelika Birk (Grüne) bestätigte entsprechende Informationen von 16vor. Der Verein ist mit den Zahlungen der Betriebskosten für das Moselstadion im Rückstand. Jetzt werden die Verbindlichkeiten in Raten abgestottert. Auf der Mitgliederversammlung versprach die Klubführung weiteren Schuldenabbau. Der Aufstieg in die dritte Liga wird dennoch angepeilt.
TRIER. Die Örtlichkeit war bewusst gewählt für diesen lauschigen Sommerabend im August. Ein wenig Glanz des Vier-Sterne-Ressorts „Nells Park Hotel“ sollte auch auf Gegenwart und Zukunft des Klubs abfallen. In den großen Tagungsraum unweit der Orangerie im weitläufigen Park hatte der Sportverein Eintracht Trier seine rund 1000 Mitglieder geladen. 58 kamen und durften sich anhören, dass der Verein solide geführt, liquide und für die Zukunft gewappnet sei. So jedenfalls der Tenor aller Redner aus Vorstand und Aufsichtsrat.
Vielleicht war es ein Fehler in der internen Kommunikation. Vielleicht war es auch einfach nur ein Versehen. Schließlich hatte Harry Thiele, im dreiköpfigen Vorstand des Klubs für die Finanzen zuständig, keine konkreten Zahlen zur wirtschaftlichen Situation preisgegeben. Thiele sprach in seinem Rechenschaftsvortrag lieber von „einem gesicherten Budget“, mit dem der Verein seinen Verpflichtungen bis Ende Juni 2012 gerecht werden könne. Erst als der Bericht der Kassenprüfer Ernst Ambré und Willi Fettes anstand, wurde es konkreter. Jetzt bekamen die Mitglieder auch Fakten zu hören: 134.000 Euro Verlust im Geschäftsjahr zwischen Juli 2009 und Juni 2010. Das Jahr zuvor war laut Prüfer noch mit einem Plus von 100.000 Euro abgeschlossen worden. „Nur“, sagte ein Mitglied nach der gut einstündigen Veranstaltung. Denn in dieser Saison waren alleine durch den DFB-Pokal circa 1,2 Millionen Euro in die Kassen geflossen. „Fragt sich, wo das Geld geblieben ist?“, schob der ältere Eintrachtler noch nach.
Betretene Mienen bei der Führungsriege des Klubs. So war das sicher nicht beabsichtigt gewesen, dass ausgerechnet durch die Kassenprüfer jene Zahlen auf den Tisch kamen, die der Vorstand wohl lieber intern gehalten hätte. Entsprechend schnell bemühte sich Ernst Wilhelmi, dem Kollegen Thiele zur Seite zu springen, als von den Plätzen die Frage nach dem Schuldenstand kam. „Ich denke, Harry Thiele hat ausführlich berichtet. Die Dinge sind geordnet – mehr ist dazu nicht zu sagen“, wies Sportvorstand Wilhelmi den Fragensteller ab. Dabei blieb es dann auch. Keine weiteren Fragen mehr.
Dass auch das letzte Geschäftsjahr bis zum Juli 2011 nicht mit einem Gewinn enden wird, hätte die Mitglieder dann doch interessieren können. Bestätigen wollte Thiele das vor der Versammlung nicht. Noch fehlten die Belege der Steuerberater, erklärte er. Von daher seien noch keine abschließenden Zahlen vorhanden. Immerhin konnte der Verein nach Thieles Ausführungen die Etatlücke von rund 200.000 Euro in der vergangenen Saison durch zusätzliches Geld von Sponsoren schließen. Dennoch wird ein Fehlbetrag bleiben, der den Schuldenstand weiter steigen lässt.
Ohnehin sitzt Eintracht Trier nach Informationen von 16vor auf einem Schuldenberg von mehr als 350.000 Euro. Nicht eingerechnet sind darin die Verbindlichkeiten des Klubs von rund 300.000 Euro gegenüber der Stadt wegen der Erweiterung der Haupttribüne noch zu Zweitligazeiten aus dem Jahr 2003. Im Dezember 2008 hatte der Stadtrat vorläufig auf die Forderung verzichtet. Jetzt sollen mit dem zusätzlichen Geld aus dem DFB-Pokal zumindest die aktuellen Schulden gedrückt werden. Thiele versprach einen weiteren Schuldenabbau: „Dann sinkt die Zinsbelastung, und wir haben mehr Handlungsspielraum.“ Durch den Einzug in die zweite Runde des Pokals gegen den Hamburger SV winken dem Verein Mehreinnahmen von über 300.000 Euro.
Neue Schulden bei der Stadt
Die Gläubiger stehen jedoch bereits Gewehr bei Fuß. Nicht nur die privaten Geldgeber, die dem Klub Darlehen zur Sicherung der Lizenzerteilung gewährt hatten, sondern auch der städtische Kämmerer. Sportdezernentin Angelika Birk bestätigte Informationen unserer Redaktion, wonach der Verein mit den Zahlungen für die laufenden Betriebskosten des Moselstadions im Rückstand ist. Dabei soll es sich um einen nicht unerheblichen fünfstelligen Betrag handeln. „Ja, das ist richtig, die Eintracht hat diese Verbindlichkeiten“, so Birk. Mehrere Gespräche mit der Vereinsführung habe es bereits gegeben. Darin wurde eine monatliche Ratenzahlung vereinbart. Über die Höhe schwieg Birk sich aus. „Ich kann nur sagen, dass die Verbindlichkeiten jetzt bedient werden.“ Was in diesem Fall bedeutet: Zunächst wurden die Raten nur sporadisch entrichtet. Dass die Modalitäten des Ratenvertrages zwischen Verein und Stadt nach dem neuerlichen Geldregen aus dem Pokal modifiziert werden könnten, wollte die Dezernentin nicht dementieren. „Wenn, dann sicherlich nach oben“, so Birk.
Ohnehin profitiert Eintracht Trier von einem speziellen Steuermodel zwischen Klub und Stadt für das Moselstadion, weil der Mietzins postwendend an den Verein zurückfließt. Im November 2010 berichtete 16vor über das Steuerkonstrukt Moselstadion. Am 12. April 2011 findet sich dazu in der Trierer Rathaus-Zeitung eine kurze Notiz auf Seite sieben. Unter der Überschrift „Sportevents gesichert“ heißt es über Zahlungen aus dem städtischen Haushalt: „… sowie gut 42.000 Euro an Eintracht Trier zur steuerrechtlich erforderlichen Anpachtung des Moselstadions.“ Die Höhe der Summe wird im Vergleich deutlich. Denn im selben Zeitraum plant die Stadt „45.000 Euro für die Deckung laufender Kosten von Schulprojekten, Sanitätsdiensten bei Großveranstaltungen oder diversen Vereinsjubiläen“ ein. Das geht ebenfalls aus dem Artikel in der Rathaus-Zeitung hervor.
Jetzt soll die ohnehin chronisch leere städtische Kasse nicht zusätzlich mit den neuen Schulden des Vereins bei den Betriebskosten belastet werden. Zumal die Stadt schon die Kosten für die laufenden Sanierungsarbeiten im Moselstadion trägt. Notwendig wurden diese, um auch die geforderten Sicherheitsbestimmungen für die Heimspiele des SVE weiterhin zu gewährleisten. Mehr als 100.000 Euro verschlingen die Arbeiten nach Informationen von 16vor. Birk bestätigte auch diese Zahl. „Die Stadt engagiert sich vielfältig für Eintracht Trier“, so Birk, „das kann man durchaus so sagen.“
Davon erfuhren die Mitglieder des Klubs im „Nells Park Hotel“ ebenso wenig wie von den neuen Schulden des Vereins bei der Stadt. Thiele ließ lediglich durchblicken, dass die Sanierungsmaßnahmen bis zum Winter beendet sein sollen. Und dass eine Handwerkerinitiative den Kabinentrakt der ersten Mannschaft für den Verein kostenneutral hergerichtet habe. Immer wieder war jedoch von der „soliden Politik des Vorstandes“ die Rede, auch durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Frank Natus, der ferner von der „fachlichen Kompetenz“ des Gremiums sprach, „wie es sie schon lange nicht mehr bei Eintracht Trier gegeben hat“. Dabei hatte gerade Natus nach der Saison 2009/2010, die mit dem sportlichen Abstieg aus der Regionalliga beendet worden war, einen eigenen Sportmanager gefordert, der dem Vorstand beratend zur Seite stehen solle. Heute ist davon keine Rede mehr. Kritiker bezweifeln ohnehin die jüngste Darstellung des Aufsichtsratsvorsitzenden angesichts des hohen Schuldenstands und dem deutlichen Rückgang der Sponsorengelder, für deren Akquise vornehmlich Geschäftsstellenleiter Dirk Jacobs zuständig ist.
Nicht von ungefähr musste der Gesamtetat für die aktuelle Spielzeit erneut gesenkt werden. Diesmal um gut 20 Prozent auf rund 1,2 Millionen Euro. Thiele sprach zwar von „rund 130 kleineren und größeren Sponsoren“, die der Klub zu seinen Unterstützern zählen könne. Konkrete Zahlen bezüglich der dadurch generierten Einnahmen nannte er den Mitgliedern aber nicht. Kritiker dieser Politik sprechen schon längst nicht mehr hinter vorgehaltener Hand von einem „Tanz auf dem Vulkan“. Der hohe Anspruch des Vereins, möglichst schnell in die dritte Liga aufzusteigen, vertrage sich nicht mit Etatreduzierung und Schuldenberg.
Rückzug Bergers kostet 25.000 Euro
Alleine durch den Rückzug des Trierer Unternehmers Michael Berger (Burger King) verlor der Klub rund 25.000 Euro an Einnahmen. Berger hatte nach der Saison 2009/2010 seine Mitarbeit angeboten, geriet wegen seiner Vorschläge jedoch schnell in Gegensatz zu Thiele und Natus. Der Konflikt eskalierte schließlich hinter den Kulissen und endete mit dem Rückzug Bergers, nachdem dieser als beisitzendes Mitglied des Aufsichtsrates nicht zur Weihnachtsfeier im Dezember 2010 eingeladen worden sein soll. Bis dato hatte der Unternehmer vornehmlich die Jugendabteilung des Vereins unterstützt, war aber auch bereit, zur Konsolidierung des Gesamtvereins tief in die Tasche zu greifen. Im Gegenzug erwartete er ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen.
Inzwischen hat Berger seine Sponsorentätigkeit komplett eingestellt, was in erster Linie Auswirkungen auf die Jugendarbeit hat. Eine Ausbildungsgebühr zwischen 10 und 15 Euro pro Monat und Jugendspieler bis zur U17 wurde eingeführt, die von den jüngeren Nachwuchsspielern zusätzlich zum inzwischen gestiegenen Mitgliedsbeitrag (wir berichteten) entrichtet werden muss. Für den Vater eines elfjährigen Jungen ist klar, was tatsächlich mit dem Geld geschieht. „Das geht in die zweite Mannschaft, damit die Oberliga spielen kann“, sagt er gegenüber 16vor. Roman Gottschalk, im Vorstand für die Jugendarbeit zuständig, betonte vor den Mitgliedern jedoch die „soziale Verantwortung“, der man auch in Zukunft gerecht werden wolle. Ursprünglich sollte die Mitgliederversammlung auch über den Punkt der Ausbildungsgebühr informiert werden. Doch der wurde nicht zur Diskussion gestellt.
„Es zählt nur der Aufstieg“, war sich das langjährige Eintracht-Mitglied nach der Versammlung sicher. „Dem wird jetzt alles andere untergeordnet.“ Natus hatte jene Einschätzung schon kurz zuvor indirekt bestätigt. „Warum soll uns nicht gelingen, was Preußen Münster in der letzten Saison gelungen ist?“, fragte der Aufsichtsratsvorsitzende rhetorisch. Der Aufstieg also. Dem Anspruch folgte die Versammlung. Bei nur drei Enthaltungen wurde der Vorstand entlastet. Neuwahlen stehen erst im kommenden Jahr an.
von Eric Thielen