„Armut gegen Elend“
Eintracht Trier hat am Samstagnachmittag zumindest vom Ergebnis her den Heimfluch nach drei Niederlagen in Folge besiegt: Der SVE quälte sich gegen den saarländischen Kontrahenten SV Elversberg zu einem mühevollen 1:0-Erfolg. Die offiziell 1834 Zuschauer im Moselstadion bekamen von beiden Mannschaften fußballerische Magerkost geboten. Günter Erhard griff in seiner Bewertung zu einem Euphemismus. „Es war kein gutes Spiel“, sagte der Trainer der Saarländer. Kollege Roland Seitz sprach von dem angeschlagenen Nervenkostüm seiner Spieler: „Aber sie haben gekämpft und den Sieg auch gewollt.“
TRIER. Thomas Drescher brachte es auf den Punkt. „Das war heute Armut gegen Elend“, sagte Triers Kapitän unmittelbar nach dem Schlusspfiff. „Und Armut hat gewonnen“, fügte er noch hinzu. Zugleich war sich Drescher sicher, „dass in drei Wochen keiner mehr fragt, wie wir heute gewonnen haben“. Das alleine zählte für ihn nach dem Kräftemessen mit seinem ehemaligen Verein. „Es war kein schönes Spiel, aber wir wollten gewinnen – egal wie, mit aller Macht.“ Drei Punkte, zweiter Heimsieg, Platz drei in der Tabelle – so gesehen hatten der Trainer und die Mannschaft alles richtig gemacht. „Wir wussten, dass es schwer werden würde“, sagte Seitz, „nach drei Niederlagen war das einfach klar.“
Triers Trainer hatte überraschend doch eine personelle Änderung im Vergleich zum 2:0-Auswärtssieg in Köln vorgenommen: Alon Abelski spielte. Nicht jedoch für Fahrudin Kuduzovic. Wojciech Pollok musste auf die Bank. Seitz baute gegen die Saarländer auf ein verstärktes Mittelfeld. Als einzige Spitze lief Ahmet Kulabas auf. Mehr Stabilität sollte so in der Platzmitte erreicht werden. Stets hatte Seitz zuletzt betont, dass ihm seine Mannschaft just dort zu offen gewesen sei. Weil Abelski und Kuduzovic im Wechsel verstärkt in der Rückwärtsbewegung arbeiteten, wurde so auch Jeremy Karikari als Schaltstelle vor der eigenen Abwehr entlastet. Der gebürtige Hamburger musste nicht mehr alle Wege selbst gehen.
Der Nachteil in der neuen taktischen Ausrichtung zeigte sich schon in den ersten Spielminuten. Durch das verstärkte Mittelfeld wird eben nicht nur der Raum für den Gegner, sondern auch der eigene Platz zur Entfaltung enger. Fast alles konzentriert sich in der zentralen Querachse. Weitgehende Spielzerstörung statt spielerischer Elemente ist die Folge. Seitz hatte die Kreativität zugunsten erhöhter Sicherheit geopfert. Aus seiner Sicht verständlich, denn letztlich wird auch er an den Ergebnissen gemessen. Wer schön spielt und trotzdem verliert, erhält keinen Preis. Für die B-Note gibt es im Fußball keine Punkte. „Mir war wichtig, dass wir heute zunächst einmal sicher stehen“, begründete Seitz seine Maßnahme. Daraus sollte sich der Rest entwickeln.
Den Saarländern mit ihren kantigen Recken kam dieses Spiel allerdings entgegen. Sie ließen sich auch von der spürbaren Aggressivität der Trierer nicht beeindrucken. Über den Kampf wollte sich die Eintracht in die Begegnung hinein arbeiten. Drescher mähte Adam Fall an der Außenlinie um, Kulabas holte Reiß rustikal von den Beinen, der sogleich auch noch die körperlichen Qualitäten von Kuduzovic zu spüren bekam. Schiedsrichter Sven Waschitzki zückte Gelb. Auch als Karikari Christian Grimm umlegte, reagierte der Unparteiische mit der entsprechenden Verwarnung.
Das waren die Ausrufezeichen, die Seitz gefordert hatte. Elversberg zahlte mit gleicher Münze zurück. Folglich entwickelte sich unter strahlender Spätsommer-Sonne ein unansehnliches, unattraktives Spiel: Kampf und Krampf statt spielerischer Elemente. Bis zur Pause gab es keine einzige Tormöglichkeit zu notieren – weder hüben noch drüben. Dass es nach trostlosen 45 Minuten dennoch 1:0 für den Titelaspiranten stand, war auf eine folgenschwere Unaufmerksamkeit in der Elversberger Abwehr zurückzuführen. Nach dem Eckball von Drescher klärten die Saarländer zu kurz. Kuduzovic schlug das Spielgerät zurück in den Strafraum, wo Thomas Kraus den Ball irgendwie zum gänzlich vernachlässigten Karikari wurschtelte. Der fackelte nicht lange und hämmerte die Kugel aus kurzer Distanz in die Maschen (38.).
Es sollte der einzige Höhepunkt bis zum Seitenwechsel bleiben. Keine Torchance zugelassen und selbst einen Treffer erzielt – Seitz konnte zufrieden sein. Ob die Zuschauer es auch waren, ist eine andere Frage. Schließlich konnte trotz der Führung von einer euphorisierten Stimmung im Stadion keine Rede sein. Angesichts der Flaute im Spiel muss die Auswechslung von Kuduzovic in der 42. Minute schon als bemerkenswerter Umstand in die Chronologie aufgenommen werden. Der zuletzt suspendierte Martin Hauswald kam für Kuduzovic, der seine Auswechslung mit einer wütenden Handbewegung und heftigem Kopfschütteln kommentierte. Seitz sah seinen Spielgestalter nach dessen gelber Karte am Rande des Platzverweises. „Deswegen habe ich ihn ausgewechselt.“
Da sich das zähe Gestochere zwischen den Kontrahenten auch nach dem Wiederanpfiff nahtlos fortsetzte, beschäftigten sich die Zuschauer mit Wechselgesängen zwischen Gegengerade und Tribüne. Hin und wieder gab es auch Anfeuerungsrufe. Die jedoch hielten sich ob des blutleeren Auftritts der eigenen Elf sehr in Grenzen. Vielleicht hätte die Begegnung Rasse und Attraktivität erhalten, wäre Elversberg unmittelbar nach der Pause der Ausgleich geglückt. Dazu hätten die Saarländer allerdings eine Spur mehr Willen und fußballerische Klasse gebraucht. Da sie sich aber an Harmlosigkeit und letztlich auch Hilflosigkeit von Minute zu Minute selbst überboten, plätscherte die Partie weiter trost- und ereignislos vor sich hin.
Nur selten geht ein Fußballspiel ohne eine einzige echte Tormöglichkeit zu Ende – und hat dennoch einen Sieger. An diesem Samstag traten beide Mannschaften den Beweis an, dass dies tatsächlich möglich ist. Cataldo Cozza nahm es mit einem Achselzucken auf: „Natürlich war das ein Drecksspiel“, sagte Triers Rechtsverteidiger. „Aber wir haben gewonnen, und das ist die Hauptsache.“ Sprach’s, schwieg und trottete wie die Kollegen zum obligatorischen Abklatschen mit den Fans. Ohne das Tor von Karikari wäre die Stille im Spiel komplett gewesen. So war eben nur der Rest Schweigen.
Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Herzig, Drescher – Kraus, Karikari, Knartz – Kuduzovic (ab 42. Hauswald), Abelski (ab 76. Pagenburg) – Kulabas (ab 88. Bachl-Staudinger).
SV Elversberg: Kuhn – Banouas (ab 65. Englert), Schwall, Billick, Wolf – Fall (ab 81. Hauk), Reiß, Grimm, Schug (ab 56. Krasniqi), Gross – Willmann.
Tore: 1:0 Karikari (38.)
Schiedsrichter: Sven Waschitzki (Essen)
Zuschauer: 1834
von Eric Thielen