Studenten verklagen Trierer Uni

Wird an der Universität Trier ein neuer dualer Studiengang „Pflegewissenschaft – Klinische Pflege“ eingerichtet? Der Hochschulrat unterstützt das Vorhaben, und auch im Senat der Hochschule fand sich eine Mehrheit für das geplante Angebot, für das es nach Auffassung von Professor Michael Jäckel einen großen Bedarf gibt: „Die Berufspraxis wartet auf solche Qualifikationen“, ist der Universitätspräsident überzeugt. Die studentischen Vertreter im Senat warnen jedoch vor den Folgen des neuen Angebots für andere Fächer. Als kürzlich bekannt wurde, dass im nahen Bernkastel-Kues eine Hochschule gegründet werden soll, die ebenfalls das Fach Pflegewissenschaft anbieten will, sahen sie sich in ihrer Skepsis mehr denn je bestätigt – und legten ein „aufschiebendes Statusgruppenveto“ ein. Das lehnte Jäckel aber ab, weshalb die studentischen Senatsmitglieder nun Klage einreichten.

TRIER. „Eine Hochschule für Bernkastel-Kues“, titelte vor ein paar Wochen der Trierische Volksfreund und berichtete von Plänen, eine nach dem berühmtesten Sohn der Mittelmoselstadt benannte Einrichtung zu gründen. Diese „Cusanus Hochschule“ werde auch den Studiengang Pflegewissenschaft anbieten und voraussichtlich schon zum Wintersemester 2014/2015 starten. Gut möglich, dass die Lektüre des Beitrags dem Präsidenten der Trierer Universität kurzzeitig die Laune verdarb – wenn denn Professor Michael Jäckel den Text da schon zu lesen bekam. Am Montag erklärte er zu den Cusanus-Plänen: „Zur Einrichtung eines ähnlich lautenden Studiengangs in Bernkastel-Kues kann sich die Universität Trier nicht äußern, da keine konkreten Informationen über das geplante Studienangebot oder den Akkreditierungsstatus vorliegen.“

Seit längerem wirbt Jäckel für die Einrichtung eines dualen Studiengangs Pflegewissenschaft. Als der Hochschulrat kürzlich über das Thema beriet, verteidigte der Präsident mit Verve das Vorhaben: „Die Berufspraxis wartet auf solche Qualifikationen“, wird der Professor in den CampusNews der Hochschule zitiert. Er sehe das „Standbein Pflegewissenschaft auch nicht als Fremdkörper“. Zum einen gebe es im Fachbereich I, in den das neue Stu­dienangebot integriert werden soll, „kor­respondierende Bereiche“. Zum anderen sollten „nach den Aussagen der kooperationswilligen Kliniken Forschungsaktivitäten im Bereich der Pflegewissenschaften erhöht werden“ Einstimmig sprach sich der Hochschulrat dafür aus, dass die Universität an den Plänen festhält. Dass Jäckel und der Vorsitzende des Hochschulrats, Ex-ADD-Präsident Dr. Josef Peter Mertes „das Risiko einer langfristigen Absicherung der Finanzierung“ des neuen Studiengangs sehen, vermerkt der Bericht indes auch.

Einen Monat zuvor, Anfang Mai, hatte der Senat das Thema diskutiert, und nicht zum ersten Mal zeigte sich: Während der Präsident von der Idee überzeugt ist, wird sie von den studentischen Senatsmitgliedern konsequent abgelehnt: Der Stu­di­en­gang werde ausschließlich durch Drittmittel finanziert, kritisierten Redner, außerdem gefährde eine Realisierung des neuen Angebots den Erhalt und Ausbau der bestehenden Fächer. Jäckel hielt dem entgegen, der neue Studiengang biete eine „große Chance“ für die weitere Entwicklung der Hochschule. Am 13. Juni kam es dann im Senat zur erneuten Beratung und schließlich zur Abstimmung: „Aufgrund zahlreicher und fundierter Kritik und Bedenken seitens der Studierendenvertretungen, des Personalrats sowie vieler Studierender entschieden wir uns geschlossen gegen die Einrichtung des Studiengangs ‚Klinische Pflege –Pflegewissenschaften‘ zu stimmen, nachdem die Bedenken auf der Sitzung nicht ausgeräumt werden konnten“, berichten Kilian Krumm, Daniel Kruppert, Enrico Liedtke und Davina Weintz.

Als sie dann aus der Zeitung von den Plänen für eine Cusanus-Hochschule in Bernkastel-Kues erfuhren, war für die Vier das Maß voll: Das „tragende Argument für die Einrichtung des Studiengangs in Trier, jener hätte ein regionales Alleinstellungsmerkmal“, sei somit „unbegründet und nicht länger haltbar“, befanden die Studenten und brachten ein sogenanntes „aufschiebendes Statusgruppenveto“, wie es Paragraph 37 Absatz 5 des Landeshochschulgesetzes vorsieht, auf den Weg. So wollte man eine neuerliche Beratung samt Wiederholung der Abstimmung erreichen. Doch Jäckel wies den Antrag auf ein Gruppenveto wegen fehlender „Zulässigkeit und Begründetheit“ ab und erklärte, die Einrichtung eines neuen Studiengangs berühre „die Lehre nicht unmittelbar“.

„Dieser Einschätzung widersprechen wir dezidiert. Die bereits zweite Abwendung eines Gruppenvetos durch Studierende in diesem Jahr wird zum Politikum der Universitätsleitung und zeigt erneut, das man im Senat keine kritische Betrachtung realer Umstände erwünscht“, beklagen die studentischen Senatsmitglieder, die nun den Klageweg bestreiten. Da wir diese mit Nachdruck einfordern möchten, werden wir nun den Weg der Klage bestreiten“.Auf Anfrage wehrt sich Jäckel gegen die Kritik und verteidigt seinen Standpunkt: „Nach dem Gesetzestext kann das Veto in ‚Angelegenheiten der Lehre‘ eingelegt werden. Der Senat hat aber zunächst darüber entschieden, ob ein Studiengang eingerichtet werden soll. Dessen konkrete Ausgestaltung wird erst im Rahmen eines regulären Akkreditierungsverfahrens stattfinden, in das auch Studierende einbezogen sind. Erst durch diesen Prozess wird die Lehre unmittelbar berührt“. Im Übrigen sei der Entscheidung im Senat „eine mehrmonatige intensive Diskussion auf unterschiedlichen Ebenen und in diversen Gremien der Universität vorangegangen, die auch der Kritik von Studierenden breiten Raum eröffnete“, weist der Präsident den Vorwurf zurück, man sei an einer kritischen Auseinandersetzung nicht interessiert. „Bevor sich der Senat in einer Abstimmung mehrheitlich für die Einrichtung des Studiengangs aussprach, hatte bereits der Fachbereich I, in den der Studiengang eingegliedert werden soll, zugestimmt. Der Hochschulrat der Universität unterstützt das Vorhaben mit einem einstimmigen Votum“, listet der Präsident auf.

Jäckel steht auch weiterhin hinter dem Vorhaben, ungeachtet der Pläne an der Mittelmosel. Mit dem Studiengang Pflegewissenschaft greife man „starke Impulse aus der Region und speziell aus Kliniken und Krankenhäusern“ auf, die einen „hohen Bedarf an entsprechend akademisch ausgebildetem Personal für diesen Tätigkeitsbereich signalisierten“. Diese Auffassung werde auch vom zuständigen Mainzer Ministerium geteilt. Der Uni-Präsident kündigte aber auch an, schon bald das Gespräch mit den studentischen Senatsmitgliedern suchen zu wollen, um zu klären, auf welchen Wegen sich die Auseinandersetzung auch außergerichtlich beilegen lasse.

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