Eisbären eiskalt eingeseift

Vier Tage nach der Auswärtsniederlage in Würzburg hat sich die TBB am Freitagabend bestens erholt gezeigt. Vor 3106 Zuschauern in der Arena besiegte die Mannschaft von Henrik Rödl den Play Off-Aspiranten Eisbären Bremerhaven souverän mit 75:56 (37:24). Mit einer geschlossenen Teamleistung kompensierte Trier den erneuten Ausfall von Leistungsträger Philip Zwiener. „Das ist die Stärke meiner Mannschaft“, sagte Rödl, „dass wir die Aufgaben auf viele Schultern verteilen können.“ Bremerhavens Trainer Douglas Spradley äußerte sich enttäuscht vom Auftritt seiner Spieler. „Wir waren einfach nicht bereit, so hart wie Trier zu spielen“, analysierte der Amerikaner. „Deshalb Glückwunsch an Henrik und sein Team.“

TRIER. „König Fußball“ regiert, und die TBB muss sich bei ihrer Heimpremiere zur neuen Saison an einem Freitagabend mit etwas mehr als 3000 Zuschauern zufrieden geben. Der Terminplan wollte es so, dass ausgerechnet das Kräftemessen zwischen den deutschen und türkischen Kickern am selben Tag stattfindet. Wer sich diesen Basketballabend allerdings wegen des für Deutschland ohnehin unbedeutenden Fußballspiels entgehen ließ, verpasste etwas. Einen starken Trierer Auftritt nämlich, einen Maik Zirbes in erneuter Korblaune, einen Dragan Dojcin in bester Spiellaune, eine leidenschaftliche Mannschaft und – einen glücklichen Trainer.

Entspannt saß der Offenbacher auf dem wackeligen braunen Stuhl, während seine Männer vor ihm ihren Siegestanz im Hin und Her mit den Fans zelebrierten. Ganz Pragmatiker, studierte Rödl mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht schon Sekunden nach der Schlusssirene die Statistik. Ein paar Meter davon entfernt kaute Kollege Spradley immer noch an dem für ihn falschen Film, der knappe zwei Stunden lang vor ihm abgelaufen war. So hatte sich der Trainer der Norddeutschen den Auftritt seiner Männer nicht vorgestellt. „Trier war viel härter als wir“, sagte Spradley später, als die Wut des Amerikaners etwas verraucht war. Doch die Härte alleine war nicht entscheidend für den klaren Sieg der TBB. Zirbes wusste noch einen weiteren Grund. „Wir haben heute einfach nicht so viele dumme Fehler gemacht“, sagte Triers Center mit schweißüberströmtem Gesicht. Die Härte des Spiels war aber auch ihm anzusehen.

Vielleicht lag die Minimierung der Fehlerquote gegenüber der Begegnung in Würzburg auch daran, dass den Trierern nicht viel Zeit zum Nachdenken blieb. Und das war wahrscheinlich auch gut so. Am Montag noch in Mainfranken gestrandet, heimgekehrt mit einer unglücklichen Niederlage im Gepäck – das war auch der dünnen Personaldecke geschuldet. Vier Tage später gleich der nächste Anwärter auf die Meisterrunde vor der Brust. Denn alles andere als die Play-Offs wäre für die Eisbären aus Bremerhaven eine herbe Enttäuschung. Noch immer fehlte der TBB mit Philip Zwiener ein enorm wichtiger Mann im Aufgebot. Er ist kaum zu ersetzen, und doch musste das Kunststück gelingen. Das konnte nur funktionieren, sofern sich die ebenfalls angeschlagenen Nate Linhart und John Bynum diesmal ohne Abstriche in das Trierer Kollektiv würden einbringen können.

Sie konnten – und wie. Darauf durfte Rödl nicht nur hoffen, darauf musste er bauen. Ebenso wie auf Zirbes. Die Eisbären würden nur mit einem Zirbes in Bestform zu knacken sein, weil Andreas Seiferth noch nicht so weit ist, dem Spiel unter dem Korb seinen Stempel aufzudrücken. Der ehemalige Berliner braucht noch Zeit, um sich zu akklimatisieren und in der Mannschaft zu finden. Anders als in Würzburg griffen die Räder im Getriebe der TBB heuer von Beginn an ohne zu knirschen ineinander. Gemeinsam bearbeiteten sie die Norddeutschen derart, dass denen kaum Zeit zum Luftholen blieb.

Trier drehte auf, und Bremerhaven schaute ehrfürchtig zu. Bei Jamison Brewer brach sich der Ärger nach mehr als vier Minuten Spielzeit erstmals Bahn. Lautstark fluchte der US-Amerikaner über die Unzulänglichkeiten der eigenen Kollegen. Der kleine Disput mit Dru Joyce unterstrich die Enttäuschung. Joyce hatte Brewer ein wenig auf die Finger geklopft. Das war indes nur der Auslöser, nicht die Ursache für den Zorn des Amerikaners. Die lag vielmehr darin begründet, dass die Eisbären bei Brewers Erregung noch keinen Punkt auf ihrem Habenkonto verbucht hatten, Trier deren aber schon 14 am Stück.

Rödls Männer hielten die Kontrahenten bis zum Ende des ersten Spielabschnitts bei sagenhaften neun Punkten. Die Anzeigentafel drückte die Trierer Überlegenheit auch in Zahlen aus. Das 22:9 nach zehn Minuten sprach Bände: Trier gelang alles, Bremerhaven nichts. Wie das Kaninchen vor der Schlange zitterten die Eisbären vor der Treffsicherheit eines Maik Zirbes, vor der starken Physis eines Dragan Dojcin. Selbst das auf beiden Seiten überaus kleinlich pfeifende Schiedsrichter-Trio konnte die TBB nicht aus dem Rhythmus bringen. Einzige Hypothek: Die Trierer waren schon frühzeitig mit vielen persönlichen Fouls belastet.

Rödl reagierte früh und warf die Rotation an. Oskar Faßler passte sich nahtlos ein. Bynum ersetzte den belasteten Joyce. Seiferth verschaffte Zirbes die notwendigen Atempausen. An der Spielweise änderte Triers Trainer allerdings nichts. Seine Männer arbeiteten sich mit ihrem körperbetonten Spiel auch durch den zweiten Spielabschnitt. Jetzt aber hatte sich Bremerhaven zumindest im Ansatz besser auf die Aggressivität des Gegners eingestellt. Am verdienten Vorsprung für die TBB änderte sich nichts, weil Trier immer wieder eine passende Antwort auf die Versuche der Norddeutschen parat hatte. „Natürlich ist es uns entgegen gekommen, dass wir schon ein Spiel hatten und Bremerhaven noch nicht. Aus der Niederlage haben wir gelernt“, sagte Rödl.

Die 13 Punkte mehr auf dem Konto als Konkurrent waren zwar schon eine Hausnummer, entschieden war bei dem Zwischenstand zur Pause aber beileibe noch nichts. Die Eisbären kamen gestärkt aus der Kabine. Anzumerken war ihnen, dass sie nicht gewillt waren, das Spiel im gleichen Stil wie vor dem Seitenwechsel herzuschenken. Zupass kam den Norddeutschen, dass sich Trier jetzt seine Schwächephase nahm. Die zuvor so sichere Abwehr wies urplötzlich große Löcher auf. Bremerhaven kam zu leicht zu Körben, weil Trier einerseits nicht mehr konsequent genug verteidigte, die Eisbären sich andererseits weniger Fehler als zuvor erlaubten. So schmolz das ursprünglich komfortable Punktekonto bis auf magere vier Zähler zusammen. Rödl nahm das mit einem Achselzucken auf: „Man kann nicht über die gesamte Spielzeit hinweg einen Gegner dominieren, dafür ist die Liga viel zu ausgeglichen.“

Die TBB war gefordert. Linhart und Kapitän Dojcin übernahmen Verantwortung. Der Amerikaner hielt Trier mit seinen acht Zählern im Spiel. Der Serbe strahlte die Ruhe aus, an der sich die jungen Spieler orientieren konnten. Seiferth war einer von ihnen. Zeigte er Sekunden vor Ende des dritten Durchgangs noch Nerven von der Freiwurflinie, so versenkte er das Spielgerät praktisch mit der Sirene zum wichtigen 53:44. Der Vorsprung war zwar geschrumpft, doch neun Zähler mehr blieben, mit denen die TBB in den Schlussabschnitt gehen konnte.

Hier knüpften Rödls Männer erneut an die starke Leistung der ersten beiden Viertel an – mit einem Kapitän in höchster Spiellaune. Zwei überaus wichtige Bälle setzte Dojcin von der Distanzlinie aus durch den Ring, Faßler steuerte zwei weitere Drei-Punkte-Würfe bei. Rödl lobte seinen Kapitän: „Wir haben zunächst sehr viel über ihn gespielt, was ihm die nötige Sicherheit gegeben hat.“ 21 Punkte holte der Serbe und avancierte damit zum Mann des Spiels. Der Widerstand der Eisbären war schon Minuten vor der Schlusssirene gebrochen, weil sich Trier eben keinen Durchhänger mehr leistete. Für Zirbes war es der „fast perfekte Auftritt“ eines funktionierenden Kollektivs: „Wenn wir so spielen, brauchen wir uns vor keiner Mannschaft in der Liga zu verstecken.“ Zumal dann, wenn Zwiener wieder da ist. „Es geht auch ohne ihn“, schmunzelte Zirbes, „aber am liebsten natürlich mit ihm, weil wir dann noch stärker sind.“

TBB Trier: Linhart (14), Joyce (2), Saibou, Dojcin (21), Faßler (10), Seiferth (2), Gallup (3), Picard (2), Zirbes (15), Bynum (6), Dietz.

Eisbären Bremerhaven: Everett (2), Canty, Smith (5), McNaughton (5), Martin (13), Peacook (15), Cain (5), Raffington (4), Smith (3), Pluskota, Brewer (4).

Viertelstände: 22:9; 37:24; 53:44; 75:56

Zuschauer: 3106

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