Triers Stadtkasse droht Parkgebühren-Fiasko

Im Januar 2011 trat eine neue Parkgebührenordnung in Kraft. Während das Abstellen von Autos in Großgaragen seither einheitlich 1,50 Euro pro Stunde kostet, werden auf öffentlichen Stellplätzen unter freiem Himmel 1,60 Euro fällig. Im Rathaus ist man überzeugt, dass die erwünschte Lenkungswirkung eingetreten ist – Langzeitparker verstärkt Parkhäuser aufsuchen und so der Straßenraum entlastet wird. Doch auf Nachfrage von 16vor vermeldet die Verwaltung auch eine Hiobsbotschaft: Die Zahl der „Schwarzparker“ hat in Trier drastisch zugenommen, die Einnahmen aus den Parkgebühren brechen regelrecht ein. So könnte das Gebührenaufkommen in diesem Jahr um mehr als ein Viertel niedriger liegen als noch 2009, prognostiziert die Stadt. Dabei war in der Beschlussvorlage noch von spürbaren Mehreinnahmen die Rede.

TRIER. „Ergebnisverbesserung“ heißt die Vorgabe, welche die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mit unschöner Regelmäßigkeit den Kommunen mit auf den Weg gibt, wenn es darum geht, ihre klammen Kassen zu konsolidieren. Die Städte und Gemeinden sollen ihre „freiwilligen“ Ausgaben weiter zusammenstreichen und sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, Mehreinnahmen zu erzielen. Dieses Ansinnen stand auch im Raum, als der Stadtrat im September 2010 mit großer Mehrheit eine neue Gebührenordnung für Parkzeituhren und Parkscheinautomaten beschloss. Vorausgegangen war ein Grundsatzbeschluss zum Parkraumkonzept, denn allein um höhere Gebühren sollte es dieses Mal nicht gehen. Vielmehr plante die Stadt, durch eine Neugestaltung der Zeittaktung und die Einrichtung von Kurzzeitstellplätzen, den Parkraumsuchverkehr zu mindern. Um möglichst viele Langzeitparker von Stellplätzen im öffentlichen Raum fernzuhalten, werden seither in Triers Großgaragen geringere Gebühren verlangt als in der Innenstadt (Parkgebührenzone 1) unter freiem Himmel.

Am Augustinerhof glaubt man, dass das verkehrspolitische Ziel erreicht wurde: „Die erwünschte Hauptlenkungswirkung, dass mehr Langzeitparker in die Parkhäuser fahren und dadurch der Straßenraum entlastet wird und mehr Parkmöglichkeiten für Kurzzeitparker vorhanden sind, ist nach einem Jahr anhand der Entwicklung in den SWT-Parkhäusern zu erkennen: In diesen Parkhäusern haben sich die Einfahrtszahlen und Verweildauern erhöht“. Tatsächlich bestätigen die Stadtwerke auf Nachfrage gegenüber 16vor, dass 2011 rund 70.000 „Mehreinfahrten“ verzeichnet wurden. Insgesamt nutzten im vergangenen Jahr 1,67 Millionen Autofahrer die SWT-Garagen, beziffert Unternehmenssprecher Carsten Grasmück, schränkt aber sogleich ein: „Ob die bessere Auslastung allein auf die Änderung der Parkgebührenordnung zurückgeht, können wir nicht sagen“.

Denn im selben Zeitraum habe die SWT Parken GmbH ihren Service erheblich verbessert, berichtet Grasmück. So seien 2.300 der 3.500 Parkplätze inzwischen mit einer Einzelplatzerfassung ausgestattet, die Parkplatzsuchende ohne Umwege zum nächsten freien Parkplatz führe. Darüber hinaus sind alle SWT-Parkhäuser in der Trierer Innenstadt – außer den Garagen „Basilika“ und „Alleencenter“ – seit April 2011 rund um die Uhr geöffnet. Grasmück weiter: „Außerdem führt eine einheitliche Außenbeschilderung mit LED-Beleuchtung dazu, dass die Einfahrten besser gefunden werden. So hat sich beispielsweise die Anzahl der Einfahrten allein in der Tiefgarage Viehmarkt in 2011 im Vergleich zu 2010 um 32.000 erhöht“. Es gebe eben „viele Rädchen, die in der letzten Zeit in Bewegung gesetzt wurden, um den Service zu verbessern“. Welches Rädchen nun aber für eine Veränderung der Einfahrtszahlen sorgt, sei „nicht eindeutig feststellbar und darüber hinaus sicherlich von Haus zu Haus verschieden“. Und für 2012 hegt man bei den Stadtwerken keine übertriebenen Erwartungen: „Der Jahresanfang war gut, insbesondere aufgrund der Heilig-Rock-Wallfahrt. Inzwischen sind die Einfahrtszahlen etwas verhaltener, aber wir hoffen, die Zahlen von 2011 wieder zu erreichen“.

Bei den Parkplätzen im öffentlichen Straßenraum und auf Plätzen gibt es keine Erfassung der Belegung. Anhaltspunkte liefern deshalb lediglich die Parkgebühreneinnahmen, und hier zeichnet sich nach Darstellung der Stadt ein Fiasko ab. Denn die Anzahl der Verstöße, sprich das Parken ohne Parkschein, sei drastisch angestiegen, heißt es aus dem Rathaus; 50 Prozent betrage hier die Zunahme. Eine Erklärung glaubt man in der Verwaltung auch parat zu haben: „Da die bundesrechtlich festgelegte Höhe der Verwarngelder relativ gering ist, scheint es vor dem Hintergrund der Wahrscheinlichkeit ‚erwischt‘ zu werden für viele Autofahrer nun attraktiver geworden zu sein, gar keinen Parkschein mehr zu ziehen“. Tatsächlich müssen „Schwarzparker“ oft gerade mal 5 Euro zahlen, wenn sie auffallen; wer einen Fahrschein zieht und die Parkdauer überschreitet, kann meist deutlich mehr berappen. Und wer ohne Fahrschein den öffentlichen Nahverkehr nutzt, der ist mit 40 Euro dabei – mindestens!

„Tendenz eindeutig sinkend“

Dass die gestiegene Anzahl an Verwarnungen zu einer entsprechenden Steigerung der Einnahmen aus Verwarngeldern geführt hätte, sei auch nicht der Fall, berichten die Verantwortlichen der Verwaltung. „Vielmehr scheinen die Autofahrer nun tatsächlich mehrheitlich das Verwarngeld bewusst einzukalkulieren, da sie es wesentlich zügiger bezahlen als vorher. Daher werden wesentlich seltener Säumnisgebühren fällig“. Unterm Strich bleibt ein dickes Minus für die Stadt, die sich in ihrer Antwort auf eine Anfrage von 16vor in Prozentzahlen flüchtet: „Auf der Grundlage des Gebührenaufkommens 2009 = 100,00 Prozent betrug es im Jahr 2010 = 90,05 Prozent, im Jahr 2011 = 91,17 Prozent, und die Prognose für das laufende Jahr 2012 beträgt nur noch rd. 73,00 Prozent“, wobei hier vom Stand der 30. Kalenderwoche ausgegangen wurde. Was das Gebührenaufkommen im öffentlichen Straßenraum anbelangt, sei „die Tendenz eindeutig sinkend, da insgesamt die Zahlungsmoral deutlich schlechter geworden ist“. Diese Einbrüche würden „nicht komplett durch Mehreinnahmen in Form von Verwarngeldern kompensiert“.

Das wahre Ausmaß der Misere offenbart ein Blick in die Vorlage, die der Stadtrat im September 2010 beschlossen hat. Denn seinerzeit stand das nun eingetretene Szenario erst gar nicht zur Debatte: Vielmehr sei davon auszugehen, „dass die Parkstände im Straßenraum während der Bewirtschaftung ähnlich stark ausgelastet sind, bei einem höheren Stellplatzumschlag. Erst bei einem Leerstand der Parkstände im Straßenraum von 37,5 Prozent wäre von Mindererträgen auszugehen. Dies ist auf Grund der aktuellen Parkraumsituation mehr als unwahrscheinlich“, heißt es dort reichlich optimistisch. Und weiter: „Selbst bei einer Minderauslastung von 20 Prozent wäre ein Gebührenmehrertrag von mehr als 25 Prozent zu erwarten“. Für 2011 hatte die Stadt denn auch mit fast 2,5 Millionen Euro Gebührenaufkommen gerechnet, doch auf der Basis der Zahlen von 2009, als etwas mehr als 1,92 Millionen Euro verbucht wurden, wurde diese Messlatte um mehr als etwa 700.000 Euro unterboten.

Im Rathaus beklagt man nun den „messbaren, nicht vorhersehbaren und nicht erahnten Effekt“, dass die drastisch gesunkene Zahlungsmoral zu einem Rückgang der Parkgebühreneinnahmen geführt hat. Es bedürfe einer Intensivierung der Kontrollen. Zusätzlich wäre aus Sicht der Verwaltung eine Anpassung des bundeseinheitlichen Bußgeldkataloges sinnvoll. Von der Parkraumbewirtschaftung ist überwiegend der Innenstadtbereich vom Moselstadion bis zur Nikolausstraße betroffen. Dieser Bereich stelle seit jeher den Arbeitsschwerpunkt der Verkehrsüberwachung dar, hier finden laut Rathaus etwa 80-90 Prozent aller Kontrollen statt. „Eine weitere Fokussierung in diesem Bereich ist mit dem vorhandenen Personal nicht möglich, da die Verkehrsüberwachung ansonsten die Kontrollen anderer Stadtbezirke einschränken müsste“, heißt es. Man habe dennoch eine „hohe Kontrolldichte“ erreicht, was sich in den festgestellten Verstößen widerspiegele.

Laut Verwaltung lassen sich mit den Einnahmen aus den Kontrollen nur 80 bis 90 Prozent der Kosten der Verkehrsüberwachung decken. „Die Verkehrsüberwachung verfolgt das Ziel, die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs zu steigern. Dies lässt sich grundsätzlich nicht in finanziellen Dimensionen messen“. Die Dimensionen der Mindereinnahmen bei den Parkgebühren dürften indes eine politische Debatte lostreten, wie denn dem für die Stadtkasse verheerenden Trend entgegengetreten werden könnte.

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