Triers Jugend soll sich Gehör verschaffen

Knapp 6.700 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren sind dazu aufgerufen, im November erstmals die neue Trierer Jugendvertretung zu wählen. Insgesamt sind 22 Sitze zu vergeben, potenzielle Kandidaten müssen mindestens zehn Unterstützerunterschriften vorweisen können. Das neue Gremium solle „kein Abbild des herrschenden Parteienstaats“ werden, erklärte Bürgermeisterin Angelika Birk im Rahmen einer Pressekonferenz. Vielmehr wolle man junge Menschen aller Schulformen für eine Mitarbeit gewinnen. Als viel versprechendes Vorbild dient das Beispiel Koblenz, wo es bereits seit 1994 einen Jugendrat gibt. Der hat sich längst etabliert und wird von den Entscheidern in Rat und Verwaltung als wichtiger Ansprechpartner akzeptiert.

TRIER. Nach den Sommerferien treten die Vorbereitungen in die heiße Phase: In der ersten Augusthälfte wird die Homepage für potenzielle Kandidaten starten, und auch das Plakatieren für den erstmaligen Urnengang soll dann über die Bühne gehen. Im Rathaus ist man optimistisch, dass alle weiterführenden Schulen mit von der Partie sein werden. Das ist wichtig, denn auch wenn es nicht darum geht, Vertreter der einzelnen Schulen in das neue Gremium zu entsenden, so werden die Verantwortlichen in Gymnasien, Real- und Haupt- sowie Förder- und Berufsbildenden Schulen doch maßgeblichen Anteil daran haben, ob das Debüt der Trierer Jugendvertretung gelingt.

Den bislang verwendeten Begriff „Jugendparlament“ vermeidet Bürgermeisterin und Bildungsdezernentin Angelika Birk inwzischen. Schließlich sollten die Gewählten über die Bezeichnung ihres Gremiums selbst entscheiden können, begründete die Grüne im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Zurückhaltung. Weniger Mitspracherecht genießen die Jugendlichen beim Wahlprozedere, denn dieses wurde bereits festgelegt. So sind insgesamt 22 Sitze zu vergeben, je 11 in den Altersgruppen 10 bis 13 und 14 bis einschließlich 17. Wählen darf, wer am Wahltag mindestens 10 und noch nicht 18 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz in Trier hat. Damit wären nach derzeitigem Stand rund 6.700 Kinder und Jugendliche wahlberechtigt.

In jeder weiterführenden Schule wird ein Wahlbüro eingerichtet, kündigt Achim Hettinger, Leiter des Jugendamts an. Nach den ersten Informationsveranstaltungen sei man sehr optimistisch, dass die Beteiligung der Schulen sehr hoch ausfallen werde. Am Abend des 23. November sollen die Stimmen aus allen Wahllokalen zentral ausgezählt werden. Man wisse aus Koblenz, dass dieser Wahlabend „eine ganz besondere Atmosphäre“ habe, so Kerstin Schorer-Hach vom triki-büro beim Rathaus. In ihrer Einrichtung wird die Geschäftsstelle der Trierer Jugendvertretung untergebracht sein.

Schorer-Hach bemühte am Dienstag gleich mehrfach das Beispiel Koblenz, an dessen Jugendrat man sich sehr stark orientiert habe. So ist auch in Trier das Wahlsystem  an das der Kommunalwahl angelehnt. Kumulieren und Panaschieren ist möglich, die jugendlichen Wähler dürfen bis zu drei Stimmen abgeben – entweder einheitlich auf einen Kandidaten oder auf verschiedene. Es wird eine offene Liste geben, das heißt, es treten ausschließlich Einzelbewerber an, nicht etwa Gruppen oder Verbände, erläutert Schorer-Hach. Dass die Bewerber eventuelle Mitgliedschaften in Verbänden oder auch in den Jugendorganisationen der Parteien angeben können, sei selbstverständlich, betonte Bürgermeisterin Birk, doch sie machte auch klar: „Die Jugendvertretung soll bewusst kein Abbild unseres herrschenden Parteienstaats werden“.

Diese Sorge sei allerdings unbegründet, meint Brigitte Selugga-Reinschenk. Die Diplom-Psychologin arbeitet für das Kinder- und Jugendbüro Koblenz, als Moderatorin für Kinder- und Jugend-Partizipationsprojekte betreut sie die Arbeit des Jugendrats der Rhein-Mosel-Stadt. „Im Moment haben wir zwei kleine Jusos drin“, berichtete Selugga-Reinschenk am Mittwoch gegenüber 16vor, doch grundsätzlich habe sie die Erfahrung gemacht, dass „90 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht noch woanders politisch aktiv sind“. Eine Unterwanderung durch die Jugendorganisationen der Parteien sei deshalb eher nicht zu erwarten.

In Koblenz stimmt die Mischung

Derweil hoffen die Beteiligten, dass es zu einer guten Mischung bei der Zusammensetzung des Gremiums kommen wird. „Das ist keine Veranstaltung der Gymnasien, sondern ebenso ein Thema für die Berufsbildenden Schulen und auch die Förderschulen“, sagt Birk. Und auch in diesem Punkt könnte Trier von Koblenz lernen: Der Jugendrat bilde die gesamte Schullandschaft der Stadt ab, berichtet Selugga-Reinschenk: „die Mischung stimmt“. Alle weiterführenden Schulen von Koblenz brächten sich in das Projekt Jugendrat mit ein, wobei es natürlich starke Unterschiede gebe, die sich – je nach Engagement der Lehrerschaft – dann auch in der Wahlbeteiligung niederschlügen. Dass aber die Beteiligung an Gymnasien generell höher sei als an den anderen weiterführenden Schulen, könne man nicht behaupten.

Ob sich gleich bei der Premiere viele Trierer Jugendliche an der Wahl beteiligen werden, wird sich zeigen. Viel dürfte davon abhängen, ob den Kindern und Jugendlichen in den Schulen überzeugend vermittelt werden kann, welche Möglichkeiten die neue Vertretung birgt. Immerhin wird diese im Stadtrat Anträge stellen und erläutern dürfen. Außerdem werden Mitglieder der Vertretung im Jugendhilfe- und Schulträgerausschuss präsent sein. Auch die Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen der weiteren Ausschüsse sei vorgesehen, berichtet Birk, inklusive Rederecht bei Themen, welche die Jugendlichen unmittelbar betreffen. Die Bürgermeisterin nannte beispielhaft die geplante Grünflächensatzung und die Diskussion um die mangelnde Sauberkeit im Palastgarten. Mindestens vier bis fünf öffentliche Sitzungen soll es jährlich geben, zudem wird die Jugendvertretung über ein eigenes Budget von 5.000 Euro entscheiden dürfen.

Brigitte Selugga-Reinschenk gibt den Trierer Kommunalpolitikern schon mal einen Tipp mit auf den Weg: In Koblenz sei es inzwischen „eine schöne Tradition“, dass Vertreter der Ratsfraktionen auch den Sitzungen des Jugendrats beiwohnten. So zeigten sie nicht nur ihr Interesse, sondern brächten auch ihre Wertschätzung für die Arbeit des Gremiums zum Ausdruck. Zudem habe es sich längst eingespielt, dass Verwaltung und Stadtrat den Jugendrat bei bestimmten Themen von sich aus um ihre Einschätzung bitten würden. Insofern habe sich die Koblenzer Jugend bei der Politik Gehör verschafft.

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