Zwei Drittel der Wähler bleiben OB-Wahl fern

OB-WahlErsterDurchgangKleinErstmals bei einer Direktwahl des Trierer Oberbürgermeisters fällt die Entscheidung erst in einem zweiten Durchgang: Am 12. Oktober müssen Hiltrud Zock und Wolfram Leibe zur Stichwahl antreten. Weder diese beiden noch der Kandidat der Grünen, Fred Konrad, konnten am Sonntag die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen. Während sich die parteilose CDU-Bewerberin „sehr erleichtert“ über den Wahlausgang zeigte, bei dem sie klar vorne lag, setzt ihr sozialdemokratischer Mitbewerber nun darauf, die Favoritin in zwei Wochen hinter sich zu lassen. Viel wird davon abhängen, wie sich Fred Konrads Wähler entscheiden werden – und ob die Wahlbeteiligung noch weiter absacken wird. Am Sonntag erreichte sie für Trierer Verhältnisse einen neuen Negativrekord: 56.735 Trierer verzichteten darauf, ihre Stimme abzugeben.

TRIER. Der Zweitplatzierte kommt als erster, da hat der Trend sich längst verfestigt. Wolfram Leibe betritt das Foyer des Rathaussaales, auf einer Leinwand erscheinen die ständig aktualisierten Zwischenergebnisse. Früh zeichnet sich ab, dass eine Stichwahl nötig sein wird. Für Leibe heißt das: Er bekommt noch eine zweite Chance. Das Worst-Case-Szenario nicht weniger Genossen, dass nämlich Leibes Mitbewerberin Hiltrud Zock das Rennen gleich im ersten Durchgang für sich entscheidet, ist abgewendet. „Sehr zufrieden“ sei er denn auch mit diesem Ergebnis, sagt Leibe gut gelaunt; nun wisse man jedenfalls, wo die Bewerber wirklich stünden, erklärt der Jurist und spielt damit auf Umfragen diverser Trierer Medien an, die alles, nur nicht repräsentativ waren – oder irgendwie aussagekräftig. Leibe steht nun auf Platz 2, auf 36,3 Prozent der Stimmen kam er am Sonntag. Exakt 9.911 Trierer unterstützten im ersten Durchgang den SPD-Mann.

Etwas später als Leibe kommt Hiltrud Zock ins Rathaus, doch auch bei ihr könnte die Stimmung kaum besser sein. „Sehr erleichtert“ sei sie über das Ergebnis, sagt sie. Tatsächlich hat die PR-Unternehmerin den ersten Durchgang erwartungsgemäß klar für sich entschieden. 45,8 Prozent oder 12.497 Stimmen fuhr die parteilose Quereinsteigerin ein. Damit verwies sie Leibe klar auf Platz 2 und hat somit beste Chancen, erste Trierer Oberbürgermeisterin zu werden. Doch gelang Zock nicht, worauf sie noch vor wenigen Wochen gehofft hatte – dass eine Stichwahl erst gar nicht nötig wird. „Das wäre auch ein Wunder gewesen“, sagt sie nun am Sonntagabend, und liefert die Erklärung für den Bedarf einer zweiten Runde gleich mit: Bei „drei starken Kandidaten“ habe man doch nicht ernsthaft erwarten können, dass einer gleich zum neuen OB gewählt werde. Von einem „Etappensieg“ spricht sie, jetzt werde einfach weiter gekämpft.

Nun sind drei Bewerber nicht gleich ein Grund für einen zweiten Wahlgang, und der Mann, der maßgeblich hinter der Idee von Zocks Kandidatur stand, lieferte fast auf den Tag genau vor 16 Jahren den Beweis dafür, dass es auch anders geht – Helmut Schröer. Der Christdemokrat amtierte bereits seit fast einem Jahrzehnt als OB, als er sich 1998 erstmals einer Direktwahl stellen musste. Gleich im ersten Wahlgang verbuchte Schröer die absolute Mehrheit, seine Mitbewerber von SPD und Grünen, Barbara Amelung und Reiner Marz, ließ er deutlich hinter sich. Während es am selben Tag in Bonn zur Wende kam und erstmals Rot-Grün eine Bundestagswahl gewann, blieb Trier fest in der Hand der CDU. Im September 2006 wurde die Hochburg der Union dann geschleift, deklassierte Klaus Jensen (SPD) den damaligen OB-Kandidaten der CDU, Ulrich Holkenbrink. Jensen bekam zwei Drittel der abgegebenen Stimmen, bei einer schon schwachen Wahlbeteiligung von etwas mehr als 43 Prozent. Das galt damals als desaströs, doch dieser Negativrekord sollte an diesem Sonntag erneut unterboten werden, und zwar deutlich: lediglich 32,7 Prozent der Berechtigten machten von ihrem Recht zu wählen Gebrauch, ein Debakel sondergleichen. Und eines, für das keiner der Kandidaten eine Erklärung parat hatte.

Wie die Beteiligung wohl ausgefallen wäre, wenn die Grünen nicht noch auf den letzten Drücker Fred Konrad aus dem Hut gezaubert hätten? Der gebürtige Trierer und Mainzer Landtagsabgeordnete konnte immerhin 4.903 Wähler an die Urnen locken, mit 18 Prozent schnitt der Kinderarzt noch deutlich besser ab als seine Partei bei der vergangenen Kommunalwahl im Sommer dieses Jahres; die Grünen kamen seinerzeit auf 16,6 Prozent. Konrad kann mit seinem Ergebnis sehr zufrieden sein, und vom Verhalten der drittstärksten Kraft am Augustinerhof könnte nun abhängen, wer am Ende die Nase vorne haben wird. Werden die Grünen ihren Wählern einen der beiden Stichwahl-Protagonisten empfehlen? An diesem Mittwoch soll es eine Mitgliederversammlung der Partei geben, dort will man die weitere Marschroute festlegen. In Mainz hofft die CDU auf ein schwarz-grünes Signal aus dem Westen von Rheinland-Pfalz, doch selbst in der Union halten es viele für kaum vorstellbar, dass sich die Grünen-Führung an der Mosel so weit vorwagt und Zock empfiehlt. Und SPD-Chef Sven Teuber ist es nach eigener Aussage relativ gleich, ob die Parteispitze eine Empfehlung abgeben wird: Die Wähler bräuchten solcherart Empfehlungen nicht, sie könnten sich sehr gut selbst ein Urteil bilden, wer am ehesten das Zeug dazu habe, das Rathaus zu führen. Sein Kollege von der CDU, Kreischef Bernhard Kaster, glaubt nicht, dass die Wähler sich nach parteipolitischen Präferenzen entscheiden werden. „Das ist eine Persönlichkeitswahl“, erklärt der Bundestagsabgeordnete und kündigt an, dass man nun mit aller Kraft den Endspurt bestreiten werde, auf dass Hiltrud Zock auch in der zweiten Runde vorne liege.

Viel wird von der Mobilisierung der jeweiligen Unterstützer abhängen – und davon, ob es den Wahlkämpfern gelingt, am 12. Oktober auch Menschen zur Urne zu bewegen, die an diesem Sonntag den Wahlbüros fernblieben. Erfahrungsgemäß fällt die Beteiligung bei Stichwahlen aber nochmals geringer aus. Der noch bis Ende März amtierende OB Klaus Jensen erklärte am Sonntagabend nach Verkündung des vorläufigen Endergebnisses: „Ich halte die schwache Wahlbeteiligung für sehr bedenklich.“

Marcus Stölb

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