Kampf, Glück und Chikoko

Vitalis Chikoko führte mit seinen wichtigen Treffern die TBB zum Sieg. Foto: ThewaltFrauen falteten die Hände vor ihrem Mund, Männer fassten sich an den eigenen Kopf. Die Schlussphase der Partie TBB Trier gegen die MHP Riesen Ludwigsburg gestern Abend war an Spannung kaum zu überbieten. Erst wenige Sekunden vor Schluss stellte Vitalis Chikoko den 78:77-Endstand her – eine halbe Minute zuvor hatte Trier noch zurückgelegen. Henrik Rödl hofft, dass nun in der heimischen Arena, wo sein Team in dieser Saison noch nie mehr als zwei Spiele hintereinander gewinnen konnte, der Knoten geplatzt ist. „Uns gelingt es immer noch nicht so richtig, mit mehr Selbstvertrauen ins Spiel zu gehen. Das spielt sich immer wieder bei Heimspielen ab. Braunschweig und heute sollten reichen, dass wir nun in der Halle angekommen sind.“

TRIER. Im ersten Viertel wird das Trierer Publikum auf eine harte Probe gestellt. Der TBB gelingt fast nichts und Ludwigsburg so gut wie alles. Nach vier Minuten steht es 4:12 – Anlass für Rödl, die erste Auszeit zu nehmen. Besser wird es danach jedoch nicht. Ludwigsburg hat keine allzu große Mühe, die Trierer Verteidung zu durchdringen und trifft aus allen Lagen, der Gastgeber meist nur den Ring. Die Riesen vom Neckar wirken frischer und aggressiver. Mit einem deutlichen 24:13 geht das erste Viertel an sie. Innerhalb der Drei-Punkte-Linie liegt ihre Quote bei beachtlichen 73 Prozent.

Der zweite Spielabschnitt beginnt, wie der vorherige aufgehört hat, allerdings sind die Gäste nun nicht mehr ganz so treffsicher. Und Trevon Hughes läutet mit einem Steal die Wende ein. Triers Shooting Guard passt auf Andreas Seiferth, der auf 21:28 verkürzt. Die TBB-Fans erwachen langsam aus der Schockstarre, bis dahin war nur die mitgereiste Ludwigsburger Anhängerschaft zu hören. Der 24-jährige Nationalspieler, Jermaine Anderson und Mathis Mönninghoff bringen allein mit fünf verwandelten Freiwürfen die TBB auf zwei Punkte heran (28:32). Drei Minuten vor der Halbzeitpause gelingt Vitalis Chikoko der Ausgleich, Seiferth kurz darauf sogar die Führung (33:32). Das Trierer Publikum erhebt sich zum ersten Mal zum Anfeuern von den Sitzen.

Zur Pause führt Trier mit 37:35. Ludwigsburg ist aus dem Tritt geraten, die Leichtigkeit ist verflogen. Die Aggressivität der Gäste macht sich jetzt nur noch in einem Dutzend Fouls bemerkbar. Bis auf Tim Koch, der es bis dahin nur auf 1:22 Minute Spielzeit brachte, sind alle Ludwigsburger inzwischen foulbelastet.

Trotz eines starken Starts von Chikoko ist das dritte Viertel ausgeglichen, keine Mannschaft kann sich klar absetzen. Nach 24 Minuten zeigt die Anzeigetafel 43:43 an, ehe Seiferth auf 45:43 nochmal erhöht. Es sollten für ihn die letzten Punkte in diesem Abschnitt sein, da er nach vier Fouls sicherheitshalber auf die Bank beordert wird. Nach einer kurzen Phase mit kleinen Fehlern auf Seiten der TBB, in der Ludwigsburg an Trier vorbeiziehen konnte, gelingt Anderson der Ausgleich und kurz darauf die erneute Führung. Zwei erfolgreiche Freiwürfe von Stefan Schmidt sorgen für einen Zwischenstand von 60:56.

Zu Beginn des vierten Viertels muss Keaton Grant auf ungewöhnliche Weise seine Treffsicherheit mit einem Ersatzball unter Beweis stellen, weil der Spielball hinter dem Brett verkeilt ist. Bis dahin war vom Ludwigsburger Topscorer nicht viel zu sehen. Nur drei Mal traf er in den ersten drei Vierteln aus dem Feld heraus und kam mit Freiwürfen auf insgesamt elf Punkte – am Ende sollten es jedoch noch 22 werden.

Dass Ludwigsburg weiter dran bleibt, ist nun zum großen Teil Grants Verdienst. Fünf Minuten vor Schluss bringt er sein Team sogar in Führung (69:72). Auf fünf Punkte kann Ludwigsburg davonziehen, weil die TBB ihre Chancen nicht mehr nutzt.

Nach einer Auszeit bringt Hughes die Heimmannschaft mit einem Dreier wieder heran, doch auch die Gäste treffen aus der Ferne. Schließlich steuert Anderson wieder drei Punkte für die TBB bei (75:77) und veranlasst nun Gäste-Trainer John Patrick zu einer Auszeit. Es sind keine anderthalb Minuten mehr zu spielen und die Anspannung steht jedem Zuschauer ins Gesicht geschrieben. Der ehemalige Oberbürgermeister Helmut Schröer, der wie alle anderen aufgestanden ist, kaut jetzt schneller Kaugummi als man gucken kann. Eine halbe Minute vor Schluss trifft Seiferth zum 77:77-Ausgleich und wird dabei noch gefoult. Sein Freiwurf findet jedoch nicht den Weg durchs Netz. Doch auch Chikoko bekommt noch eine Chance von der Freiwurflinie aus – und nutzt sie.

Mit 78:77 besiegt die TBB fast in letzter Sekunde den Tabellenachten. Das Publikum ist völlig aus dem Häuschen. Chikoko steht zu Recht im Mittelpunkt des Jubels. Der Matchwinner buchstabiert durchs Mikrofon die Humba, danach wird ausgelassen getanzt.

Henrik Rödl betont zwar, angesichts des Sieges überglücklich zu sein, doch die Schwierigkeiten beim Abschluss, vor allem im ersten Viertel, trüben etwas seine Freude. „Wir haben gut verteidigt, aber in der Offensive einige Schwierigkeiten gehabt“, sagt der TBB-Coach. „Insgesamt spricht die Statistik nicht für uns.“ Damit meint er besonders die schwache Dreier-Quote. Nur drei von 21 fanden ins Ziel. Sein Kollege John Patrick lobt die Moral der TBB. „Großer Respekt. Die Trierer Mannschaft hat sich nie aufgegeben.“ Vor einer Woche war es genau andersherum und sein Team siegte mit nur einem Punkt Vorsprung. „Basketball ist eine verrückte Sportart.“

TBB Trier: Anderson (12), Hughes (8), Chikoko (17), Seiferth (20), Mönninghoff (9), Samenas (4), Ward (5), Schmidt (3), Pesic (0).

Riesen Ludwigsburg: Grant (22), Karl (3), Stockton (12), Flomo (4), Waleskowski (9), Harris (16), Huff (3), McGhee (4), Stojic (0), Tomaszek (2), Koch (2).

Viertelstände: 13:24; 37:35; 60:56; 78:77

3317 Zuschauer

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