Triers Campus-Bienen
„Bee. Ed“ ist ein Wortspiel und steht für „Be(e) Educated“. Dahinter versteckt sich das Bienenprojekt des Lehrstuhls „Biologie und ihre Didaktik“ an der Universität Trier, das in dieser Form deutschlandweit bisher einzigartig ist. Schon im nächsten Frühjahr wollen Professorin Andrea Möller und ihre Studenten auf der Bienenwiese am Campus II der Hochschule Schulklassen unterrichten. Den ersten Trierer Uni-Honig gibt es bereits ab diesem Wintersemester in den Mensen des Studierendenwerkes. Dass die schwarz-gelben Insekten und das Schicksal ihrer Völker mehr denn je auf Interesse stoßen, ist auch dem schweizerischen Dokumentarfilm „More than honey“ zu verdanken.
TRIER. Ein monotones Summen liegt über der Wiese am Parkplatz des Campus II der Universität. Während der hohe Plattenbau mit dem etwas gewöhnungsbedürftigen orangeroten Kringel auf der Ostseite auf Grund der Semesterferien wie ausgestorben wirkt, herrscht auf der Weide gleich nebenan reges Treiben. Neben einem Bachlauf und einem Klima-Messfeld sind dort seit Sommer letzten Jahres fünf Bienenvölker beheimatet. „Wenn die Bienen aussterben, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben“, soll Albert Einstein einst gesagt haben. „Keine Bienen, keine Blütenbestäubung, keine Pflanzen, keine Menschen.“ Mit dem Naturschutzprojekt „Bee.Ed“ wollen die Mitglieder der studentischen Initiative nicht nur Interesse für den „Superorganismus“ Biene und dessen wachsende Bedrohung durch den Mensch wecken, sondern auch für Naturschutz und wissenschaftliche Forschung begeistern.
„Sam, was soll ich nochmal nachgucken?“, ruft einer der Studenten, der voll ausgestattet mit Schutzanzug, Haube und Rauchapparat an einem der Bienenkästen steht. „Ob Brut drin ist und ob schon Honig in den Waben ist!“, leitet Sam Butterick ihn an. Gemeinsam mit seiner Kommilitonin Ana Luckas hat Butterick „Bee.Ed“ vor gut anderthalb Jahren ins Leben gerufen. „Bienen sind eine kleine einfache Idee, wie man die Welt ein bisschen besser machen kann. Wir können hier im kleinen Rahmen die Natur schützen“, erzählt er. Mit seiner Frau betreibt der Student zu Hause eine eigene kleine Imkerei, weshalb er auf die Idee kam, Bienen und die Imkerei auch an die Universität zu bringen. Betreut wird das Projekt seit Beginn von Andrea Möller, Leiterin des 2010 gegründeten Lehrstuhls „Biologie und ihre Didaktik“. „Man musste mich überhaupt nicht von der Idee überzeugen“, erzählt die junge Professorin. „Ich bin immer fasziniert, wenn sich jungen Menschen engagieren und war deshalb sofort dabei.“ Neben einer engen Zusammenarbeit mit dem Ökoreferat des AStA sowie dem Studierendenwerk wird das Projekt finanziell unter anderem von der Nikolaus-Koch-Stiftung unterstützt.
Während sich dienstags die Seminargruppe des Lehramtsstudiums Biologie zur Arbeit mit den Bienen trifft, steht das Projekt donnerstags im Rahmen der Hochschulgruppe allen Universitätsmitgliedern offen. „Ich habe das Projekt von Beginn an mit aufgebaut“, erzählt Miriam Hauser, Lehramtsstudentin der Biologie und der Anglistik stolz. „Die Gruppe ist durch die Arbeit extrem zusammen gewachsen. Das motiviert mich.“
Nach einer halbjährigen Planungsphase zogen im August vergangenen Jahres die ersten beiden Bienenvölker auf den Campus. Fünf Stöcke sowie eine Holzhütte für Imkerarbeiten zählt die kleine Bienenstadt inzwischen. Um den Insekten das ganze Jahr über ein ausreichendes Angebot an Nektar und Pollen zu bieten, ist eine Bienenweide mit unterschiedlichen Trachtpflanzen gerade in Planung. Diese ist vor allem für die hochschuleigene Imkerei unverzichtbar, bei der Studenten das Handwerk des Imkers erlernen können. Wenn alles gut läuft, soll es schon ab diesem Wintersemester den ersten eigenen Uni-Honig in den Mensen des Studierendenwerkes geben. Geschleudert wurden die ersten Proben schon.
Zeitgleich zur Produktion des ersten Honigs laufen die Planungen für eine Reihe unterschiedlicher Schülerseminare. In diesen werden die Lehramtsanwärter bereits ab nächstem Frühjahr Schulklassen zu Themen wie beispielsweise dem Farbensehen der Bienen unterrichten. Ziel dieser didaktischen Einheit ist es, Schüler für den Naturschutz und nachhaltiges Imkern zu begeistern. Gleichzeitig sollen die Studenten angeleitet werden, an ihren Schulen später selbst Bienen-AGs zu gründen. „Bei Bee.Ed steht nicht das klassische Referat mit Power-Point-Präsentation im Vordergrund, sondern die praktische Arbeit und der Umweltschutzaspekt“, erzählt Möller. Nastassja Schömann, die gleich das passende T-Shirt mit „Bee.Ed“-Logo trägt, freut sich bereits auf die ersten Schülergruppen: „Wir haben hier die Möglichkeit, endlich mehr Praxis zu erleben. In den vergangenen Monaten habe ich viel gelernt durch tatsächliches Tun.“
Um den „Superorganismus“ sowie das „Bee. Ed“-Projekt auch über die Grenzen der Universität hinaus bekannt zu machen und die Öffentlichkeit für einen bewussteren Umgang mit den Bienen und deren Umwelt zu sensibilisieren, war das Team im letzten Jahr mit einem Stand auf dem Trierer „City Campus“ vertreten. Im Oktober folgte dann die Nominierung für den Bürgerpreis des Deutschen Naturschutzpreises, bei der es die jungen Naturschützer bis auf Platz 26 geschafft haben. Um das erste Bienenjahr zur beschließen, luden sie im Winter im Rahmen des „Agenda Kinos“ zum Dokumentarfilm „More than Honey“ mit anschließender Diskussion zum Thema Bienensterben ein.
Es hat den Anschein, dass der Biene seit dem Erscheinen der enthüllenden Dokumentation des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof eine besondere Aufmerksamkeit zukommt. „Generell kann man in der Bevölkerung gerade ein stärkeres Bewusstsein beim Thema Essen erkennen, wahrscheinlich begünstigt durch die vielen Lebensmittelskandale. Ich denke, deshalb zieht auch dieser Film“, versucht sich Möller das vermehrte Interesse zu erklären. In rund 90 Minuten zeigt Imhoof beeindruckend Bilder über das nach Rindern und Schweinen drittwichtigste Nutztier der Welt. Denn rund ein Drittel von dem was wir heute essen, basiert auf der Bestäubungsarbeit der Bienen. Was viele nicht wissen: Die Zukunft der schwarz-gelben Insekten ist gefährdet, denn saftige Blumenwiesen weichen immer häufiger tristen Monokulturen, aggressive Pestizide stören ihren Orientierungssinn, und durch Massentierhaltung sind sie immer größerem Stress ausgesetzt. Zeitgleich sorgt die Zucht immer ertragreicherer Bienen für einen Rückgang der genetischen Varianz, was sie anfällig für Gifte und eine Reihe von Krankheiten macht. Als Folge kann die Honigbiene schon heute ohne Pflege durch den Imkern, den Winter nicht mehr überleben.
An der Trierer Universität ist man von industrieller Massentierhaltung und aggressiven Honigmaschinen, wie Imhoof sie auf Mandelplantagen in den USA gesichtet hat, weit entfernt. Im Gegenteil, die Uni-Bienen vermehren sich so gut, dass die ersten Völker bereits ausgeschwärmt sind. „Wir waren live dabei, als eine ganze Traube von Bienen dort drüben hinter den Bienenkästen im Baum hing“, berichtet Miriam Hauser. „Frau Möller ist dann mit dem Mülleimer hinterher und hat sie versucht wieder einzufangen. Das war echt ein Abenteuer.“
von Julia Olk