Das Smartphone wird zum Stadtführer

Gedruckt war gestern, mobil ist heute und auch morgen. Aus den Museen und Kulturdenkmälern dieser Welt sind sie längst nicht mehr wegzudenken: Audioguides, die den visuellen Genuss des Erlebens auch zu einem Hörspaß machen. Informativ, kurzweilig und so ausgelegt, dass der Betrachter zeitgleich schauen und Fakten in sich aufnehmen kann. Was für Museen und Kulturdenkmäler gut ist, kann für eine ganze Stadt kaum schlecht sein: der elektronische Stadtführer. Das Kölner Unternehmen „Pausanio“ bietet drei Audioguides für Trier an. Über das römische Trier, gesammelte Features sowie Sagen und Legenden aus der Moselmetropole. Der Preis liegt bei 7,99 Euro und 9,99 Euro.

TRIER. „Trier, wat bis dau so schien!“ Zugegeben: Der Satz, den alle zwischen Zurlauben und Petrisberg Geborenen quasi schon mit der Muttermilch aufsaugen, fehlt bei den drei Audioguides, die „Pausanio“ für Liebhaber, Bewunderer und natürlich Besucher der Moselmetropole im Angebot hat. Felix Dannenhauer lacht: „Den sollten wir vielleicht noch aufnehmen“, sagt der Mann, der bei der Firma die Öffentlichkeitsarbeit betreut. Er ist eigens aus Köln gekommen, um die Produkte seines Unternehmens vorzustellen. Zum ersten Mal ist er in Trier, und er ist angetan vom Flair der Stadt zwischen Porta Nigra und Kaiserthermen. Sein später Besuch ist ein Versäumnis, sicher, das räumt er ein. „Wenn ich gewusst hätte, wie schön es hier ist, wäre ich bestimmt schon einmal früher gekommen“, sagt der 30-Jährige.

Jetzt ist er da und spricht über seinen Arbeitgeber und die drei Audioguides, die für Trier angeboten werden. Gegründet wurde das Unternehmen aus Köln von Holger Simon und Stephan Hoppe. Beide sind Dozenten für Kunstgeschichte. Ihre Intention ist ebenso einfach wie nachhaltig: Kunst, Geschichte und Kultur ins digitale 21. Jahrhundert zu transportieren. Die Produkte des amerikanischen Computergiganten mit dem angebissenen Apfel werden zum persönlichen Stadtführer. Wer ein I-Phone sein Eigen nennt, kann sich die entsprechende Anwendung auf sein Mobiltelefon laden. Darüber gelingt der Suche nach den Produkten mühelos. Aber auch Smartphones anderer Hersteller werden über die mobile Seite des Unternehmens bedient.

Die Firma hat sich zur Aufgabe gemacht, verschiedene Hörführungen auf einem einzigen Portal zu sammeln. Damit soll der Einstieg in die digitale Kulturwelt erleichtert werden. „Bisher mussten sich die Nutzer ihre Favoriten auf verschiedenen Seiten zusammensuchen“, erläutert Dannenhauer. „Das war sehr zeitintensiv und oft auch nervig.“ Als das Kölner Unternehmen im Januar 2009 seine Arbeit aufnahm, war die Idee längst geboren. Im August desselben Jahres ging der erste Internetauftritt online. Heute werden audiovisuelle Produkte für verschiedene europäische Großstädte angeboten – Berlin, Paris, Mailand und auch Rom sind im Portfolio vertreten.

Jetzt also auch Trier. Dabei wird für die Moselmetropole in drei Bereiche unterschieden. „Das römische Trier“ führt den Nutzer durch alle Stationen der ehemaligen Weltstadt. Beginnend natürlich bei der Porta Nigra, bis hin zum Amphitheater. Als Zugabe werden auch die Igeler Säule, das Bodenmosaik von Nennig und die römische Villa von Borg beschrieben. Die Informationen sind flüssig und leicht verständlich aufbereitet. Das Produkt selbst stammt ursprünglich aus dem Verlag „Kunst+Reise“. „Pausanio“ hat die digitale Aufbereitung erarbeitet.

Wer sich leiten lassen möchte, findet bei jeder Station passende Hinweise. Selbst an Details wurde gedacht. So empfiehlt die sonore Stimme des Erzählers unter anderem den besten Standort in unmittelbarer Nähe zum Bauwerk. Damit der Blick nicht verbaut, der Genuss vollkommen ist. Die Ausführungen selbst sind so gehalten, dass auch Laien einen tiefen Einblick in die Faszination der römischen Geschichte Triers erhalten. Auf Fachchinesisch wird verzichtet – niemand muss Kunstgeschichte oder Geschichte studiert haben, um hier folgen zu können. Auch Kinder sind von den kurzweiligen Erzählungen begeistert. „Das römische Trier“ bemüht sich um die ganze Familie, keiner soll ausgeschlossen werden, keiner zu kurz kommen.

Essayistisch führen die Beiträge von Tanja Wagner durch Trier – schlicht mit „Trier“ überschrieben „Hier haben wir unterschiedliche Arbeiten aus verschiedenen Medien gesammelt“, sagt Dannenhauer. Das ist gelungen. Liebevoll werden Geschichten rund um Triers größte Sehenswürdigkeiten aufgerollt. Es ist der etwas andere Blick auf Schwarzes Tor und Dom. Dafür allerdings muss sich der Besucher Zeit nehmen. Nur dann gelingt der Einstieg in die Geschichten der Geschichte. Wenn etwa vom Empfinden der Trierer für ihre Porta berichtet wird, menschelt es so richtig.

Das gilt auch für den dritten Audioguide. „Trierer Sagen und Legenden“. Mystisch und teils auch ein wenig unheimlich geht es zu, wenn vom „Stadtgeist“ erzählt wird. Oder davon, wie der Domstein nach Trier kam; vom heiligen „Simeon in der Porta Nigra“ oder „Irmina“. Die Sagen und Legenden aus Deutschlands ältester Stadt sind passend für die Zeit nach der großen Stadtführung, wenn die Füße nicht mehr tragen und ein Besuch in einem der unzähligen Cafés den Rundgang beschließt. Oder auch für einen langen Winterabend auf dem heimischen Sofa. Dann lässt sich der Aufenthalt in Trier noch einmal aus der Erinnerung in die Gegenwart holen, weil die Sagen und Legenden auch heute noch leben. Oder eben zur Einstimmung auf die Reise an die Mosel. Ganz nach Stimmung und Gusto. Auch hier geizt der Hersteller nicht mit Qualität. Alle Beiträge aus dem Verlag Michael John sind von einer beeindruckenden Tiefe.

Spielerisch gewürzt werden alle drei Anwendungen vom Kulturwecker auf der Startseite. Das Zusatzprodukt erfasst alle Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung des Flaneurs und meldet sich eigenständig, sofern eine Hörführung ansteht. Wer will, kann in die Tasche greifen und sich informieren lassen; wer nicht will, schlendert einfach weiter – bis zum nächsten Weckton. Der Radius zu den aktuellen Meldungen ist zudem individuell einstellbar.

Mit den drei vorliegenden Audioguides soll für Trier aber noch nicht Schluss sein. „Pausanio“ will die Produktpalette peu à peu erweitern. „Wir denken über eine eigene Hörführung nur für den Dom und die Liebfrauenkirche nach“, sagt Dannenhauer. Ferner spielt das Kölner Unternehmen mit dem Gedanken, zur Heilig-Rock-Wallfahrt eine spezielle Anwendung auf den Markt zu bringen. Ganz im Sinne des Namensgebers. Der griechische Historiker Pausanias Periegetes, der im 2. Jahrhundert nach Christus in Rom lebte und arbeitete, war ein unermüdlich Reisender in Sachen Kultur. Allerdings ohne I-Phone und Kulturwecker. Was nicht ausschließt, dass auch er seine Freude an den Errungenschaften des 21. Jahrhunderts gehabt hätte.

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