Alles im Griff und doch gezittert
Das war knapp, unnötig knapp. Die TBB Trier bezwang am späten Samstagabend den BBC Bayreuth mit 68:62 (44:26) und feierte damit den zweiten Sieg in Folge. Lange Zeit sah es wie eine klare Angelegenheit für die Trierer aus. Doch im Schlussviertel musste die überwiegende Mehrheit der 3461 Zuschauer in der Arena sogar noch um den Sieg ihrer Mannschaft bangen. Am Ende rettete die TBB den knappen Vorsprung über die Zeit. Triers Trainer führte auch das Nervenkostüm seiner Spieler als möglichen Grund für den Einbruch an. „Das war ein sehr wichtiges Spiel für uns“, sagte Henrik Rödl, „vielleicht sind einige mit dem Druck nicht klar gekommen.“ Marco van den Berg war trotz der Niederlage nicht unzufrieden. „Trier hat lange dominiert und uns im Griff gehabt“, sagte Bayreuths neuer holländischer Trainer, „aber meine Mannschaft hat Charakter gezeigt“.
TRIER. Für den Niederländer van den Berg war das Spiel in Trier seine Feuerprobe. Auch das sollte sich als Vorteil für die TBB erweisen, weil van den Berg nur eine Woche zur Vorbereitung blieb. Ob seine Männer alle taktischen Ideen ihres Trainers in dieser kurzen Zeit verinnerlichen konnten, war doch zweifelhaft. Doch nur darauf durften sich die Trierer nicht verlassen. Vielleicht würde es eine Nuance sein, weil Rödl seine Mannschaft aus dem Effeff kennt, van den Berg aber der Frischling auf der Bayreuther Bank ist. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, sagte er denn auch nach der Begegnung. „Stellenweise war das aber schon so, wie ich mir das vorstelle.“
In die BBL war der Holländer gewechselt, weil ihn die Aufgabe reizte, in einer deutlich stärkeren Liga als der niederländischen Verantwortung zu tragen. Wie schnell, wie athletisch und körperlich robust das Spiel hierzulande ist, davon konnte sich van den Berg gleich in den ersten zehn Minuten überzeugen. Trier hatte in Göttingen genug Selbstvertrauen getankt, um auch das Spiel gegen die Franken mit breiter Brust zu beginnen. Zudem nähert sich Philip langsam, aber sicher seiner wahren Form an. Der Nationalspieler hat das rechte Sprunggelenk zwar immer noch dick bandagiert, stand aber wie schon in Göttingen von Beginn an auf dem Parkett.
Nur kurz konnten die Franken Morgenluft schnuppern, dann übernahm die TBB das Kommando. Angeführt von dem wieder überragenden Dru Joyce, spulten Rödls Männer ihr Pensum mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks herunter. Den Trierern war anzumerken, dass sie sich mit dem Sieg in Göttingen so richtig freigeschwommen hatten. Maik Zirbes kontrollierte sowohl Ekenechukwu Ibekwe als später auch Maksym Shtein unter beiden Körben nach Belieben. Dass er ferner noch Zeit fand, alleine im ersten Viertel schon zehn Punkte zu sammeln, spricht für seine Entwicklung, bei der noch lange kein Ende in Sicht ist. Der Fünf-Punkte-Vorsprung nach zehn Minuten spiegelte die Überlegenheit der TBB nur im Ansatz wider. Trier hätte zu diesem Zeitpunkt schon deutlicher führen können.
Klarer wurde es dann zwischen der zehnten und 20. Minute. Jetzt war es das Spiel des Nate Linhart, der extrem schnell auf den Beinen war. Der US-Amerikaner traf aus der Distanz, von der Freiwurflinie und aus dem Feld heraus. Linhart war nicht zu stoppen. Das brachte ihm auch ein Sonderlob seines Trainers ein: „Nate hat heute ein sehr gutes Spiel gemacht, vor allem im Vergleich zu den letzten Leistungen“, sagte Rödl. Aber auch Zirbes holte weiter eifrig Punkte. Beim 44:26 zur Pause war die Begegnung so gut wie gelaufen. Bayreuth verfügte nicht über die Mittel, die TBB ernsthaft in Gefahr zu bringen. Das mag auch van den Berg früh gespürt haben. Während Rödl wie immer an der Seitenlinie stand, um mit taktischen Anweisungen das Spiel seiner Männer zu lenken, saß der Holländer weitgehend mit unbeweglichem Gesicht auf der eigenen Bank.
Trier macht Bayreuth stark
Viel gab es ohnehin nicht zu sagen. Seine Mannschaft spielte einfach schlecht. So nahm Bayreuths Trainer mit nahezu stoischer Ruhe zur Kenntnis, dass seine Spieler phasenweise vorgeführt wurden. Nur Brandon Hunter zeigte so etwas wie Gegenwehr angesichts der sich abzeichnenden Niederlage. Dass den Franken ein Debakel erspart blieb, hatte zwei Gründe. Zum einen warf Rödl wie immer die Rotation an. Der Offenbacher wechselte oft. Heute vielleicht sogar zu oft. Auch die Ergänzungsspieler sollten ihre Einsatzzeit erhalten. Das ist seine Philosophie, der er treu bleibt. „Ich wollte durch die Wechsel Impulse geben“, betonte Rödl. „Das hat heute eben nicht so gut funktioniert wie sonst.“
Abhanden aber kam bei der TBB vor allem der zuvor so perfekte Rhythmus. Andererseits gingen die Trierer im dritten Viertel geradezu fahrlässig mit ihren Möglichkeiten um. Sie schenkten dem Gegner neue Hoffnung. Aus eigener Kraft wäre Bayreuth nie im Spiel geblieben. Beim 58:43 nach 30 Minuten wähnten sich die Trierer weiter auf der sicheren Seite. Überzeugt von der eigenen Überlegenheit und der offensichtlichen Schwäche des Gegners, ließen sie die Zügel schleifen. Fünf Minuten dauerte es, ehe Zirbes der erste Punkt für die TBB im Schlussabschnitt gelang. Bayreuth war keineswegs besser geworden, sondern bekam vom Gegner immer wieder die zweite Chance. Die Franken sammelten Punkt um Punkt, während Rödls Männer den Schalter nach dem Rhythmus-Verlust schlicht nicht mehr umlegen konnten.
Bis auf fünf Punkte schmolz der Vorsprung zusammen. „Das sind solche Situationen, wie sie immer wieder im Mannschaftssport vorkommen“, sagte Triers Trainer. Er wollte nicht ausschließen, dass seine Mannschaft das Spiel im Kopf schon abgehakt und so die Konzentration verloren hatte. „Ich habe solche Spiele auch schon verloren – als Spieler wie als Trainer.“ Das blieb ihm heute erspart, weil seine Spieler im Schlussabschnitt zwar keinen Punkt aus dem Feld heraus machten, dafür aber von der Freiwurflinie die Nerven behielten. „Obwohl auch diese Quote mit 65 Prozent natürlich verbesserungswürdig ist“, so Rödl. Als Joyce mit zwei weiteren Freiwürfen auf 66:59 erhöhte, war das Spiel endgültig für Trier gerettet. Der abschließende Dreier von Corey Stokes war nur noch Ergebniskosmetik.
Zirbes war auch diesmal wieder mit 15 Zählern bester Punktesammler der TBB. Trotzdem war Triers Center unzufrieden. „Wir sind einfach nach der Pause nicht so ins Spiel gekommen, wie wir wollten“, räumte er ein. „Wir waren zu unkonzentriert und haben zu viele Fehler gemacht. Das wäre dann beinahe noch schief gegangen.“ Zu sicher sei man sich allerdings nicht gewesen. „Nein, wir wussten schon, dass die Sache zur Pause noch nicht entschieden war, aber uns hat trotzdem einfach die Konzentration gefehlt, warum auch immer.“ In Hagen am kommenden Wochenende soll das besser laufen. „Wir lernen aus solchen Situationen“, sagte Zirbes, „auch das macht uns stark“.
TBB Trier: Linhart (14), Joyce (9), Saibou, Zwiener (9), Dojcin (7), Seiferth (2), Gallup (4), Picard (2), Zirbes (15), Bynum (6), Dietz.
BBC Bayreuth: Wyrick, Spöler, Schmidt (4), Smith (6), Gibson (10), Shtein (4), Zeis, Schmitz, Hunter (14), Stokes (9), Ibekwe (9), Jeanty (6).
Viertelstände: 19:14; 44:26; 58:43; 68:62
Zuschauer: 3461
von Eric Thielen