„Wir werden uns zerreißen“

Es könnte ein gutes Omen sein: Wie im letzten Jahr starten die Basketballer der TBB auch diesmal wieder am 3. Oktober in die Saison. Erster Gegner am kommenden Montag ist der Aufsteiger „s.Olivier Baskets“ aus Würzburg. Die junge Trierer Mannschaft wird sich im zweiten Jahr unter Trainer Henrik Rödl erneut im Haifischbecken Bundesliga beweisen müssen. „Die Liga ist stärker geworden“, sagt Rödl, der trotzdem an den Erfolg der vergangenen Spielzeit anknüpfen will. Nur knapp verpasste die TBB unter dem Europameister von 1993 im Frühjahr den Einzug in die Meisterrunde der acht besten deutschen Vereine. Im Gespräch mit 16vor mahnt der 42-Jährige die Fortsetzung der unter ihm eingeleiteten Entwicklung an, spricht über seine Ziele und hofft auf einen weiteren Schub für den Basketball an der Mosel.

16vor: Bei Trier sitzt der einzige Star als Trainer auf der Bank, heißt es. Ist das eher Last oder Lust für Sie?

Henrik Rödl: Weder noch. Wenn manche das so sehen, bitte. Damit beschäftige ich mich nicht. Das gesamte Team muss im Vordergrund stehen, ich bin nur ein Teil davon. Sofern die Fokussierung auf meine Person aber Druck von meiner jungen Mannschaft nimmt, ist das gut so. Letztlich können wir nur alle gemeinsam etwas erreichen. Sieg oder Niederlage – wir sitzen alle im selben Boot.

16vor: Das gilt sicher auch für die Fans der TBB?

Rödl: Natürlich. Es war sehr schön zu sehen, wie um die Weihnachtszeit herum ein richtiger Ruck durch die Fanlandschaft ging. Auch deswegen war das letzte Jahr sicher eines der schönsten in meiner sportlichen Laufbahn. Wir können hier alle zusammen etwas aufbauen. Jetzt liegt es an uns, an der Mannschaft, am gesamten Team, die Euphorie weiter zu schüren.

16vor: Dazu muss aber auch die Leistung stimmen. Glauben Sie denn an einen ähnlichen Erfolg in der neuen Saison wie in der abgelaufenen Spielzeit?

Rödl: Sagen wir mal so: Ich hoffe es! Wir hatten ein sehr gutes Jahr, keine Frage. Jetzt ist die Liga aber noch einmal ein ganzes Stück stärker geworden. Bayern München ist dabei, und auch Würzburg wird eine gute Rolle spielen. Ich möchte sogar soweit gehen, zu sagen, dass die Liga die stärkste ist, die ich in meiner Laufbahn als Spieler und Trainer erlebt habe. Für den Basketball an sich ist das absolut positiv, weil es sehr viel Schub bringt. Ich sehe ein echtes Aufbruchsjahr für unseren Sport – auch durch den Erfolg von Dirk Nowitzki in Amerika, durch die Europameisterschaft und viele Spieler aus der NBA, die neu in Deutschland sind. Für uns wird es allerdings sehr schwer, den Erfolg der letzten Saison zu bestätigen.

16vor: Und doch gehen Sie mit einem erneut verjüngten Kader in die Saison. Ist das nicht ein sehr hohes Risiko?

Rödl: Risiko möchte ich nicht sagen. Es ist ein Wagnis, das bestimmt. Aber es ist eben auch unser Konzept, unser gemeinsames Programm. Wir haben nicht die finanziellen Mittel wie andere Vereine. Also müssen wir eben einen anderen Weg gehen. Wir setzen auf junge Spieler, die sich entwickeln sollen, die auch Fehler machen dürfen. Wir werden Lehrgeld zahlen müssen, das ist sicher. Aber wir werden uns auch finden und an den Aufgaben wachsen.

16vor: Wie das neue Center-Duo Maik Zirbes und Andreas Seiferth – mit 21 und 22 Jahren sicher das jüngste aller Mannschaften in der BBL?

Rödl: Das wird so sein, ja. Beide werden früher oder auch etwas später eine sehr gute Rolle in der BBL spielen, da bin ich mir sicher. Dass jetzt aber noch nicht alles reibungslos funktionieren kann, ist ebenso klar. Beide müssen sich entwickeln, sie müssen aus ihren Fehlern lernen; auch sie werden Lehrgeld zahlen. Aber genau das ist unsere Philosophie: Wir geben den jungen Spielern die Chance, sich zu entwickeln. Daran arbeiten wir im gesamten Team – von der ersten Mannschaft bis in die Nachwuchsabteilung.

16vor: Und doch haben Sie einen jungen Spieler wie Maxim Schneider abgegeben…

Rödl: Bei Maxim war die Situation so, dass er zunächst bleiben wollte, sich dann aber für einen Wechsel in die ProB nach Langen entschieden hat. Manchmal ist es auch ganz gut, wenn ein junger Spieler mal etwas Luftveränderung bekommt. Ich wünsche ihm viel Glück, für unseren Kader ist sein Wechsel aber kein Verlust.

16vor: Dieser Kader ist sehr klein. Zu klein, um wirklich konkurrenzfähig zu sein?

Rödl: Nein, das sehe ich nicht so. Wir haben wie im letzten Jahr elf Spieler unter Vertrag, Kilian Dietz und Luka Buntic werden zudem die Trainingsarbeit unterstützen. Mit E.J. Gallup konnten wir einen sehr guten Werfer verpflichten. Und auch Nate Linhart, der mich vor allem durch seine enorme Vielseitigkeit beeindruckt hat, wird uns verstärken. Außerdem ist der Kern der Mannschaft zusammengeblieben, so dass wir nicht bei null anfangen mussten. Ich bin von allen elf Spielern überzeugt, und ich denke auch, dass sich alle sehr gut ins Team einbringen werden.

16vor: Das klingt so, als seien Sie restlos zufrieden…

Rödl: Unter den gegebenen Umständen bin ich sehr zufrieden, ja. Weil wir aus unseren finanziellen Möglichkeiten das Beste herausgeholt haben. Das heißt aber beileibe nicht, dass wir jetzt stehen bleiben dürfen. Wir befinden uns erst am Anfang der Entwicklung. Wir haben an vielen Hebeln angesetzt, seit ich in Trier bin. Der Ist-Zustand ist befriedigend, aber es gibt noch sehr viel Potenzial für Verbesserung. Das betrifft auch das Umfeld des Vereins, wie den Sponsoren-Pool oder auch die Fan-Landschaft. Wir haben viele Dinge angestoßen, aber wir müssen alle Bereiche noch deutlich entwickeln.

16vor: Wie eng ist dabei Ihre Zusammenarbeit mit der Führung des Vereins?

Rödl: Da, wo ich helfen kann, helfe ich gerne. Ich hatte ein sehr schönes Jahr in Trier. Wir haben einiges erreicht, meine Familie fühlt sich sehr wohl hier. Trier ist ein sehr schöner Flecken Erde. Von daher möchte ich dazu beitragen, dass die Entwicklung weitergeht. Wie gesagt, wir stehen erst am Anfang, und wir dürfen jetzt nicht aufhören, weiter an uns zu arbeiten.

16vor: Ihr Vertrag läuft noch zwei Jahre. Haben Sie sich bereits Gedanken gemacht, was danach kommt?

Rödl: Nein, überhaupt nicht. Ich lebe und arbeite für den Augenblick. Im Moment fühle ich mich sehr wohl hier. Aber die Zukunft kommt, wie sie kommt. Darüber mache ich mir keine Gedanken.

16vor: Wohl aber über den nächsten Montag, wenn Sie mit Ihrer Mannschaft zum ersten Saisonspiel in Würzburg antreten. Was ist da zu erwarten?

Rödl: Es wird sehr schwer. Wir haben zwar eine gute Vorbereitung gespielt und uns auch in Zusammenarbeit mit der Sporthochschule Köln im konditionellen Bereich verbessert. Aber jetzt müssen wir das alles auch in der Wettkampfsituation umsetzen. Unsere Ausrichtung, auf eine starke Abwehrarbeit zu setzen, wird sich auch in der neuen Saison nicht ändern. So wollen wir auch diesmal erfolgreich sein.

16vor: Im Umfeld der TBB wird ja vom Einzug in die Meisterrunde der besten acht Mannschaften geträumt. Haben Sie dafür Verständnis?

Rödl: Ich kann den Wunsch verstehen, immerhin sind wir im Frühjahr nur knapp gescheitert. Andererseits sind wir realistisch genug, um zu wissen, wie schwer das werden wird in dieser starken Liga. Versprechen kann man da ohnehin nichts. Was ich aber versprechen kann, ist, dass wir uns alle für den Erfolg zerreißen werden. Und dann hoffe ich, dass die Fans das noch stärker honorieren, als das in der letzten Saison schon der Fall war. Wir wollen unsere Zuschauer begeistern, alles andere wird sich dann zeigen.

16vor: Herr Rödl, vielen Dank für das Gespräch.

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