“Wir sind auswärts einfach geiler”
Eintracht Trier hat durch eine deutliche Leistungssteigerung am Samstagnachmittag in Köln die Scharte des 0:3-Debakels gegen Mainz ausgewetzt. Vor 450 Zuchauern im Franz-Kremer-Stadion gewann der SVE gegen den 1. FC Köln II durch Treffer von Jeremy Karikari und Chhunly Pagenburg mit 2:0 Toren. Roland Seitz hatte Martin Hauswald aus dem Kader gestrichen. “Ich wollte ein Zeichen setzen nach dem Auftritt gegen Mainz”, begründete Triers Trainer seine Maßnahme. “Diesmal hat es eben Hauswald erwischt.” Zufrieden zeigte sich Seitz mit der Reaktion seiner Spieler. “Wir haben sicherlich nicht spielerisch geglänzt, aber von Beginn an gezeigt, dass wir eine Mannschaft werden wollen.” Von einem “verdienten Trierer Sieg” sprach Dirk Lottner. “Ich war überrrascht, wie schlecht wir spielen können”, sagte der Kölner Trainer.
KÖLN. “Beiß die Zähne zusammen, du musst durchhalten.” Fünf Minuten vor dem Schlusspfiff schickte Seitz die klare Botschaft quer über den Platz an Jeremy Karikari. Triers Defensivspezialist biss und hielt trotz seiner Beschwerden im Knie durch, weil sein Trainer Fabian Zittlau für den offensiveren Thomas Kraus zur Ergebnissicherung bringen wollte. Es lag auch eine gewisse Wertschätzung für den gebürtigen Hamburger in den Worten seines Trainers. Verbunden mit dem Vertrauen: Du kannst das! Denn Karikari war neben Kapitän Thomas Drescher bester Mann auf dem Platz. Zusammen setzten beide die Eintracht mit dem wichtigen Treffer zur 1:0-Führung auf den Weg zum vierten Auswärtssieg in Folge. Drescher hatte die Vorlage geliefert, Karikari vollstreckte (32.).
“Wir haben heute das gemacht, was wir uns schon die ganze Zeit vorgenommen hatten”, sagte Drescher. Triers Kapitän sprach von “Arbeit, Arbeit, Arbeit”, die Woche für Woche geleistet werden müsse. “So müssen wir das nächste Mal auch daheim auftreten, um erfolgreich zu sein.” Für Thomas Kraus könnte der erneute Erfolg in der Fremde auch wegweisend für die kommenden Heimauftritte sein. “Das war heute sicher nichts für Fußballästheten”, räumte der ehemalige Kölner ein. “Aber wir müssen zunächst einmal sicher stehen und uns auch über den Kampf in die Spiele hineinarbeiten.” Kraus lobte vor allem die Arbeit der Stürmer. “Sie haben sehr viel für die Mannschaft gearbeitet.”
In der Sturmreihe hatte Seitz erneut Wojciech Pollok den Vorzug gegenüber Chhunly Pagenburg gegeben. Was gegen Mainz nicht funktionierte, weil zwischen Pollok und Ahmet Kulabas Verständnis und Abstimmung fehlten, sollte in Köln besser laufen. Pagenburgs Zeit sieht Seitz noch nicht gekommen. Zu anfällig erscheint ihm der ehemalige Nürnberger. Pollok hingegen besitzt die Stoßkraft, die sich Seitz vor allem gegen die zweiten Mannschaften wünscht. Gerade gegen die Rasselbanden der Bundesligisten muss ein Titelanwärter von der ersten Minute Druck entwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass auch Pollok sich an die taktischen Vorgaben hält und sich nicht in überflüssigen Zweikämpfen im Mittelfeld aufreibt – wie über weite Strecken gegen Mainz geschehen. “Er muss vorne arbeiten”, hatte Seitz noch am Freitag im Hinblick auf das Spiel in Köln als Arbeitsauftrag für seinen Stürmer gesagt. Das tat Pollok in Köln.
Hauswald aus Kader gestrichen
Der Arbeitsauftrag für Fahrudin Kuduzovic war ohnehin auch ohne Vorgabe klar. Füttern sollte der gebürtige Bosnier die beiden Stürmer, das Spiel zudem nach vorne treiben. Kuduzovic ersetzte Alon Abelski auf der Position hinter den Spitzen, nachdem er zuletzt von Seitz eine schöpferische Denkpause auf der Bank verordnet bekommen hatte. Kuduzovic war also zurück in der Mannschaft, ebenso wie Karikari, dessen gradlinige Aktionen bei der Eintracht im Spiel gegen Mainz schmerzlich vermisst worden waren. Die Auswirkungen der Knieverletzung waren dem gebürtigen Hamburger in Köln allerdings deutlich anzumerken. Karikari fehlte das restlose Vertrauen in den eigenen Körper, um jeden Zweikampf bedingungslos anzunehmen.
Martin Hauswald hatte Seitz komplett aus dem Kader gestrichen. Der Linksfuß saß in Köln noch nicht einmal auf der Bank. Dafür spielte Holger Knartz im linken Mittelfeld. In Zusammenarbeit mit Drescher sollte der ehemalige Münchener “Löwe” den Druck über die linke Flanke entwickeln, der dem SVE gerade über diese Seite zuletzt gefehlt hatte. “Hauswald musste dran glauben, weil wir im Trainerstab nach der Vorstellung gegen Mainz ein Zeichen setzten wollten”, betonte Seitz. “Wir haben uns von ihm als ehemaligem Drittliga-Spieler mehr erwartet. Ich hoffe, dass er das Signal jetzt verstanden hat.” Knartz hingegen erhielt uneingeschränktes Lob von seinem Trainer: “Er hat seine Sache über 90 Minuten sehr gut gemacht.”
Nominell konnte Seitz also mit Ausnahme des langzeitverletzten Torge Hollmann seine beste Elf auf den Platz im Franz-Kremer-Stadion schicken. Dass sich der Titelaspirant gegen die kleinen Geißböcke dennoch sehr schwer tat, lag an der erstklassigen taktischen Ausrichtung, die Dirk Lottner seiner Mannschaft verordnet hatte. Das Kölner Urgestein setzte gegen den Favoriten von der Mosel auf Ballhoheit. Über unzählige Stationen lief das Spielgerät von Spieler zu Spieler durch die Reihen der Domstädter. Schnell, sicher und begabt an der Kugel präsentierten sich die Nachwuchsspieler aus Köln. Trier hatte Probleme, überhaupt an den Ball zu kommen. Ein enorm hoher läuferischer Aufwand war nötig, um Zugriff auf das Spiel zu kommen.
Weil die Eintracht sich diesmal in der Rückwärtsbewegung souverän zeigte, Köln die zündenden Ideen fehlten, entwickelte sich vor nahezu leeren Rängen ein niveau- und chancenarmes Spiel. Die Stürmer lagen bei den jeweiligen Abwehrreihen sicher an der Kette. Im Mittelfeld hatten die Geißböcke zwar ein leichtes Übergewicht. Gefahr für das Tor von André Poggenborg entwickelte sich daraus aber nicht. Die Lebenszeichen von Lukas Kübler (7.) und Thiemo-Jerome Kialka (43.) müssen angesichts der Flaute vor beiden Toren schon als Möglichkeiten genannt werden. Eine wirklich Bedrohung ging von beiden Aktionen aber nicht aus.
Brenzlig wurde es erst, als Andreas Dick das Spielgerät in der 44. Minute mit dem Kopf über die Latte setzte. Da stand es jedoch bereits 1:0 aus Sicht des Trierer Favoriten. Keine Tormöglichkeit, aber ein Treffer: Der Auftritt des SVE in der ersten Halbzeit war an Effektivität nicht mehr zu überbieten. Karikari war es vorbehalten gewesen, die Kugel nach einem Eckball von Drescher über die Linie zu drücken (32.). Kölns Abwehr konnte nach der Kopfballverlängerung von Pollok nicht konsequent klären. Karikari war im Rückraum zur Stelle und markierte die Führung. Damit hatte sich die Nominierung des gebürtigen Hamburgers schon gelohnt. Eine höhere Rendite hätte sich Seitz nicht wünschen können.
Drescher führt die Mannschaft
Von der Seitenlinie aus mahnte Triers Trainer daher auch Ruhe bei seinen Spielern an. Ihm war bewusst, dass seine Mannschaft sich nach dem 0:3-Debakel gegen Mainz nur über die Sicherheit das notwendige Selbstbewusstsein zurückholen konnte. So unattraktiv das auch sein mag. Genau diese Vorgabe dürfte Seitz seinen Männern auch in der Kabine gemacht haben. Denn die Eintracht knüpfte nach dem Seitenwechsel nahtlos dort an, wo sie den ersten Durchgang beendet hatte. Spielsicherung, den Gegner unter Kontrolle halten, Ruhe in den Aktionen halten.
So gefällig das Spiel der Kölner im Mittelfeld wirkte, so durchschaubar und harmlos spielten die Geißböcke am gegnerischen Strafraum. Die Trierer brauchten nur zu warten, weil Lottners Nachwuchstruppe irgendwann die Lust darauf vergehen würde, immer und immer wieder gegen das blau-schwarze Bollwerk anzurennen. Ein zweiter Treffer würde hier für endgültige Klarheit sorgen, das war deutlich sichtbar. Drescher mag das gespürt haben, als er in der 67. Minute den Ball vom Freistoßpunkt exakt auf die Stirn des eingewechselten Pagenburg zirkelte. Timo Horn im Kölner Tor war gegen platzierten Kopfstoß machtlos. Nach dem 0:2 war die Messe in Köln gelesen.
Torschütze Pagenburg war für Kulabas gekommen. Jedoch nicht, weil dieser schlecht gespielt hätte. Seitz war unzufrieden mit seinem Stürmer, weil der trotz der Ermahnung des Trainers das falsche Schuhwerk auf dem seifigen Platz trug. “Er ist zweimal ausgerutscht, obwohl ich ihm in der Pause gesagt habe, er möge bitte seine Ballettschuhe ausziehen.” Kulabas ignorierte die Anweisung des Trainers. Bei der Auswechslung verweigerte Seitz den obligatorischen Handschlag. “weil ich mich sehr geärgert habe”.
Dafür klatschte er seinen Kapitän nach dem Schlusspfiff gleich mehrfach ab. Zweimal Drescher, zweimal Tor. Aber nicht nur deshalb war der 32-jährige Routinier bester Trierer an diesem Tag. Drescher dirigierte, Drescher führte, Drescher motivierte und tadelte. Mit seiner ganzen Erfahrung lenkte er die Mannschaft auch durch die verbleibende Spielzeit. Der Kapitän lobte seinerseits den Kollegen Karikari: “Wie wichtig er für uns ist, wurde heute wieder deutlich.” Nachlegen wolle man jetzt gegen Elversberg, sagte Drescher. Wie, wusste der Kollege Kraus: “Wir sind auswärts im Moment einfach geiler. Diese Geilheit brauchen wir jetzt endlich auch zu Hause.”
1. FC Köln II: Horn – Vaaßen, Spinrath, Dick, Kübler – Bisanovic, Buchtmann, Akbari (ab 46. Hömig), Hector (ab 46. Karadeniz) – Kialka (ab 73. Radojewski), Uth.
Eintracht Trier: Poggenborg – Cozza, Stang, Zittlau, Drescher – Kraus (ab 84. Zittlau), Herzig, Knartz – Kuduzovic – Pollok (ab 81. Abelski), Kulabas (ab 60. Pagenburg).
Tore: 0:1 Karikari (32.); 0:2 Pagenburg (67.)
Schiedsrichter: Felix Schmitz (Xanten)
Zuschauer: 450
von Eric Thielen