Doppelter „Kula“ lässt Knoten platzen

Eintracht Trier hat seinen Heimkomplex am Freitagabend mit einer überzeugenden Leistung gegen den SC Verl wohl endgültig besiegt. Der Aufstiegsaspirant bezwang die Ostwestfalen vor 1950 Zuschauern im Moselstadion mit 2:0 (1:0). Zweifacher Torschütze war Ahmet Kulabas. Verls Trainer Raimund Bertels sprach von einem verdienten Sieg für die Trierer: „Wenn die Eintracht weiter so spielt, kann sie am Ende der Saison sicher ganz oben stehen.“ Auch Roland Seitz lobte seine Elf. „Das hat sich die Mannschaft heute verdient“, sagte Triers Trainer. „Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann höchstens, dass wir nach dem ersten Tor das zweite nicht gleich nachgelegt haben“.

TRIER. Der Kapitän strahlte wie ein Honigkuchenpferd am Kindergeburtstag. Neben sich den zweifachen Torschützen Ahmet Kulabas, den obligatorischen Mundschutz längst in den Fingern, war Thomas Drescher diesmal restlos und rundherum zufrieden. „Das war heute sicher unsere beste Saisonleistung im eigenen Stadion“, frohlockte der Kapitän. Kulabas nickte. Nichts hinzuzufügen. Nur zu ergänzen. „Ich bin froh, dass Chhunly heute gespielt hat. Wir verstehen uns einfach, was beim ersten Tor ja auch zu sehen war.“ Um gleich artig nachzuschicken, dass es natürlich Sache des Trainers sei, wer spiele und wer nicht. Schließlich gebe jeder immer sein Bestes. Jetzt nickte der Kapitän.

Das Beste gipfelte heute in einer souveränen Vorstellung des Titelaspiranten, bei dem Chhunly Pagenburg für Holger Knartz in die Startelf berufen worden war. Auch Martin Hauswald durfte spielen. Für den ehemaligen Erfurter musste überraschend Thomas Kraus auf die Ersatzbank. Zuletzt war Hauswald nicht eben durch hohe Leistungsbereitschaft aufgefallen und zwischenzeitlich sogar komplett aus dem Kader gestrichen worden. Gegen Verl baute Seitz auf die Lernwilligkeit seines Mittelfeldspielers. Hauswald kam über rechts, Pagenburg über links. Ihm fiel das Erbe von Alban Meha zu. Gleich dem nach Paderborn abgewanderten Albaner sollte Pagenburg über seine hohe Grundschnelligkeit in die Mitte ziehen, um so Löcher in die statische Abwehr der Ostwestfalen zu reißen. Seitz attestierte Hauswald Fortschritte: „Ich war heute mit ihm zufrieden, aber natürlich ist da noch Luft nach oben.“

Auch im elften Spiel der laufenden Saison experimentiert der Fußballlehrer Seitz also nach wie vor. Er selbst mochte indes nicht von Experimenten sprechen. „Ich wollte mit Hauswald und Pagenburg einfach zwei offensivere Kräfte bringen.“ Die personellen Alternativen seien da, also nutze er sie. Vornehmlich in Mittelfeld und Angriff stellt er um, da die Abwehr felsenfest steht. Darauf kann der Trainer bauen. Nicht umsonst setzt der Oberpfälzer heuer primär auf Sicherheit. Weil Verl im gleichen System spielte, drohte schon früh an diesem frischen Herbstabend Rasenschach mit Ball. Die beiden kompakten Mittelfeldreihen standen sich wie zwei wehrhafte Trutzburgen gegenüber. Raum für kreative Spielzüge blieb nicht. Bei den Ostwestfalen mühte sich Manuel Rasp als Solist in der Spitze ab, bei der Eintracht war Kulabas als einziger Stürmer auserkoren. Unterstützt werden sollte der Deutsch-Türke von Fahrudin Kuduzovic und Alon Abelski, die sich in der zentralen Schaltstelle abwechselten.

Schon vor dem ersten Ballkontakt waren die unterschiedlichen Ambitionen klar: Verl würde mit einem Punkt im Moselstadion zufrieden sein. Der konnte dem Aufstiegskandidaten aus Trier nicht reichen. Folglich standen die Ostwestfalen tief. So tief, dass der Eintracht nichts anderes übrig blieb, als den destruktiven Gegner zu locken. Ansonsten blieben nur Schüsse aus der Distanz, bei denen aber auch das Glück Pate stehen muss, wie Abelskis Versuch aus 30 Metern in der fünften Minute aufzeigte. Auf sein Glück aber wollte sich der Favorit gegen die kantigen Recken aus Verl nicht verlassen. Das hätte ein Vabanquespiel und die Fortsetzung des Rasenschachs bedeutet. Der SVE machte Druck, und Bertels sah das Ungemach kommen. „Wir konnten mit diesem hohen Druck der Trierer nicht umgehen“, sagte Verls Trainer.

Trier beherrscht Spiel und Gegner

Bei der Eintracht waren jene Spieler gefordert, die Seitz von der Ersatzbank ins Rampenlicht befördert hatte. Wie Pagenburg, der in der 18. Minute genau jene Eigenschaft ausspielte, auf die sein Trainer gehofft hat. Ein schneller Antritt, zwei kurze Haken, schon war der ehemalige Nürnberger seinen Gegenspielern bis zur Grundlinie enteilt. Pagenburg hob den Kopf, statt den Ball blind nach innen zu schlagen. Kurzer Blickkontakt mit Kulabas, der sich genau im richtigen Moment von seinem Aufpasser abgesetzt hatte. Das Spielgerät kam exakt dort an, wohin Kulabas es haben wollte. Trocken platzierte Triers Stürmer die Kugel am machtlosen Milos Mandic vorbei zur 1:0-Führung ins Netz.

Das frühe Tor des Aufstiegsaspiranten glich einer Eintrittskarte zu einem besseren Spiel. Jetzt konnte die Eintracht den Ball laufen lassen, weil Verl sich zumindest ansatzweise mit dem Gedanken an Fußball beschäftigte. Bis dahin hatten die Ostwestfalen ausschließlich Beton angerührt. Doch alle Bemühungen der Verler scheiterten schon früh in der aufmerksamen Deckung der Trierer. Jeremy Karikari räumte ab, was auf ihn zurollte. Oliver Stang und Denny Herzig besorgten dahinter den Rest. Über die Flügel war gegen die erneut starken und fehlerfreien Drescher und Cataldo Cozza ohnehin kein Kraut für die schwachen Ostwestfalen gewachsen. Der Freistoß von Janos Bluhm war alles, was Bertels bis zum Pausenpfiff von FIFA-Schiedsrichter Knut Kircher an offensiven Lebenszeichen seiner Mannschaft registrieren konnte. Verl wirkte bemüht. Nur das kann Bertels seiner Mannschaft ins Arbeitszeugnis schreiben. Mehr aber auch nicht.

Die allgemeine Lage änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nicht. Die Eintracht beherrschte Spiel und Gegner, während die Ostwestfalen nicht nur dem eigenen Anspruch, sondern stets auch dem Spielgerät hinterher hechelten. Als Innenverteidiger Mario Bertram nach einem Zusammenprall im Kopfballduell mit Pagenburg zudem mit einer Gehirnerschütterung vom Platz musste, war beim SC Verl mit dem Schock auch der letzte Mut verschwunden. Daran änderte auch die Kopfballmöglichkeit von Marco Kaminski (73.) nichts. Bertels Mannschaft ergab sich fast klaglos in ihr Schicksal. Kulabas blieb es vorbehalten, die Schwäche der Verler Verteidigung schonungslos auszunutzen. Nach Abelski passgenauer Flanke versenkte Triers Stürmer den Ball mit dem Kopf zum 2:0 (76.). Das war die Entscheidung in einer einseitigen Begegnung, die dem Titelaspiranten das nötige Selbstbewusstsein für das Spitzenspiel am kommenden Freitag in Mönchengladbach geben sollte.

Auch Drescher richtete den Blick unmittelbar nach Spielschluss in die nahe Zukunft. „Seit der Niederlage gegen Mainz ist bei uns ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen. Den wollen wir jetzt in Gladbach bestätigen.“ Der Kapitän lobte die Kollegen und nahm sie zugleich in die Pflicht. „Mainz war das Aha-Erlebnis für uns. Da haben einige gemerkt, dass man mit 60 oder 70 Prozent Leistung keine Spiele gewinnt. Heute hat jeder alles gegeben“, sagte Drescher, um im selben Satz zu ermahnen: „So muss es bleiben!“ Kollege Kulabas nickte erneut. Nichts hinzuzufügen. Und diesmal auch nichts zu ergänzen.

Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Herzig, Drescher – Karikari – Hauswald (ab 87. Zittlau), Abelski, Kuduzovic (ab 78. Goufan), Pagenburg (ab 71. Kraus) – Kulabas.

SC Verl: Mandic – Großeschallau, Bertram (ab 58. Manstein), Capretti, Kaminski – Schröder, Bluhm (ab 54. Arifi), Brinker, Haeder, Lauretta (ab 73. Buschening) – Rasp.

Tore: 1:0 Kulabas (18.); 2:0 Kulabas (76.)

Schiedsrichter: Knut Kircher (Rottenburg)

Zuschauer: 1950

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