Der Erste Weltkrieg auf vielen Schauplätzen
Die Stücke „Im Westen nichts Neues“ und „Die letzten Tage der Menschheit“, die in diesem Jahr anlässlich des 100. Jahrestags des Attentats von Sarajevo und des Beginns des Ersten Weltkriegs an einigen Theatern gezeigt werden, stehen in Trier nicht auf dem Programm. In seiner letzten Spielzeit als Intendant geht Gerhard Weber einen anderen Weg – einen, den das Trierer Theater seit seinem Dienstantritt vor elf Jahren erfreulich oft geht: die Kooperation mit der Universität und vielen weiteren Einrichtungen. Bei der Projektreihe „Gott mit uns?“, die in Rheinland-Pfalz im Rahmen der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg einmalig ist, sind unter anderem zwei neue Stücke entstanden, die am Sonntag Premiere haben.
TRIER. „Nein, Geschichtsunterricht sollte es nicht werden“, sagt Gerhard Weber zu der Ausrichtung der Stücke. Vielleicht gehört auch deshalb bei „Gott mit uns?“ zu den insgesamt elf Kooperationspartnern des Theaters die Universität – quasi junge Studenten als Kontrollinstanz. Zudem sind drei Trierer Gymnasien mit Aufführungen und Ausstellungen an dem Projekt beteiligt. Weil Trier als grenznahe Stadt im Zentrum des heutigen Europas schon zu Kriegsbeginn das Ziel zahlreicher Bombardements war, im weiteren Kriegsverlauf wichtige Lazarettstadt wurde und als frontnahe Garnison eine große Bedeutung für die Pflege verwundeter Soldaten hatte, war neben der Aufbereitung des Materials der regionale Bezug ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Planung der vielschichtigen Veranstaltungen.
Dazu zählen zwei Stücke, die am Sonntag ab 19.30 Uhr uraufgeführt werden. Mitglieder des Schauspielensembles präsentieren zunächst „Wahnsinn wäscht die Hände“ (ein Zitat aus dem Gedichtzyklus „Tropfblut“ von August Stramm). Weber, Musikdramaturg Dr. Peter Larsen und Studenten der Universität Trier haben anhand von Dokumenten aus der Zeit zwischen dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger und dem Kriegseintritt des Deutschen Reiches ein Szenarium erstellt, mit dem das Scheitern der Diplomatie, der Wahn der Kriegsbegeisterung und die nationalistische Hetze jener Tage anschaulich werden soll. Als Gast liest der Schauspieler Michael Mendl („Schlafes Bruder“, „Der Schattenmann“, „Der Untergang“) authentische Quellen vor.
Im Anschluss wird das dokumentarische Oratorium „Aufmarsch Trier – So bitte ich Sie, auch meiner zu gedenken“ aufgeführt. Der Regisseur Steffen Popp und Chefdramaturg Peter Oppermann spüren mit Studenten unter der Leitung von Professor Christian Jansen (Neuere Geschichte) und in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Bezüge der ehemaligen Lazarettstadt Trier zum Ersten Weltkrieg auf. Ob ein Taxifahrer auf dem Weg zur Mosel, Feldbriefe von Soldaten, persönliche Tagebucheinträge eines Priesters oder Gespräche in der Fußgängerzone: Dieses Projekt setzt vielschichtige Assoziationen im Zuschauerraum des Theaters in Szene.
Auch musikalisch erinnert das Theater an den Beginn des Ersten Weltkriegs. Mit Rudi Stephans „Musik für Orchester“, Maurice Ravels Klavierkonzert für die linke D-Dur, Gustav Mahlers „Totenfeier“ und Benjamin Brittens „Sinfonia da Requiem“ wurden für das dritte Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters der Stadt Trier am 27. November Werke ausgewählt, die einen Bezug zum Krieg haben.
Eine Ausstellung widmet sich der Haltung von Bildenden Künstlern in den ersten beiden Kriegsjahren. Von August 1914 bis März 1916 erschien im Verlag Paul Cassierer in Berlin die Künstlerzeitschrift Kriegszeit. In ihr publizierten Künstler wie Max Liebermann, Ernst Barlach, Käthe Kollwitz, Max Beckmann und Hans Baluschek Lithographien zu Themen des Krieges mit mehrheitlich propagandistischem Unterton. Seit vergangenem Sonntag wird zwei Monate lang in den Viehmarktthermen eine Ausstellung mit Werken aus den Beständen der Graphischen Sammlung des Fachs Kunstgeschichte der Universität und einer Trierer Privatsammlung gezeigt (Kurator: Dr. Stephan Brakensiek). Darin wird die Kunst im Dienst des Krieges thematisiert und ihr Wandel weg von patriotischer Begeisterung hin zu Pazifismus und Friedenssehnsucht dokumentiert.
Wie es dazu kommen konnte, dass Jugendliche voller Begeisterung in die Schlacht zogen und auch das gutbürgerliche Lager zunächst euphorisch dem Krieg gegenüberstand, beleuchtet in jeder Hinsicht der Abend „In Treue fest! Stricken und Sterben im 1. Weltkrieg“. Mit dem historischen Projektionsapparat einer Laterna Magica erstehen Momentaufnahmen des bürgerlichen Alltags im Ersten Weltkrieg zum Leben. Heute um 20 Uhr gastiert die Produktion im Großen Saal der Tuchfabrik.
Modernere Medien kommen in der Reihe „Der Erste Weltkrieg im Film zum Einsatz“. Die Trierer Experten für historische Filme, Professor Martin Loiperdinger und Brigitte Braun, laden in Kooperation mit der Volkshochschule bis Februar an jedem zweiten Mittwoch im Monat zu Vorführungen und Filmgesprächen ins „Broadway „ein.
Großes Interesse an dem Projekt zeigt das rheinland-pfälzische Kultusministerium. Zumindest unterstützte es die Finanzierung mit 50.000 Euro.
Weitere Informationen und das komplette Programm von „Gott mit uns?“ finden Sie hier.