„Ich habe keine parteipolitische Karriereplanung“

HiltrudZockKleinMit der PR-Unternehmerin Hiltrud Zock setzt die CDU bei der OB-Wahl im September auf eine politische Seiteneinsteigerin. Sollte die 51-Jährige gewählt werden, würde das Trierer Rathaus erstmals von einer Frau und Parteilosen geführt. Im Gespräch mit 16vor-Redaktionsleiter Marcus Stölb bezieht Hiltrud Zock Stellung zu Themen wie dem Schulentwicklungsplan und der geplanten Reaktivierung der Westtrasse. Letztere befürwortet Zock, in Sachen Schulen verlangt sie von allen Beteiligten, den Erhalt des Standorts Egbert zu überprüfen. „Wenn sich eine Sachlage geändert hat, dann halte ich es grundsätzlich für wichtig und richtig, dass man eine Entscheidung auf den Prüfstand stellen kann“. Erheblichen Nachholbedarf sieht sie auf dem Gebiet des Stadtmarketings. Was das Führen einer Verwaltung anbelangt, sieht sich Zock gewappnet: „Mitarbeitermotivation ist für mich das A und O, und Prozessmanagement funktioniert im Großen wie im Kleinen“.

16vor: Frau Zock, Sie bewerben sich erstmals um ein politisches Amt, noch dazu um das höchste, das in Trier zu vergeben ist. Warum hat es Sie nicht schon in der Vergangenheit gereizt, ein Mandat anzustreben und beispielsweise für den Stadtrat zu kandidieren?

Hiltrud Zock: Diese Frage beantwortet sich am ehesten aus dem Gespräch, das Ulrich Dempfle und Bernhard Kaster im vergangenen August mit mir führten. Die Beiden zeigten mir eine lange Liste von Projekten auf, bei denen ich mich schon in unterschiedlicher Art eingebracht habe. Sei es beim Aufbau und der Umstrukturierung der Initiative Region Trier, bei der Kulturstiftung oder „Trier spielt“. Am Ende kam dann die alles entscheidende Frage: Ob ich mir denn vorstellen könne, dies alles mit einem größeren Gestaltungsspielraum und mit mehr politischer Verantwortung zu machen? Mit dieser Frage habe ich nicht gerechnet. Und die beiden hatten recht. Politisch aktiv im originären Sinne eines Engagements, das die Gesellschaft fördert, bin ich als Trierer Bürgerin und Unternehmerin seid über zwanzig Jahren. Daher gibt’s ein klares Ja zu dieser Verantwortung.

16vor: Bislang sind Sie selbstständige Unternehmerin und Herr beziehungsweise Frau Ihres Terminkalenders. Wie verlockend ist denn die Aussicht, im Falle Ihrer Wahl weitgehend fremdbestimmt zu leben?

Zock: Ich gehe davon aus, dass ich eine Menge Gestaltungsspielraum haben werde, und zwar sowohl was die Arbeitsweise als auch die Handlungsmöglichkeiten anbelangt. Wichtig wird mir sein, einen engen und guten Kontakt zu den Mitarbeitern des Rathauses zu haben. Im Übrigen nehme ich heute schon eine Vielzahl von Terminen wahr, wenn auch in anderen Funktionen; beispielsweise als Vorsitzende der Theatergesellschaft oder im Marketing-Club Trier-Luxemburg. Für mich gibt es schon seit Jahren keinen 8-Stunden-Tag, und Begegnungen mit anderen Menschen habe ich noch immer einer Stunde auf der Couch vorgezogen. Das wird auch so bleiben.

16vor: Bei Ihrer Vorstellung als Kandidatin der Union für die OB-Wahl haben Sie erklärt: ‚Ich bin unabhängig und bleibe es!‘ In den vergangenen Wochen sah man Sie viel auf Veranstaltungen der CDU und auch im Kommunalwahlkampf werden Sie für die Partei in die Bütt gehen. Wie gelingt Ihnen dieser Spagat?

Zock: Ich habe immer gesagt, dass ich parteilos bin und bleibe. Es war auch nie ein Thema, dass ich der CDU beitreten soll – sozusagen als Voraussetzung für meine Kandidatur. Ich finde, das war eine sehr mutige, innovative Entscheidung der CDU. Es gibt für mich ein ganz klares Bekenntnis zu den Grundwerten und der Stadtpolitik der CDU. Ich habe keine parteipolitische Karriereplanung, das lässt mir mehr Freiheit, nach Mehrheiten zu suchen und diese zu finden, wenn ich von einer Sache rein inhaltlich überzeugt bin!

16vor: Kommen wir zu inhaltlichen Fragen: Der Stadtrat hat sich mehrheitlich für die Reaktivierung der Westtrasse ausgesprochen, auch die CDU steht dahinter. Gleichzeitig laufen Anwohner Sturm. Wie ist Ihre Haltung zu dem Projekt?

Zock: Die Entscheidung ist gefallen, und ich glaube es gibt bei der Verkehrsinfrastruktur eigentlich kein Projekt, bei dem niemand Einschränkungen hinnehmen muss. Bedenken müssen hier ernst genommen und Lösungen unter Einbezug der Bürger erarbeitet werden. Ich wohne am Deimelberg, nicht weit von der Güterstraße entfernt. Von daher weiß ich auch, wie schnell man sich an Geräusche gewöhnen kann. Bei der Westtrasse sind wir im Übrigen selbst betroffen, da wir auf dem Bobinet-Gelände eine Wohnung gekauft haben. Ich denke, dieses Projekt wird vor allem wegen der besseren Anbindung an Luxemburg große Vorteile für Trier-West bringen, außerdem hoffentlich den Verkehr in der Innenstadt entlasten – ein ganz wichtige Aufgabe!

16vor: Die in ihrem Stadtteil liegende Egbert-Schule musste nach Kürenz ausgelagert werden, ihre Sanierung würde Millionen kosten. Die CDU war ursprünglich gegen den Erhalt von Egbert, beugte sich dann nach eigener Darstellung dem Druck der Grünen. Stand heute: Befürworten Sie den Erhalt und die Sanierung der Egbert-Schule, oder muss diese Entscheidung nochmal grundsätzlich überdacht werden?

Zock: Wenn sich eine Sachlage geändert hat, dann halte ich es grundsätzlich für wichtig und richtig, dass man eine Entscheidung auf den Prüfstand stellen kann. Und so wie sich der Sachverhalt im Moment darstellt, müssen wir alle gemeinsam überprüfen, ob der Standort Egbert haltbar ist. Hier muss zuerst fundiert analysiert und kalkuliert werden. Wir sind uns doch alle darin einig, dass Grundschulen möglichst nahe bei den Schülern liegen sollten, aber wir müssen auch in der Gesamtverantwortung für unsere Stadt gemeinsam Prioritäten setzen.

16vor: Die jüngsten Einlassungen von Bürgermeisterin Birk machen deutlich, dass in Sachen Schulentwicklung noch einiges in der Schwebe ist oder auf der Kippe steht. Haben Sie eine Idee, wie Sie diese Großbaustelle im Falle Ihrer Wahl angehen wollen?

Zock: Es wäre ganz schön anmaßend, wenn ich jetzt behaupten würde, schon die perfekte Lösung zu haben. Es gibt gute Beispiele, gerade Grundschulen stärker als Begegnungsräume für Stadtteile zu verstehen. Die Öffnung der Schulen, gegenseitige Kooperationsbereitschaft, das alles brauchen wir. Oder nehmen Sie ein Projekt wie den „Chor über Brücken“ von Julia Reidenbach, der Kinder der Egbert-Schule und aus Trier-West zusammenbringt – das geht doch weit über das Bestehen einer Schule hinaus, hier werden den Kindern wichtige Schlüsselkompetenzen vermittelt.

16vor: Die Möglichkeiten der Stadt, ihre Einnahmenbasis zu verbessern, sind bekanntlich eher überschaubar. Wie wollen Sie die Verschuldung begrenzen?

Zock: Wir haben schon den zweithöchsten Gewerbesteuerhebesatz in Rheinland-Pfalz, da gibt es keinen Spielraum mehr. Eine Gewerbesteuererhöhung geht also gar nicht! Ich denke wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass kleine und mittlere Unternehmen als Wachstumsmotor gesehen und auch so unterstützt werden. Denn sie sorgen für ordentlich bezahlte und qualifizierte Arbeitsplätze. Hier brauchen wir Lotsendienste in der Verwaltung. Wer sich ansiedeln oder seinen Betrieb ausbauen möchte, sollte einen ämterübergreifenden Ansprechpartner haben, der ihm dabei hilft, dass er schnellstmöglich die unterschiedlichen Genehmigungen erhält. Wir haben sehr viel Potenzial in der Kreativ-, aber auch in der Gesundheitswirtschaft, aber wir brauchen dazu auch eine angemessene Gründerkultur in dieser Stadt.

16vor: Aber es hat doch den Anschein, dass viele Hochschulabsolventen der Stadt gleich nach ihrem Studium den Rücken kehren.

Zock: Das stimmt. 18.000 Hochschüler, das ist ein immenses Potenzial an guten Botschaftern für unsere Stadt. Wir müssen nicht nur diesen Studenten deutlich machen: Es lohnt, sich in Trier selbstständig zu machen oder hier zu arbeiten. Aber das ist generell auch eine Frage des Stadtmarketings, da gibt es noch viel Nachholbedarf. Trier ist nicht nur die älteste Stadt Deutschlands, was vor allem für Touristen wichtig ist. Für uns Bürger ist es aber ebenso wichtig, dass wir uns als eine junge, moderne Stadt verstehen. Dazu gehört zum Beispiel kostenfreier Zugang zum Internet in der Innenstadt. Das steigert Attraktivität und Verweildauer in Trier. Wir sind eine bedeutende Sekt- und Weinstadt in einer der bundesweit erfolgreichsten Weinanbauregionen. Wir sind eine Sportstadt mit zwei Bundesligisten und über 28.000 aktiven Sportlern in über 110 Vereinen. Wir sollten uns für ein vielfältiges Kultur- und Bildungsangebot stark machen. Hier liegen Gestaltungsspielräume, um die Lebensqualität in unserer Stadt für alle Generationen weiter zu verbessern. Und bei leeren kommunalen Kassen ist hier insbesondere Kreativität gefragt und die Kompetenz, Menschen für eine gemeinsame Sache zu begeistern.

16vor: Mit Wolfram Leibe kandidiert ein SPD-Mann für das OB-Amt, der einige Erfahrung im Führen von Verwaltungen vorweisen kann. Wie erklären Sie Ihren potenziellen Wählern, dass auch Sie imstande sind, einen Behördenapparat zu führen?

Zock: Aufgrund meiner Arbeit habe ich in den vergangenen zwanzig Jahren viele Amtsleiter und auch Mitarbeiter der mittleren Ebene kennen gelernt. Daher weiß ich, dass es im Rathaus viele gute, kompetente Mitarbeiter gibt. Für mich ist eine Verwaltung ein Dienstleister, und Verwaltungsvorgänge sollten dienstleistungs- und produktbezogen organisiert sein. Mit wesentlich verschlankten Entscheidungsstrukturen schaffen Sie dann Spielräume. Mitarbeitermotivation ist für mich das A und O, und Prozessmanagement funktioniert im Großen wie im Kleinen. Ich sehe es als größte Verantwortung, gemeinsam einen Arbeitsrahmen zu schaffen, der klare Ziele setzt und Aufgaben definiert, die den Mitarbeitern ihre Erfolge gewährleisten.

16vor: Im Stadtrat werden Sie, so Sie die Wahl am 28. September für sich entscheiden sollten, es mit bis zu acht Fraktionen zu tun bekommen. Finden Sie diese Aussicht auf Vielfalt eher verlockend, oder wäre Ihnen an stabilen Mehrheitsverhältnissen, wie Sie die Grünen fordern, mehr gelegen?

Zock: Das steht und fällt mit den handelnden Personen und hängt weniger von den Parteien ab.

16vor: Sie haben mehrfach erklärt, dass Sie OB Klaus Jensen sehr schätzen. War es eigentlich eine Erleichterung für Sie als Sie erfuhren, dass er nicht mehr antreten wird?

Zock (lacht): Ganz ehrlich: Ja!

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