Niederlage im Hexenkessel

Die Basketballer der TBB Trier sind mit einer Niederlage in die neue Bundesliga-Saison gestartet. Am Montagabend unterlag die Mannschaft von Henrik Rödl in Würzburg dem Aufsteiger “s.Oliver Baskets” mit 67:74 (32:41). Trier musste auf Leistungsträger Philip Zwiener verzichten, der sich am Donnerstag im Training verletzt hatte. Zudem gingen John Bynum und Neuzugang Nate Linhart angeschlagen in die Begegnung in der mit 3140 Zuschauern ausverkauften Halle in Mainfranken. “Wir haben alles gegeben und bis zum Schluss um den Sieg gekämpft”, sagte Rödl, dem die Enttäuschung anzumerken war. “Letztlich waren Kleinigkeiten entscheidend in diesem Spiel, das von sehr vielen Fehlern auf beiden Seiten geprägt war”, konstatierte Triers Trainer.

WÜRZBURG. Als Rödl gegen 19.10 Uhr unter dem frenetischen Jubel der Würzburger Anhänger zur Gratulation auf den Kollegen John Patrick zuschritt, mag er schon mehr als geahnt haben, dass die neue Saison ungleich schwerer werden wird, als er möglicherweise bisher geglaubt hatte. Mehr als zwei Stunden lang hatte sich seine Mannschaft einen großen Kampf mit dem Kontrahenten aus Würzburg geliefert – und stand am Ende doch mit leeren Händen da. Die 23 Punkte des überragenden Maik Zirbes reichten nicht aus, auch nicht die 17 Zähler von Neuzugang Ernest Gallup. In der Breite fehlte die Konstanz, weil mit John Bynum und Nate Linhart zwei wichtige Eckpfeiler wegen Verletzungen nur bedingt leistungsfähig waren.

Zudem war der Ausfall von Philip Zwiener ein heftiger Schlag für Rödl und die TBB. Der Mann, auf dem so viele Trierer Hoffnungen ruhen, war im Training am letzten Donnerstag umgeknickt. Krücken statt Korbleger: Zwiener braucht aktuell Gehhilfen, um sich fortzubewegen. Das lädierte Sprunggelenk setzt den 26-Jährigen voraussichtlich zwei Wochen schachmatt. Ohne schwere Verletzungen waren die Trierer durch die lange Vorbereitung gekommen. Angesichts des kleinen Kaders fast schon überlebenswichtig, um konkurrenzfähig zu sein. “Ich weiß nicht, ob wir mit ihm gewonnen hätten”, sagte Rödl, “aber natürlich ist es extrem schwer, einen solchen Leistungsträger zu ersetzen.”

Zwieners Ausfall kam also zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Gerade im Hexenkessel der kleinen Halle im Herzen von Mainfranken wäre ein Mann mit seiner Erfahrung unschätzbar wichtig gewesen. Seine Ruhe hätte sich auf die jungen Spieler übertragen können. Zwiener als Leitfigur und Führungskraft. Schließlich kann zartbesaiteten Zeitgenossen schon beim Anblick des Showprogramms der Würzburger mulmig werden. Die Halle zitterte beim ohrenbetäubenden Lärm, der Boden bebte, als die Baskets sich erstmals nach der Rückkehr in die Beletage des deutschen Basketballs ihrem Publikum präsentierten. “Aber auch meine Spieler waren nervös”, räumte Patrick ein. Würzburgs Trainer sprach ebenfalls von Details, die das Spiel entschieden hätten. “Natürlich sind wir froh, dass der Auftakt geglückt ist, aber wir müssen uns steigern”, so Patrick.

Schließlich sind die Erwartungen in Mainfranken hoch. So hoch, dass in der Schlossstadt von nichts anderem als der Teilnahme an der Meisterrunde der besten acht Mannschaften gesprochen wird. Um das große Ziel zu erreichen, wurde kräftig investiert. Unter anderem auch in den Trainer: Patrick kam aus Göttingen, wo der Amerikaner starke Duftmarken in der Szene hinterließ. Seine Mannschaften bevorzugen das bewusst körperbetonte Spiel. Aggressiv, robust, zupackend – das sind die Attribute. Es schwingt eine gehörige Portion Respekt mit, wenn manche sogar vom dreckigen Basketball sprechen, den Patrick spielen lasse. Zum Auftakt der letzten Saison musste die TBB das schmerzhaft erfahren. Gegen Patricks Göttingen waren die Trierer in eigener Halle chancenlos.

Würzburg ist das neue Göttingen des Amerikaners. Seine Philosophie hat er jetzt in den Köpfen der Mainfranken zementiert. Jason Boone bearbeitete Maik Zirbes derart, dass der Trierer zunächst kaum Luft zum Atmen bekam. John Little überragte sich selbst, weil er Triers Neuzugang Nate Linhart nicht ins Spiel ließ. Der Aufsteiger dominierte das Geschehen auf dem Feld von Beginn an. Trier hielt sich vorderhand durch die Dreipunkte-Würfe von Ernest Gallup am Leben. Bis zum 15:15 im ersten Viertel schien sogar mehr möglich zu sein. Dann jedoch stieg die Fehlerquote bei Rödls Männern deutlich an, weil der seine Rotation nach dem Ausfall von Zwiener und wegen der Verletzungen von Bynum und Linhart klein halten musste. “Das entspricht natürlich nicht meinen Vorstellungen”, sagte Rödl.

Zähes Ringen bis zum Schluss

Triers Trainer gestikulierte und korrigierte, weil er das Verhängnis kommen sah. Proportional zur steigenden Souveränität der Würzburger fiel das Sicherheits-Niveau der TBB. Viele einfache Ballverluste machten den Mainfranken das Spiel leicht. Als Christoph Hennberger den Ball aus der Distanz durch den Ring setzte, führte der Aufsteiger kurz vor Ende des ersten Spielabschnitts. Die Machtverhältnisse vor dem frenetischen Würzburger Publikum waren frühzeitig manifestiert. Rödl hatte es prognostiziert: “Wir werden Lehrgeld zahlen müssen”, hatte der Offenbacher im Hinblick auf die neue Spielzeit gesagt. Und so kam es denn auch.

Würzburg blockte stark. Würzburg arbeitete konsequent und physisch stark in der Verteidigung. Würzburg war Herr im eigenen Haus, weil Trier die Mittel fehlten, das Bollwerk der Mainfranken zu knacken. Zirbes mit zehn Punkten bis zur Pause, Gallup mit deren 15 – das alleine reichte nicht, weil zu viel Last auf zu wenigen Schultern ruhte. Ganz anders der Aufsteiger, der auf alle Trierer Versuche stets die passende Antwort parat hatte. Ricky Harris holte 13 Zähler, ansonsten jedoch verteilte sich die Punkteausbeute gleichmäßig. Bei Würzburg zog jeder zum Korb, hatte jeder die ruhige Hand für den Ball. Dennoch war bei neun Punkten Rückstand (32:41) zur Pause für die TBB noch nichts verloren.

Rödl brauchte seine Männer beim Seitenwechsel nicht wachzurütteln. Das waren sie ohnehin. An der fehlenden Einstellung lag es mitnichten, dass die Mainfranken immer einen kleinen Schritt schneller waren. Die spürbare Aggressivität von Patricks Mannschaft mussten sie mit der eigenen physischen Stärke bekämpfen. Nur so würden die Trierer noch zur Wende im Spiel kommen können. Sie waren nahe dran, als Zirbes vier Punkte am Stück machte, Kapitän Dragan Dojcin von der Dreierlinie traf. Der Vorsprung schmolz auf 50:45. Die Würzburger wankten, fielen aber nicht, weil sie sich durch die Schwächephase mogelten.

So war die TBB am Ende des dritten Viertels bei acht Punkten Rückstand fast ebenso weit vom Gegner entfernt, wie schon zuvor. Was blieb, war der Schlussspurt durch die letzten zehn Minuten, der alle zuvor geleistete Arbeit in kürzester Zeit vernichten kann. Würzburg hatte viel Kraft gelassen, um Trier über 30 Minuten hinweg auf Distanz zu halten. Der Substanzverlust war den Mainfranken jetzt deutlich anzumerken. Die TBB hielt den Abstand konstant bei fünf Zählern. Der Drei-Punkte-Wurf von Oskar Faßler brachte Trier beim 63:60 auf Sichtweite zum Kontrahenten. Doch Ben Jacobson konterte – ebenfalls aus der Distanz.

Die letzte Spielminute war ein zähes Ringen um jeden Ball. Über fünf Minuten mussten sich die Würzburger Fans gedulden, ehe der erste Heimsieg unter Dach und Fach war. Trier spielte Foul um Foul, Rödl nahm noch einmal Auszeit, um seine Männer ein letztes Mal auf die Schlusssequenz einzustellen und den Rhythmus des Gegners zu brechen. Doch die Mainfranken ließen sich nicht locken. Harris setzte den Schlusspunkt zum 74:67, und ein sichtlich ausgepumpter Faßler konnte nur noch feststellen, “dass wir einfach die Bigpoints nicht gemacht haben”. Am Willen habe es nicht gelegen, so der Trierer. “Unsere Schwäche lag heute einfach darin, dass wir zu viele Offensiv-Rebounds des Gegners zugelassen und von außen zu wenig getroffen haben”, sagte Faßler mit hörbarer Enttäuschung in der Stimme.

s.Olivier Baskets Würzburg: Brown (2), Harris (18), King (4), Little (12), Jacobson (7), Kleber, Boone (8), Henneberger (3), Kramer (3), Tomaszek (2), Clay, Elliot (15).

TBB Trier: Linhart (1), Joyce (5), Saibou, Dojcin (9), Faßler (7), Seiferth, Gallup (17), Picard (2), Zirbes (23), Bynum (3), Dietz.

Viertelstände: 20:17; 41:32; 53:45; 74:67

Zuschauer: 3140 (ausverkauft)

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