Kontroverse um Toni-Chorus-Halle

Muss die sanierungsbedürftige Toni-Chorus-Halle bald dicht machen? Völlig ausschließen mag dies inzwischen niemand mehr, auch wenn Sportdezernentin Angelika Birk (B90/Die Grünen) am Dienstagabend die Frage, ob der Hallenbetrieb in diesem oder nächsten Jahr gefährdet sei, eher ausweichend beantwortete. Nachdem der Dezernatsausschuss kürzlich der Umwandlung des Irscher Tennen- in einen Kunstrasenplatzes den Vorzug gab, wies die Bürgermeisterin Kritik von Seiten der SPD zurück: Sowohl sie als auch der Stadtsportverband hätten der Hallensanierung Priorität eingeräumt, insofern habe sie immer klar Position bezogen. Nach den Worten Birks rechnet der Post-Sportverein inzwischen mit Sanierungskosten von mehr als 1,7 Millionen Euro. Im Internet machen derweil Vereinsmitglieder ihrem Unmut Luft.

TRIER. Während am Augustinerhof der Stadtrat tagt, geht in der Toni-Chorus-Halle (TCH) einer nach dem anderen zu Boden. Die Abteilung Judo des Post-Sportvereins trainiert, nach den Jugendlichen sind die Erwachsenen an der Reihe, Männer und Frauen gemischt. Der Zweikampfsport erfreut sich offenbar großer Beliebtheit. Judo kommt aus dem Japanischen und heißt so viel wie „sanfter Weg“, es gilt das Prinzip des „Siegens durch Nachgeben“.

Eher unsanft gingen die Sozialdemokraten jetzt Bürgermeisterin Angelika Birk an. In einer Anfrage erhoben sie Vorwürfe gegen die Grüne: „Ähnlich wie in der Schulentwicklung haben wir in der Vorlage eine klare Positionierung des Dezernats II ebenso vermisst wie eine gründliche Erarbeitung von Fakten zu beiden Maßnahmen, die eine fundiertere Entscheidung ermöglicht hätte“, schrieben Fraktionschef Sven Teuber und der sportpolitische Sprecher der SPD, Hans-Willi Triesch, mit Blick auf eine Abstimmung vom September, die seither für Diskussionen sorgt.

„Nicht korrekt“ sei diese Darstellung, konterte Birk am Dienstagabend betont diplomatisch. Denn als der Sportausschuss beschloss, der rund 800.000 Euro teuren Umwandlung des Irscher Tennen- in einen Kunstrasenplatz den Vorzug zu geben, da sei dies „entgegen dem Votum des Stadtsportverbands und der Sportdezernentin“ geschehen. Und nicht erst im September, sondern schon seit rund einem Jahr habe sie auf den Handlungsbedarf in Sachen Chorus-Halle hingewiesen, führte die Bürgermeisterin weiter aus. Das Mainzer Sportministerium verlange bis zum 15. November die Festlegung einer Prioritätenfolge. Zwar sei durchaus denkbar, dass innerhalb eines Jahres gleich mehrere Sportbauvorhaben Zuschüsse nach dem Sportförderungsgesetz erhalten könnten, doch verlange das Land, dass sich die Stadt zuvor klar darüber sei, in welcher Reihenfolge die Maßnahmen angegangen werden sollten. Birk kündigte an, ihr Dezernat werde nun „voraussichtlich“ für beide Projekte Förderanträge stellen. Voraussetzung sei allerdings, dass in den anstehenden Etatberatungen für den Doppelhaushalt auch entsprechende Mittel eingestellt würden.

„Wegen einer Handvoll Kicker in einem Außenbezirk?“

1969 wurde die Toni-Chorus-Halle fertiggestellt und dient seither vor allem für den Vereinssport des Post-Sportvereins Trier e.V. Weniger als 40 Stunden in der Woche wird die Halle derzeit auch von Schulen genutzt – zu wenig, um auf Mittel aus dem Schulbauförderprogramm zu hoffen, erläuterte Birk. Man habe auch geprüft, ob eine Kreditfinanzierung denkbar sei, bei der die Stadt als Bürge fungiere. Doch vor dem Hintergrund der desolaten Situation der städtischen Finanzen stehe die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) einem solchen Modell „äußerst kritisch“ gegenüber.

Anfangs rechnete der PST mit einer Summe von rund 900.000 Euro, die benötigt würde, um die Halle auf Vordermann zu bringen. Inzwischen kalkuliert man mit mehr als 1,7 Millionen Euro – und hierbei ist eine neue Außenverkleidung sowie eine Wärmedämmung der Waschbeton-Immobilie noch gar nicht berücksichtigt. In all den Jahren wurde bis auf notwendige Reparaturarbeiten nichts an dem Gebäude verändert. Vor allem die Dacheindichtung befinde sich inzwischen „in einem Zustand, der nicht mehr überschaubar und einschätzbar ist“, erklärte die Sportdezernentin vor dem Stadtrat und ergänzte: „Kurzfristig und unverhofft kann diese Situation auch im Innenbereich der Halle zu erheblichen Schäden führen“. Allein die substanzerhaltenen Maßnahmen würden laut Birk mit rund einer halben Million Euro zu Buche schlagen. Als Teuber fragte, weshalb Birk denn „nicht der Lage“ gewesen sei, gleich für beide Projekte Geld zu organisieren, wies die Bürgermeisterin darauf hin, dass sie keine Projekte in den Haushalt einstellen können, die mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht realisiert werden könnten.

Der Post-Sportverein macht unterdessen Druck. Mit Hilfe einer Online-Petition mobilisiert man im Internet Unterstützung. Mehr als 600 Unterstützer wurden bis Dienstagabend verzeichnet, davon über die Hälfte aus Trier. In der Kommentarspalte machen verärgerte Vereinsmitglieder ihrem Ärger Luft: „Die TCH) ist die einzige ‚große‘ Halle, die halbwegs zentrumsnah ist. Und das soll aufgegeben werden für eine Handvoll Kicker in einem Außenbezirk?“, schreibt ein Unterzeichner; „beim bekannten Hallenmangel in der Stadt ist es ein Affront gegen alle Indoorsport Treibenden, egal ob Schüler oder Vereinsmitglieder. Ich bin entsetzt über die Ignoranz der Verantwortlichen im Stadtrat“, postet ein anderer. Wieder andere unterstreichen die Bedeutung der Halle für den Schul- und Vereinssport oder empfehlen: „Bei allem Respekt vor politischen Entscheidungen; aber hier sollte ein ‚Rückzieher‘ gemacht werden.“ Möglichkeit dazu bestünde Anfang November, wenn der zuständige Dezernatsausschuss sich noch einmal trifft – rechtzeitig vor der vom Ministerium gesetzten Frist für das Stellen von Förderanträgen.

Nach derzeitigem Stand der Dinge könnte der Kunstrasenplatz in Irsch im zweiten Halbjahr 2013 oder aber im ersten Halbjahr 2014 umgesetzt sein. Der Kunstrasenplatz in Zewen sei derzeit für das Jahr 2016 vorgesehen, so Birk, die allerdings auch zu bedenken gab: „Insgesamt wird die Schwerpunktsetzung im Rahmen des Schulentwicklungskonzeptes neu zu überprüfen sein“.

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