Ein Joyce alleine genügt nicht

Die Luft in der Liga wird dünner für die TBB Trier: Am Sonntagabend musste die Mannschaft von Henrik Rödl die zweite Niederlage in Folge und die fünfte insgesamt in der laufenden Saison einstecken. Vor 3286 Zuschauern in der Arena unterlag Trier den New Yorker Phantoms Braunschweig mit 52:63 (29:31) Es war der bisher schwächste Auftritt vor eigenem Publikum. Den Niedersachsen genügte eine durchschnittliche Leistung für den Sieg. Entsprechend erleichtert äußerte sich Sebastian Machowski. „Ich bin froh, dass wir das Spiel gewonnen haben und so den Anschluss an die oberen Plätze herstellen konnten“, sagte Braunschweigs Trainer. Kollege Rödl nahm die Niederlage auch mit einem Schuss Sarkasmus auf: „Unsere Dreier-Quote war heute indiskutabel, aber dafür hat wenigstens die Freiwurf-Quote gestimmt.“

TRIER. Schon Minuten vor der Schlusssirene machten sich viele der mehr als 3000 Zuschauer auf den Heimweg. Enttäuscht, weil ihre Erwartung nie in diesem Spiel erfüllt worden waren. Oskar Faßler, dem während seiner 21 Minuten Spielzeit auf dem Feld kein Punkt gelang, zog ein klares und damit selbstkritisches Fazit. „Das war ein schwaches Spiel“, sagte der 23-Jährige, „und wir waren sehr schwach.“ Gegen Braunschweig bestätigte sich zum ersten Mal, was Rödl schon vor der neuen Spielzeit prognostiziert hatte. „Wir werden Lehrgeld bezahlen müssen“, hatte Triers Trainer angekündigt. Der Hesse hatte zudem von einer harten Saison gesprochen, die den Verein erwarte. Auch darin bestätigte ihn das Spiel gegen die Niedersachsen.

Bei Faßler klang das so: „Wir waren einfach nicht clever genug.“ Den Grund nannte sein Trainer: „Die Mannschaft ist noch sehr jung und muss lernen.“ Beide griffen zu Umschreibungen, um das zu sagen, was auf der Hand lag. Rödl fehlen die personellen Alternativen, um seine Leistungsträger während des Spiels auf gleich hohem Niveau ersetzen zu können. Die aber können nach einem so emotionalen Spiel wie dem in Hagen durchaus kurzzeitig in einem mentalen Loch stecken. Faßler war sich zwar sicher, „dass wir das Spiel in der letzten Woche aus den Köpfen bekommen haben“. Ausschließen wollte aber auch er eine geistige Durststrecke nach der bitteren Niederlage in Westfalen nicht. Fällt dann zudem ein so wichtiger Mann wie John Bynum aus, hat Rödl durchaus ein Problem, auch wenn er heuer die klare Ansage machte: „Die Mannschaft muss das kompensieren können.“

Das konnte sie im Duell der beiden Tabellennachbarn, die mit jeweils sechs Punkten Anschluss an die obere Region suchen, nur bedingt. Zerfahren, geradezu hektisch und überaus nervös mit geringem Tempo eröffneten beide Mannschaften das Spiel. Die jeweiligen Niederlagen am vergangenen Wochenende hatten deutliche Spuren hinterlassen: Die Niedersachen mussten im Heimspiel gegen Quakenbrück eine bittere 71:72-Niederlagen einstecken. Trier verlor trotz guter Leistung unglücklich in Hagen. So nahm es kaum Wunder, dass die Kontrahenten zunächst einmal um Sicherheit bemüht waren. Keine Experimente, kaum Risiko, dafür stark und aufmerksam in der eigenen Verteidigung: Rödl und auch Machwoski hatten die entsprechende taktische Order ausgegeben.

Bei der TBB wog der Ausfall von Bynum schwer. Der US- Amerikaner hatte sich unter der Woche einen Magen-Darm-Infekt eingefangen – Einsatz gegen die Phantome unmöglich. Das machte die Aufgabe für Rödls Mannschaft nicht eben einfacher. Der Offenbacher musste wieder einmal improvisieren, und das ausgerechnet auf der so wichtigen Position des Spielmachers. Weil es unter normalen Umständen Bynum ist, der dem Kollegen Dru Joyce die notwendigen Verschnaufpausen verschafft, hatte Rödl gegen die Niedersachsen ein nicht unerhebliches Problem. Joshiko Saibou ist noch nicht so weit, ein Spiel auf Bundesliga-Niveau lenken zu können. Faßler liebt die Rolle des Gestalters keineswegs, auch nicht Nate Linhart. „Ich weiß nicht, wie es mit John gelaufen wäre“, sagte Rödl, „aber klar, er ist ein wichtiger Spieler für uns.“

So lange Joyce im Trierer Spiel Regie führte, war die TBB dem Gegner ebenbürtig. Wie über das gesamte erste Viertel hinweg. Ständig wechselte die Führung, keiner konnte sich wirklich absetzen. Erst als LaMarr Greer den Ball parallel zur Schlusssirene aus der Distanz durch den Ring setzte, lag Braunschweig mit vier Punkten (18:14) in Front. Zu diesem Zeitpunkt war es zwar kein hochklassiges, aber zumindest ausgeglichenes Spiel in der Arena. Das änderte sich schlagartig, als Rödl mit dem zweiten Durchgang wechseln musste. Er genehmigte Joyce, Maik Zirbes und auch Philip Zwiener Bankzeit zur Regeneration.

Jetzt schlug die Zeit des Trainers. Der Hesse nahm zwei Auszeiten dicht nacheinander. Einerseits, um den Rhythmus der Braunschweiger zu stören, andererseits, um seine Ergänzungsspieler neu zu justieren. Schließlich war der Einbruch angesichts der notwendigen Rotation offensichtlich. Das Missverhältnis zwischen den Kontrahenten wurde auch in den nackten Zahlen deutlich. Während Joyce die TBB mit seinen insgesamt elf Punkten bis zur Pause quasi alleine im Spiel hielt, waren die Zähler bei den Niedersachsen auffallend gleichmäßig zwischen allen Spielern verteilt. Rödl musste seine Leistungsträger bringen, damit der Rückstand nicht weiter anwuchs. Beim 29:31 zur Pause konnte Trier die Begegnung so weiter offen halten.

Die bittere Konsequenz aus der kurzen Rotation, die Rödl spielen lassen musste, folgte auf dem Fuß. Fast 27 Minuten Einsatz für Joyce nach gespielten 30 Minuten, deren 24 für Kapitän Dragan Dojcin, knapp 23 Minuten für Zirbes und auch fast 21 für Zwiener – das musste sich bemerkbar machen. Braunschweig zog schon im dritten Viertel davon, weil bei Triers Leistungsträgern mit den Kräften auch die Konzentration schwand. Bei solchen Einsatzzeiten lässt sich das spielerische Niveau eben nicht dauerhaft am oberen Anschlag halten. Beim 40:51 nach dem dritten Spielabschnitt lag so etwas wie eine Vorentscheidung in der Hallenluft. „Zur Pause waren wir noch dran“, sagte Rödl, „aber dann haben wir offensiv einfach zu wenig getroffen.“ Bestes Beispiel dafür war E.J. Gallup. Triers Dreier-Spezialist, dem ein neues Angebot des Vereins über seinen Drei-Monats-Vertrag hinaus vorliegen soll, machte im gesamten Spiel keinen einzigen Punkt. Auch daran krankte der Auftritt der TBB an diesem Abend.

Nur noch über den reinen Willen würde diese Partie für die TBB noch zu drehen sein – weil spielerisch nicht viel zusammenlief. Doch der Wille allein genügt nicht immer, um eine drohende Niederlage zu vermeiden. Zumal dann, wenn auch der feste Glaube an sich selbst fehlt. Den Eindruck vermittelte auch die Mannschaft im letzten Viertel. Wo sonst höchste Spannung selbst bei Rückständen garantiert ist, regierte gegen Braunschweig die Ergebenheit ins Schicksal. Rödls Spieler wollten, aber sie konnten nicht mehr.

Joyces fünftes Foul knapp 40 Sekunden vor Ende hatte Symbolkraft für den Auftritt der gesamten Mannschaft. Triers Bester hatte sich im Zweikampf geopfert, um seine Kollegen doch noch einmal in Ballbesitz zu bringen. Er musste vom Feld und ging mit hängendem Kopf. „Uns haben zu oft die Lösungen gefehlt“, sagte Faßler. Ein Joyce alleine genügt eben nicht, um jene über 40 Minuten hinweg zu finden. Gegen Gießen am kommenden Samstag soll das besser werden – mit Joyce und dann auch wieder mit Bynum. „Und ich hoffe, mit einem Sieg“, ergänzte Faßler.

TBB Trier: Linhart (2), Joyce (17), Saibou, Zwiener (11), Dojcin (5), Faßler, Seiferth (7), Gallup, Picard, Zirbes (10), Dietz.

NY Phantoms Braunschweig: Kulawick, Mittmann (6), Visser (10), Jorovic (8), Schneiders (7), Greer (7), Dennis (8), Schröder, McElroy (8), Melzer (9).

Viertelstände: 14:18; 29:31; 40:51; 52:63

Zuschauer: 3286

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