Fortunen mit Fortuna im Bunde

Erneute Heimniederlage für Eintracht Trier: Am Dienstagabend unterlag der Titelaspirant von der Mosel gegen Fortuna Düsseldorf II mit 1:2 Toren. Wie schon gegen Schalke 04 verschliefen die Spieler von Trainer Roland Seitz die erste Halbzeit. Der Siegtreffer für die Rheinländer fiel nach einer umstrittenen Entscheidung von Schiedsrichter Stefan Glasmacher durch den zweifachen Torschützen Marco Königs. Glasmacher musste nach dem Schlusspfiff unter dem Schutz der Ordner vom Platz geführt werden. Seitz war ebenso empört wie die meisten der 2372 Zuschauer. Auch er hatte vor dem Gegentreffer ein klares Foulspiel an Innenverteidiger Denny Herzig gesehen. „Diese Szene war spielentscheidend“, sagte Seitz, „von daher ist die Niederlage besonders bitter.“

TRIER. Kurz vor Ende der Begegnung marschierten Polizeibeamte von der Tribüne in Richtung Spielfeld. Als Neuzugang Wojciech Pollok innerhalb einer Minute zwei Mal gegen Düsseldorfs Torwart Robert Almer den möglichen Ausgleich vergab, galt das Augenmerk der Polizisten nur der Sicherheit von Schiedsrichter Stefan Glasmacher. Eingreifen mussten sie nicht. Als Glasmacher das Spiel beendete, hatten die Ordner auf dem Platz die Situation im Griff. Sie beschützten den Unparteiischen und dessen Assistenten vor den fliegenden Trinkbechern. Zudem war der bewegliche Kabinengang unterhalb der Haupttribüne ausgefahren. Das jedoch hielt die Trierer Anhänger nicht davon ab, Glasmacher auch weiterhin mit wütenden „Schieba, Schieba“-Rufen einzudecken.

Seitz bewahrte die Contenance, auch wenn ihm der Ärger unmittelbar nach dem Spiel deutlich anzusehen war. Die Szene in der 85. Minute war ausschlaggebend für den Unmut des Trierer Trainers. Beim Zweikampf zwischen Denny Herzig und Adriano Grimaldi entschied der Schiedsrichter eben nicht auf Freistoß für Trier, sondern ließ das Spiel weiterlaufen. Marco Königs schnappte sich den Ball und vollstreckte im zweiten Versuch gegen André Poggenborg zum 2:1 für die Fortunen. „Für mich war das ein klares Foul an Herzig“, sagte Seitz, der sich die Szene auf Video angesehen hatte. Goran Vucic widersprach dem Kollegen. „Das war ein Zweikampf, und aus meiner Sicht war das kein Foul, sondern ein Zusammenprall“, betonte Düsseldorfs Trainer.

Lob hatte Vucic hingegen für seine Mannschaft und den Gegner parat: „In der ersten Halbzeit war es ein gutes Spiel von beiden Seiten.“ Dem wollte sich Seitz so nicht anschließen. „Wir haben in der zweiten Halbzeit gut gespielt, in der ersten nicht“, sagte der Oberpfälzer. Ohnehin haben die Männer von Seitz keine gute Erinnerung an die Fortunen. Die 1:3-Niederlage im Paul-Janes-Stadion am “Flinger Broich” zu Düsseldorf vom Februar 2011 war der Anfang vom Ende aller Aufstiegshoffnungen der Trierer in der vergangenen Saison. Damals lieferte der SVE gegen die aus dem Zweitliga-Kader verstärkte Fortuna wohl seine schlechteste Saisonleistung ab. Nichts lief so, wie Seitz sich das vorgestellt hatte. Marcel Gaus und Marco Königs hatten den Titelaspiranten quasi im Alleingang geradezu schwindelig gespielt.

Zumindest Gaus blieb der Eintracht an diesem sonnigen Augustabend erspart. Dafür verstärkten diesmal Almer, Tugrul Erat, Fernandez Juanan sowie Grimaldi die U23 vom Rhein. Und natürlich Königs, der hin und wieder auch ausreicht, den Gegner das Fürchten zu lehren. Zumal dann, wenn der so in Laune ist, wie an diesem Abend in Trier. Der Düsseldorfer Stürmer war kaum in den Griff zu bekommen. Ständig mussten sich Herzig und Oliver Stang intensiv um Königs kümmern, oftmals auch mit vereinten Kräften im Doppelpack. Auszuschalten war er dennoch nicht. Als Triers Torwart Poggenborg sich in der 17. Minute komplett verschätzte und vor dem Ball durchsprang, war Königs zur Stelle. Nur die Gedankenschnelligkeit von Herzig verhinderte den frühen Rückstand. Triers Innenverteidiger blockte Königs ab – auf Kosten einer Ecke. Zuvor war schon Alexander Nandzik zwei Mal gefährlich vor Poggenborg aufgetaucht.

Seitz hatte zwar eine offensivere Ausrichtung als zuletzt auswärts in Dortmund angekündigt. Umsetzen ließ sich das auf dem Platz allerdings nur schwer. Die Fortunen verlagerten das Spiel geschickt in die Hälfte des Gegners. Passgenau lief das Spielgerät durch die Düsseldorfer Reihen, was von den Trierern ein enorm hohes läuferisches Pensum forderte, um die Räume dauerhaft zustellen zu können. Das gelang nicht immer, aber mit zunehmender Spieldauer immer besser. Thomas Drescher hatte seine persönliche Erklärung für die schwache erste Halbzeit: „Es war wie gegen Schalke, wir konnten einfach nicht das umsetzen, was wir uns vorgenommen hatten“, sagte der Trierer Kapitän.

In Richtung des gegnerischen Tores verlegte sich der SVE auf überfallartige Angriffe. Immer wieder wurde Ahmet Kulabas durch die Mitte gesucht. Meist von Fahrudin Kuduzovic flach angespielt, sollte er die Bälle gegen die hochgewachsenen Düsseldorfer Abwehrspieler seitwärts verteilen und so Verwirrung in der Abwehr der Fortunen stiften. Ein probates Mittel, um gegen die aufmerksamen Spezialisten in der Innenverteidigung der Gäste zum Erfolg zu kommen. Beinahe hätte Kuduzovic davon in der 29. Minute profitiert. Der Querschläger nach Schussversuch von Martin Hauswald landete vor den Füßen des gebürtigen Bosniers. Doch Kuduzovic war zu überrascht, konnte die Kugel nicht kontrollieren.

Im Gegensatz zu vielen anderen Mannschaften der Liga kann die Eintracht in einer Begegnung jedoch auf mehrere Varianten zurückgreifen. Geht aus dem Spiel heraus wenig, sind da immer noch die Standards, die Seitz auch im Training regelmäßig und intensiv üben lässt. War Alban Meha in der letzten Saison noch der unumstrittene Herr über den ruhenden Ball, so teilen sich heuer gleich mehrere Trierer diese Aufgabe. Einer davon ist Drescher. Aus dem linken Fuß des Hessen entwächst jene Gefährlichkeit, die gegnerische Mannschaften erzittern lässt. So geschehen in Idar-Oberstein, gegen Schalke – und jetzt auch gegen Düsseldorf.

„Uns fehlt noch die Konstanz“

Dreschers Ball vom Freistoßpunkt aus fand in der 37. Minute seinen Abnehmer in Kulabas. Trotz seiner deutlich geringeren Köperlänge im Vergleich zu seinen Düsseldorfer Kontrahenten kam der Stürmer an das Spielgerät. Kulabas hatte sich genau zum richtigen Zeitpunkt in die Höhe geschraubt und versenkte den Ball zur viel umjubelten 1:0-Führung. Drescher selbst hatte danach mehr erwartet: „Nach der Führung hätten wir einfach anders spielen müssen, auch das ist uns nicht gelungen.“

Wieder hatte sich die Eintracht einen Gegner passend zurecht gelegt. Wie schon gegen Schalke hatte der SVE gleich einer Spitzenmannschaft eine Partie gegen einen spielstarken Gegner trotz dessen Überlegenheit in seinem Sinne gestaltet. Und wie gegen Schalke beraubten sich die Trierer selbst dieser hervorragenden Ausgangsposition. Heuer war es Herzig, der in der 43. Minute den Zweikampf gegen den flinken Grimaldi verlor. In der Mitte lauerte wie immer Königs. Drescher konnte den Ball nicht klären, Königs stolperte selbigen über die Torlinie. Der Ausgleich der Fortunen fiel zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt aus Sicht der Eintracht – ummittelbar vor der Pause als Nackenschlag zum Kabinengang.

Seitz dürfte seinen Männern beim Pausengetränk klar gemacht haben, dass sie mehr Druck auf den Gegner ausüben müssen, um dieses Spiel zu gewinnen. Das taten sie dann auch. Denn zweite Mannschaften müssen dauerhaft beschäftigt und so zu Fehlern gezwungen werden. Um seine Forderung auch personell zu untermauerte, brachte Seitz Alon Abelski für den unglücklich spielenden Thomas Kraus (64.). Kuduzovic rückte auf die rechte Seite, Abelski übernahm die Spielgestaltung im zentralen Mittelfeld. Über Hauswald, der jetzt enormen Druck über die linke Seite entwickelte, und eben Kuduzovic sollte Düsseldorf in die Flügelzange genommen werden.

Bis zum Strafraum und punktuell auch bis in diesen hinein funktionierte die Taktik ohne Fehl und Tadel. Wobei die letzte Konsequenz unmittelbar vor dem Tor wie schon gegen Schalke fehlte. Kulabas‘ Versuch in der 58. Minute nach klassischem Konter über Hauswald, Pagenburgs Direktabnahme vier Minuten später und Abelskis Distanzschuss in der 81. Minute – immer war es knapp, immer fehlten die berühmten Zentimeter oder einfach auch nur eine kleine Portion Glück. Auch Seitz bemängelte die fehlende Effektivität: „Da waren wir einfach nicht konsequent genug.“

Um die Dramaturgie im Sinne der ewigen Fußballgesetze perfekt zu machen, fehlte nur noch die 85. Minute. Wer seine Möglichkeiten nicht nutzt und seine klare Überlegenheit nicht in Tore umsetzen kann, wird gewöhnlich bestraft. Düsseldorf blieb bei seinen sporadischen Kontern über Grimaldi und Königs immer gefährlich. Fünf Minuten vor dem Ende hatten die Fortunen zudem Fortuna auf ihrer Seite. Beim Zweikampf zwischen Herzig und Grimaldi entschied Schiedsrichter Glasmacher eben nicht auf Foul gegen den Fortunen. Für Seitz und die Trierer Anhänger eine klare Fehlentscheidung. Wütende Proteste auch der Trierer Spieler folgten, nachdem erneut Königs das 1:2 erzielt hatte. Seitz wählte klare Worte: “Ich neige ja normalerweise nicht zur Schiedsrichterschelte, aber wenn man so ein klares Foul nicht sieht, dann weiß ich es auch nicht.” Spielentscheidend sei die Szene gewesen und darum “extrem bitter””.

In den Schlussminuten wuchs Almer über sich hinaus. Düsseldorfs Torwart parierte zwei Mal gegen den eingewechselten Pollok (89.), der den Ausgleich auf dem Kopf hatte. Für Drescher wurde das Spiel allerdings nicht in der Schlussphase verloren. “Wir haben es wieder nicht verstanden, von der ersten Minute an dominant zu sein. Wenn man das Ergebnis heute und auch gegen Schalke sieht, muss man einfach sagen, dass es uns noch an Konstanz fehlt.”

Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Herzig (ab 87. Knartz), Drescher – Kraus (ab 64. Abelski), Karikari, Kuduzovic, Hauswald – Pagenburg (ab 74. Pollok), Kulabas.

Fortuna Düsseldorf II: Almer – Incilli, Klemt, Nanzik (ab 74. Schikowski), Juanan – Michalsky, Krol, Erat, M’Bengue – Königs (ab 90.+3 Haufe), Grimaldi.

Tore: 1:0 Kulabas (37.); 1:1 Königs (43.); 1:2 Königs (85.)

Schiedsrichter: Stefan Glasmacher (Alsdorf)

Zuschauer: 2372

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