“Den Ball flach halten”
TRIER. DFB-Pokal, erste Runde: Eintracht Trier gegen den FC St. Pauli. Am Samstag trifft der SVE auf die Kicker vom Kiez. 8000 Zuschauer werden im Moselstadion erwartet.
Vielleicht wird er auf der Tribüne sitzen oder irgendwo auf den Stehrängen mitfiebern. Für wen, wird er kaum verraten. Spielen wird er definitiv nicht. Nico Patschinski ist immer noch Kult auf dem Hamburger Kiez. Bis vor gut einem halben Jahr war er auch Kult in Trier. Dann ging er nach Neunkirchen – zu seinem alten Mentor Paul Linz. Sein Tor gegen den FC Bayern München, das St. Pauli zum Weltpokalsieger-Besieger machte, hat ihn am Millerntor unsterblich gemacht. Als Patschinski mit Trier aus der zweiten Liga abstieg, titelten die Hamburger Fans via Transparent: „Komm nach Hause, Nico!“
Nur eine der vielen Geschichten, die St. Pauli mit dem SVE verbinden. Ein anderer könnte am Samstag ein weiteres Kapitel schreiben. Auch Jeremy Karikari spielte einst für die Elf von der Reeperbahn. Und jetzt eben für Trier. Der Deutsch-Ghanaer ist in Hamburg geboren, am Millerntor stand seine Fußball-Wiege. Er brennt auf den Einsatz gegen seinen Ex-Klub – und ist vielleicht doch zum Zuschauen verbannt. Die Sommergrippe setzte den 24-Jährigen in den letzten Tagen schachmatt. Nichts ging mehr bei Karikari.
Dabei setzt sein Trainer große Hoffnung in ihn. Zusammen mit Neuzugang Denny Herzig soll Karikari die Räume vor dem eigenen Strafraum eng machen. Roland Seitz bemüht jenen sinnigen Satz, den einst der Kollege Huub Stevens auf Schalke prägte. „Die Null muss stehen“, fordert Triers Trainer, „und das so lange wie möglich“. Weil Seitz die Hamburger bei seinen Beobachtungen als „sehr angriffsstark“ ausmachte, soll den Kickern vom Kiez schon im Ansatz alle Spielfreude geraubt werden. „Die defensivere Grundordnung mit Karikari und Herzig vor der Abwehr bietet sich für dieses Spiel ja geradezu an“, sagt der Oberpfälzer.
Beziffern will Seitz die Chance auf die Sensation nicht. Er bemüht einen Vergleich: „Wenn wir zehn Mal gegen einen Rheinlandligisten spielen und konzentriert sind, gewinnen wir zehn Mal. Ähnlich ist es im Verhältnis zwischen St. Pauli und uns.“ Was nicht heißen soll, dass er seine Mannschaft ganz ohne Möglichkeit auf den Sieg sieht. „Ich kann versprechen, dass meine Spieler alles geben werden, um den Fans ein gutes Spiel zu bieten.“ Und er hofft darauf, „dass bei St. Pauli vielleicht einige Spieler in ihrer Grundeinstellung nicht ganz so konzentriert“ sind. Das würde die eigene Elf zusätzlich stärken.
Vor zehn Jahren erwarb Seitz mit dem heutigen Pauli-Trainer André Schubert die A-Lizenz. Später arbeiteten beide in Paderborn zusammen: Seitz als Chef-Trainer, Schubert als Nachwuchskoordinator. Im Sommer beerbte Schubert Holger Stanislawski als Chef am Millerntor. Am Samstag will Seitz den ehemaligen Kollegen über 90 oder 120 Minuten möglichst lange ärgern. Die Taktik ist denkbar einfach. „Wir müssen den Ball flach halten!“ Soll heißen: Wenn überhaupt, dann hat St. Pauli Probleme am Boden. „Mit hohen Bällen kommen wir da nicht weiter. Wenn aber schnell und flach gespielt wird, haben die Hamburger ihre Schwierigkeiten.“
Rund 8000 Zuschauer wollen am Samstag dabei sein, wenn die Eintracht den Favoriten aus St. Pauli fordert. Mit einem Zuschauerinteresse in dieser Größenordnung rechnet Geschäftsstellenleiter Dirk Jaobs. Gut 7000 Karten seien bisher im Vorverkauf abgesetzt worden. 200 Karten seien aus Hamburg zurückgekommen. Diese gingen jetzt in den freien Verkauf.
Eintracht Trier – FC St. Pauli, Samstag, 15.30 Uhr, Moselstadion.
Voraussichtliche Aufstellung: Poggenborg – Cozza, Stang, Hollmann, Drescher, Kraus, Karikari, Herzig, Hauswald – Kuduzovic – Kulabas.
von Eric Thielen